Hohe Preise und Zinsanstieg Rückschlag für Wohnungsbau – Branche beklagt weniger Aufträge
Die Bauherren sind zurückhaltend – das besorgt die Branche. Das politische Ziel, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen, sei nicht zu erreichen.
Die hohen Preise für Energie und Materialien sowie der Zinsanstieg belasten die Nachfrage am Wohnungsbau und machen der Bauwirtschaft zu schaffen. Die Aufträge im deutschen Bauhauptgewerbe und der reale Umsatz fielen im August, wie das Statistische Bundesamt berichtete. "Mit großer Sorge sehen wir einen zunehmenden Einbruch der Auftragseingänge im Wohnungsbau", sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB).
Nach Daten des Statistischen Bundesamtes erhielt die Branche im August preisbereinigt 6,0 Prozent weniger Aufträge als im Vormonat. Zum Vorjahresmonat gab es sogar einen Rückgang um 15,6 Prozent. In den ersten acht Monaten des Jahres ergibt sich preisbereinigt ein Rückgang der Auftragseingänge um 5,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Das Bauhauptgewerbe umfasst die Errichtung von Straßen, Bahnstrecken und Leitungen (Tiefbau) sowie von Gebäuden (Hochbau).
Im laufenden Geschäft mussten die Firmen Einbußen hinnehmen. Der preisbereinigte Umsatz im Bauhauptgewerbe lag im August um 5,1 Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonat. Wegen stark gestiegener Baupreise kletterten die nominalen Erlöse zum Vorjahresmonat deutlich um 11,2 Prozent. Von Januar bis August sanken die preisbereinigten Umsätze um 4,3 Prozent, nominal stiegen sie um 11,5 Prozent.
Politisches Ziel der 400.000 Wohnungen werde nicht aufgehen
Die Auftragszahlen seien keine guten Vorzeichen für das laufende Jahr, sagte der Präsident des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie (HDB), Peter Hübner. Im Wohnungsbau spüre man de facto schon eine Investitionsbremse – der Auftragseingang sei hier im August preisbereinigt um 24 Prozent eingebrochen. Angesichts hoher Baupreise und des kräftigen Zinsanstiegs für Immobilienkredite seit Jahresbeginn hielten sich Bauherren zunehmend zurück.
"Wir befürchten, dass nun auch die öffentliche Hand – angesichts hoher Ausgaben für die Kompensation gestiegener Energiekosten – bei den Bauinvestitionen sparen wird und die inflationsbedingten Preiseffekte nicht ausgleichen kann", sagte Hübner.
"Es zeigt sich immer deutlicher, dass der politische Anspruch, im Jahr 400.000 Wohnungen zu errichten, nicht aufgehen wird", meinte auch ZDB-Hauptgeschäftsführer Pakleppa. "Der Wohnungsbau braucht jetzt dringend die avisierte Gaspreisbremse." Der Druck der Materialpreise auf die Baupreise müsse reduziert werden.
EU-Länder: Bis 2050 sollen alle Gebäude emissionsfrei sein
EU-weit sollen nach dem Willen des Rates der Mitgliedstaaten ab 2030 nur noch klimaneutrale Wohnhäuser gebaut werden dürfen. Für bereits existierende Häuser und Wohnungen sollen zudem Mindestnormen für die Energieeffizienz gesetzt werden, wie der Rat am Dienstag nach einem Treffen der für Energiefragen zuständigen Minister mitteilte. Diese zielten darauf ab, den kompletten Gebäudebestand in der EU bis 2050 emissionsfrei zu machen. Auf viele Eigentümer könnten deswegen mittelfristig aufwendige Sanierungen zukommen.
Die Einigung der Energieminister wird nun Basis für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament sein. Eine endgültige Entscheidung über die geplante Verschärfung von Vorgaben für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden muss am Ende von beiden Institutionen getroffen werden.
Grundlage der Beratungen im Ministerrat waren sehr weitreichende Vorschläge der EU-Kommission. Nach ihnen sollten besonders schlecht gedämmte Gebäuden eigentlich bis 2030 modernisiert werden müssen. Nach Angaben der Kommission sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgase in der EU verantwortlich. Die neuen Vorgaben sollen deswegen auch ein wichtiger Baustein zur Erfüllung der Klimaziele sein. Diese sehen vor, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird.
- Nachrichtenagentur dpa