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Bauch ohne Baby: Scheinschwangerschaft


Scheinschwangerschaft
Bauch ohne Baby

t-online, Simone Blaß

13.02.2014Lesedauer: 3 Min.
Der Körper kann überzeugende Schwangerschaftsanzeichen entwickeln, wenn die Psyche beteiligt ist.Vergrößern des BildesDer Körper kann überzeugende Schwangerschaftsanzeichen entwickeln, wenn die Psyche beteiligt ist. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Die monatliche Blutung bleibt aus, Bauch und Busen schwellen an, morgens ist einem schlecht und irgendwann spürt man tatsächlich auch Kindsbewegungen - und das alles ohne, dass sich je ein Ei eingenistet hätte. Scheinschwangerschaft nennt man dieses Phänomen, das aufgrund der heutigen Diagnostikmöglichkeiten zwar seltener ist als früher, aber dennoch vorkommt. Ein faszinierendes Zusammenspiel von Körper und Seele.

"Die eingebildete Schwangerschaft ist wohl die älteste bekannte psychosomatische Krankheit überhaupt", sagt Frauenarzt Wolf Lütje im Gespräch mit der Elternredaktion von T-Online. "Sie war schon Hippokrates, rund 300 Jahre vor Christus, bekannt." Auch wenn eine Frau sich heute nicht mehr durch die Mutterschaft definieren muss: Die Gründe unterscheiden sich von den damaligen nur wenig. Im Vordergrund steht meistens der oft unbewusste Wunsch nach einer Schwangerschaft beziehungsweise die extreme Angst davor. Manchmal auch beides zusammen. Der Verstand sagt nein, der Bauch ja. Oder andersherum.

Körperliche Veränderungen drücken den seelischen Konflikt aus

"Wir haben es hier mit einem neurotischen Konfliktlösungsmodell zu tun, das wir in den verschiedensten Formen kennen und mit dem die Frau einen Ausgleich zu schaffen versucht", so Lütje, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG). Das kann nach einer Fehlgeburt oder dem Tod eines Kindes genauso sein wie nach einer Gebärmutterentfernung im Rahmen einer Verdrängung oder auch bei sozialer Isolation.

Mit einer psychiatrischen Erkrankung wie dem Schwangerschaftswahn, bei dem schizoide Wahnvorstellungen wie zum Beispiel das Austragen des Erlösers eine Rolle spielen, ohne dass es auch nur ein körperliches Anzeichen gibt, ist die eingebildete Schwangerschaft aber nicht zu vergleichen.

Die Einbildung kann sogar Wehen produzieren

Bei scheinschwangeren Frauen treten viele körperliche Symptome auf. Das beruht auf der einen Seite auf Fehldeutungen, auf der anderen Seite kann das Zusammenspiel zwischen Körper und Seele gravierend sein: "Wenn eine Frau intensiv daran glaubt, schwanger zu sein, wird das Hormonsystem so beeinflusst, dass die dadurch entstehenden Veränderungen am und im Körper noch mehr glauben lassen, man bekäme ein Baby. Das kann man sich vorstellen wie das Zahnrad in einer Uhr. Dreht man an einem Rädchen, drehen die anderen sich auch. Das innere Bild dieser eingebildeten Schwangerschaft wird auf diese Weise genährt und gefüttert." Das geht soweit, dass es Frauen gibt, die mit Wehen in die Klinik kommen, ohne ein Kind im Bauch zu haben.

Sich von der Idee des Schwangerseins verabschieden fällt schwer

Die Situation, die durch eine Scheinschwangerschaft entsteht, ist für die Frauen extrem verwirrend. Vor allem dann, wenn es nicht die erste Schwangerschaft ist. Alles fühlt sich so an, als wäre man schwanger, aber man ist es nicht. Und selbst, wenn man den Schwangerschaftstests nicht traut: spätestens ein Ultraschallbild offenbart die leere Hülle. "Doch auch dann noch gibt es Frauen, die nach Hause gehen und auf den Dilettanten von Arzt schimpfen, weil es für sie unerträglich wäre, das Konstrukt fallen zu lassen. Das finden wir oft bei denen, die sich sehr stark ein Baby wünschen. Sie sind dann nicht in der Lage, auszuhalten, dass sie nicht schwanger sind."

Scheinschwangerschaft betrifft nicht nur die Frau

Mit einer Fehldeutung möglicher Frühsymptome, wie sie viele Frauen erleben, hat die eingebildete Schwangerschaft nichts zu tun. Von ihr spricht man erst ab der zehnten bis zwölften Woche. Dann also, wenn es absolute Nachweise gibt, diese von der Frau aber hartnäckig ignoriert werden. Hier gilt es, einfühlsam zu sein, die Frau dazu zu bewegen, sich mit ihrem übertriebenen Kinderwunsch oder der Angst vor einer Schwangerschaft, mit dem Missstand zwischen Unterbewusstsein und Verstand auseinanderzusetzen.

"Man muss sich das mal vorstellen: Die Frau ist fest davon überzeugt, sie bekommt ein Kind und dann ist da nichts", so Wolf Lütje. "Da muss man schon ganz genau hinsehen, sich fragen: Was liegt hier vor?" Schließlich betrifft das Problem ja nicht nur die Frau selbst, sondern auch den Mann, die Familie, Freunde und Kollegen. Eine Situation, die ohne psychotherapeutische Hilfe wohl kaum richtig verarbeitet werden kann.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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