Nachbauten mitten in der Wüste Plant China hier die Invasion Taiwans?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Chinas Rhetorik sowie Handlungen gen Taiwan werden immer aggressiver und absoluter. Gleichwohl erstaunt ein ungewöhnlicher Schritt Chinas einige Experten.
Die Herrschaftsansprüche Chinas gegenüber Taiwan sind schon lange kein Geheimnis mehr. Fast täglich infiltrieren chinesische Kampfjets den Luftraum Taiwans, um die Reaktionszeit des ungeliebten Nachbarn zu testen – besonders hinsichtlich einer möglichen Invasion der Insel im südchinesischen Meer.
Und doch dürfte dieser Schritt Chinas wohl überraschen: Mitten in der Wüste der inneren Mongolei – knapp 1.000 Kilometer von Peking entfernt – hat das chinesische Regime eine Nachbildung des Regierungsviertels in der Hauptstadt Taipehs errichten lassen. Darüber berichten mehrere Medien und Experten übereinstimmend.
Im Video oben oder hier können Sie die Nachbildung des Regierungsviertels auf den Karten sehen.
Schon früher chinesische Nachbauten entdeckt
Demzufolge sollen die vermeintlichen Hochhäuser, Straßenzüge und zahlreiche Baustellen inmitten der Wüste auf frei verfügbaren Satellitenaufnahmen von Apple und der Suchmaschine Bing zu sehen sein. Auf Google hingegen seien die Aufnahmen der Wüstenstadt nicht einsehbar. Wie "Bild" berichtet, seien bei den meisten Gebäuden allerdings nur die zur Straße zeigenden Fassaden errichtet worden; dahinter befinde sich lediglich aufgehäufter Sand.
Experten gehen nun davon aus, dass der Nachbau des taiwanesischen Regierungsviertels zu militärischen Planspielen dienen soll. Der taiwanesische Open-Source-Experte Joseph Wen schrieb auf der Plattform X etwa, dass der Nachbau einem "Bombenangriffsplatz" gleiche. In der Geisterstadt könnte die chinesische Luftwaffe also üben, präzise Luftangriffe gegen Taiwan zu fliegen und das Herzstück der Inselnation zu treffen. Andere Experten gehen hingegen davon aus, dass die Stadt von Panzern befahren werden solle, um präzise Bodenangriffe gegen Taiwans Hauptstadt üben zu können – dafür sprächen auch die errichteten Häuserfassaden.
Ferner ist es nicht das erste Mal, dass China Attrappen zu militärischen Zwecken baut. Bereits 2021 entdeckten Experten Silhouetten von US-amerikanischen Kriegsschiffen in der Taklamakan-Wüste in China über Satellitenbilder. Erst im Januar dieses Jahres wurde unter anderem ein Nachbau des modernsten US-Flugzeugträgers Gerald R. Ford gesichtet. Experten gehen auch in diesen Fällen davon aus, dass die Replika der Kriegsschiffe zu Zielübungen dienen.
Chinas "geopolitischer Schachzug"
Der französische China-Experte Julien Hoez analysiert derweil auf der Plattform X, China plane eindeutig eine Invasion Taiwans "in einem geopolitischen Schachzug", der die Region aus dem Gleichgewicht bringen werde. Laut "Bild" existiert die Geisterstadt erstaunlicherweise bereits seit zehn Jahren – bislang sei jedoch niemand auf das Replika des taiwanesischen Regierungsviertels aufmerksam geworden.
Dies hänge einerseits mit der abgelegenen Lage der Stadt zusammen; andererseits könnte China auch Druck auf den Marktführer Google ausgeübt haben, die Satellitenbilder der Stadt nicht frei zur Verfügung zu stellen. Allerdings sind die Satellitenbilder über andere Anbieter einzusehen. Unklar ist hingegen, seit wann dies schon der Fall ist.
- bild.de: "China trainiert schon für den großen Krieg" (kostenpflichtig)
- businessinsider.com: "Satellite images show China made an apparent Gerald R. Ford aircraft-carrier target out in the desert" (englisch)
- news.usni.org: "China Builds Missile Targets Shaped Like U.S. Aircraft Carrier, Destroyers in Remote Desert" (englisch)