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Misstrauensvotum nach "Partygate"-Affäre: Geht es Boris Johnson nun an den Kragen?


Misstrauensvotum kommt
Showdown für Boris Johnson

dpa, Benedikt von Imhoff

Aktualisiert am 06.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Boris Johnson: Großbritanniens Premierminister muss sich einem Misstrauensvotum stellen. (Quelle: Glomex)

Es läuft nicht für Boris Johnson: Beim Thronjubiläum der Queen wurde er ausgebuht, nun muss sich der britische Premier einem Misstrauensvotum aus seiner eigenen Partei stellen. Aber auch diese Revolte könnte er überstehen.

Seinen Posteingang musste Graham Brady in den vergangenen Tagen besonders im Blick haben. Der konservative Parlamentarier ist derzeit einer der wichtigsten Politiker in Großbritannien: Mit einer Zahl kann er die Lage für Premierminister Boris Johnson verschärfen. 54 lautete die magische Nummer, auf die Brady achten musste. Denn sobald beim Vorsitzenden des sogenannten 1922er-Komitees 54 Briefe eingegangen sind, in denen Abgeordnete dem Premier die Gefolgschaft kündigen, wird ein parteiinternes Misstrauensvotum fällig.

Diese Schwelle war am Montagmorgen erreicht. Sir Graham verkündete vor dem Parlamentsgebäude in London, dass noch am selben Tag abgestimmt werde. Zuvor war vermutet worden, er wolle die Parlamentspause rund um das 70. Thronjubiläum der Queen abwarten, um die Feierlichkeiten nicht zu überschatten. In der Öffentlichkeit ist Johnson umstritten: Bei einem Auftritt während des Queen-"Jubilee" wurde er lautstark ausgebuht.

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Es geht um Johnsons "Partygate"

Die Kritik entzündet sich nach wie vor besonders an Johnsons Umgang mit der "Partygate"-Affäre um Lockdown-Feiern in der Regierungszentrale Downing Street. Viele Rebellen in der eigenen Partei verwiesen in ihrem Antrag auf den vernichtenden Untersuchungsbericht der Spitzenbeamtin Sue Gray. Sie hatte Johnson schweres Führungsversagen vorgeworfen – doch der 57-Jährige macht weiter, als sei nichts geschehen, und ignoriert auch, dass er wegen einer Geldstrafe für die Teilnahme an einer Party nun der erste amtierende Premierminister ist, der das Gesetz gebrochen hat.

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Klar ist aber auch: Obwohl es nun tatsächlich zu einem Misstrauensvotum kommt, ist es keinesfalls sicher, dass Johnson sein Amt verliert. Denn in einer Abstimmung müssten sich 180 Tory-Abgeordnete – also mindestens die Hälfte der aktuell 359 Fraktionsmitglieder – gegen den Premier aussprechen. Etwa 150 von ihnen aber haben einen unbezahlten oder bezahlten Regierungsjob, zum Beispiel als Staatssekretäre, Fraktionseinpeitscher ("Whips") oder Handelsemissäre. Stimmen sie in der geheimen Wahl gegen Johnson, könnten sie selbst ihre Ämter verlieren.

"Gefangen zwischen Meuterei und Lähmung"

Die Torys seien "gefangen zwischen Meuterei und Lähmung", kommentierte James Forsyth, Herausgeber der konservativen Zeitschrift "Spectator", in der Zeitung "Times". So sind zentrale Fragen offen.

Aktuell ist kein ernsthafter Nachfolger in Sicht. Finanzminister Rishi Sunak als bisher aussichtsreichster Kandidat hat an Rückhalt verloren, und der von vielen geschätzte Verteidigungsminister Ben Wallace hat offenbar keine Ambitionen. Bliebe Außenministerin Liz Truss. Die 46-Jährige, die sich als moderne Ausgabe der früheren Premierministerin Margaret Thatcher in Szene setzt, stehe für konservative Tugenden wie Steuersenkungen und wirke entschlossener als alle anderen Kandidaten, kommentierte der ehemalige Tory-Abgeordnete David Gauke in der Zeitschrift "New Statesman".

Für Johnson spricht derzeit auch, dass er mit Abstand als bester Wahlkämpfer der Partei gilt. Viele fürchten, dass sie ohne den Populisten bei der 2024 geplanten Parlamentswahl keine Chance haben werden und ihren Sitz im Unterhaus verlieren.

Kritik von verschiedenen Seiten

Dennoch ist der Unmut offenbar groß genug, um den Premier in ernste Schwierigkeiten zu bringen. Problematisch für Johnson ist, dass die Kritik von Vertretern verschiedener Strömungen kommt – von Abgeordneten, die für den Brexit waren oder gegen den EU-Austritt, von altgedienten Parlamentariern und solchen, die erst 2019 ins Unterhaus einzogen, von Konservativen aus allen Regionen des Landes. "Niemand plant einen Putsch, aber seltsamerweise ist das gefährlicher", zitierte "Spectator"-Chef Forsyth einen Tory.

So dynamisch und unvorhersehbar ist die Lage, dass einige Abgeordnete Angst vor der eigenen Courage haben. Einige Rebellen wollten dazu aufrufen, die Misstrauensbriefe bei Komiteechef Brady zurückzuziehen, berichtete die Zeitung "Guardian". Denn aktuell genieße Johnson auch wegen fehlender Alternativen noch immer viel Unterstützung. Scheitert das Misstrauensvotum, darf erst in einem Jahr neu abgestimmt werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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