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Wie läuft eine "vertrauliche Geburt" ab? – Alternative zur Babyklappe?


Fragen und Antworten
"Vertrauliche Geburt" – gute Alternative zur Babyklappe?

Von dpa, afp, t-online, cch

Aktualisiert am 21.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Neugeborenes: Nicht jedes Baby ist ein Wunschkind. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Neugeborenes: Nicht jedes Baby ist ein Wunschkind. (Symbolbild) (Quelle: nazar_ab/Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Als Alternative zur Babyklappe gibt es in Deutschland die Möglichkeit der "vertraulichen Geburt". Welchen Zweck soll diese erfüllen?

Welchen Sinn soll die "vertrauliche Geburt" haben?

Überforderung, Vergewaltigung, gewalttätige Väter – es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen ihr Baby weggeben und unerkannt bleiben wollen. In solchen Fällen ist die Babyklappe eine mögliche Option, aber keine unproblematische: Die Frauen bringen ihr Kind nämlich allein zur Welt, ohne medizinische Betreuung. Zudem wird den Kindern damit jede Möglichkeit genommen, jemals etwas über ihre Herkunft zu erfahren.

Die "vertrauliche Geburt" hingegen ermöglicht einer Schwangeren, ihr Kind in einem Krankenhaus oder bei einer Hebamme zur Welt zu bringen und trotzdem vorerst anonym zu bleiben. Sie gibt ihre Identität nur einmalig einer Beraterin preis. Diese ist an die gesetzliche Schweigepflicht gebunden. Die Geburt des Kindes wird dem Standesamt mit einem Pseudonym der leiblichen Mutter gemeldet.

Die Personendaten der Mutter werden in einem versiegelten Umschlag bei der zuständigen Adoptionsstelle aufbewahrt, bleiben jedoch mindestens bis zum 16. Geburtstag des Kindes unter Verschluss. Ab dem 16. Lebensjahr kann ein vertraulich geborenes Kind Einsicht in den Herkunftsnachweis nehmen (Einsichtsrecht).

Mit der "vertraulichen Geburt" soll auch verhindert werden, dass verzweifelte Frauen ein Kind ohne medizinische Betreuung heimlich zu Hause gebären oder das Neugeborene aussetzen oder sogar töten.

Ablauf: So verläuft eine "vertrauliche Geburt"

Mit einer "vertraulichen Geburt" können Frauen ihr Baby medizinisch sicher und weitgehend anonym gebären. Wie das abläuft, verdeutlicht die Grafik:

Statistik: Wird diese Regelung von Schwangeren angenommen?

Seit der Einführung der "vertraulichen Geburt" 2014 gab es 2.200 Beratungen zum Thema in Schwangerschaftsberatungsstellen. Mehr als 570 Kinder sind auf diesem Wege zur Welt gekommen. Das geht aus einer Analyse des Bundesfamilienministeriums hervor. Von insgesamt 536 solcher Entbindungen in den Jahren 2014 bis 2018 blieben laut Familienministerium 499 bis heute anonym. In den übrigen Fällen verzichteten die Mütter später auf die Anonymität.

Die Zahl anonymer Kindesabgaben, die bis 2013 stetig auf damals 147 Fälle angestiegen war, ging nach Einführung der "vertraulichen Geburt" im Jahr 2014 zunächst deutlich zurück. Sie stieg danach aber wieder auf jährlich gut 150 Fälle an. Der starke Anstieg der Jahre zuvor setzte sich jedoch nicht mehr fort. Das Familienministerium warnte auch davor, die Zahlen der Kindesabgaben mit denen der "vertraulichen Geburten" zu addieren. So hätte sich ein Teil derjenigen Frauen, die von der zweiten Möglichkeit Gebrauch machten, sonst möglicherweise für eine Abtreibung entschieden.

Das Hilfetelefon "Schwangere in Not – anonym & sicher" ist 24 Stunden kostenlos erreichbar unter der Telefonnummer 0800/4040020. Auf den Websites www.schwanger-und-viele-fragen.de und www.geburt-vertraulich.de finden schwangere Frauen in Not weitere Informationen und eine Beraterin in ihrer Nähe.

Was passiert nach der Entbindung?

Das Jugendamt nimmt das Baby in Obhut und macht sich auf die Suche nach Adoptiveltern. Der Name der leiblichen Mutter wird unterdessen in einem versiegelten Umschlag verwahrt, den niemand öffnen darf – außer dem Kind, wenn es 16 Jahre oder älter ist. In Ausnahmefällen kann die Mutter sogar vor Gericht durchsetzen, dass sie dauerhaft anonym bleibt. Dafür müsste allerdings ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre persönliche Freiheit bedroht sein.

Kann sich die Mutter nach der Geburt noch einmal umentscheiden?

Die Mutter wird auch nach der Entbindung von der Beratungsstelle und Medizinern unterstützt. Wenn sich die Situation der Mutter ändert, kann sie sich in den ersten Monaten nach der Geburt des Babys doch noch für ein Leben mit ihrem Kind entscheiden. Allerdings nur bis zum Beginn des offiziellen Adoptionsverfahrens; das startet in der Regel nach etwa einem Jahr. Wenn diese Frist abgelaufen ist, gibt es für die leibliche Mutter keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mehr.

Wer übernimmt die Koste für eine "vertrauliche Geburt"?

Für die Schwangere ist sowohl die Beratung als auch die "vertrauliche Geburt" an sich kostenlos. Die Kosten trägt der Bund. Wenn die Mutter nach der Entbindung ihre Anonymität doch aufgeben möchte, kann der Bund die Kosten von der Krankenversicherung zurückfordern. Auf die Mutter kommen auch dann keine Kosten zu.

Welche Kritik gibt es an der "vertraulichen Geburt"?

Als das entsprechende Gesetz im Juni 2013 vom Bundestag verabschiedet wurde, gab es Zweifel am Erfolg des Vorhabens. Die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner warnte damals: "Dass letztlich die Entscheidung über die Aufgabe der Anonymität beim Familiengericht und nicht bei der Mutter liegt, ist ein entscheidender Webfehler im Gesetzentwurf."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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