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Rechtsruck in Frankreich: Warum distanziert Marine Le Pen sich von der AfD?


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Le Pen distanziert sich
Ist die AfD zu rechts für Europa?


Aktualisiert am 11.02.2024Lesedauer: 3 Min.
Marine Le Pen: Die französische Rechtspopulistin versucht, sich gemäßigter zu geben.Vergrößern des Bildes
Marine Le Pen: Die französische Rechtspopulistin versucht, sich gemäßigter zu geben. (Quelle: Tschaen Eric/Pool/ABACA/imago-images-bilder)

In ihren Positionen sind die AfD und der französische Rassemblement National einander sehr ähnlich. Und trotzdem geht das prominenteste Gesicht der französischen Partei auf Distanz zu den deutschen Kollegen – aus einem bestimmten Grund.

Sie wollen es, sie wollen es nicht, sie wollen es, sie wollen es nicht – die AfD scheint sich bei der Forderung nach einem "Dexit" aktuell unschlüssig zu sein. So erklärte AfD-Co-Chef Tino Chrupalla diese Woche in der Talkshow von Markus Lanz, die Möglichkeit eines deutschen EU-Austritts müsse als "Ultima Ratio" bestehen, während er Anfang Februar im Deutschlandfunk noch sagte, dass es für einen solchen zu spät sei.

Und auch AfD-Co-Chefin Alice Weidel lehnte einen deutschen EU-Austritt in der Vergangenheit immer wieder ab, forderte im Januar dann aber doch ein entsprechendes Referendum. Die Reaktion von Ökonomen ließ nicht lange auf sich warten. Sie warnten: Ein solcher Schritt wäre fatal.

Wird die AfD zum Problem?

Trotz dieser Warnungen und der unklaren EU-Linie liegt die Partei in Umfragen zur Europawahl aktuell mit 23 Prozent auf dem zweiten Platz, nur CDU/CSU liegen mit 28 Prozent vor ihnen. Aber nicht nur in Deutschland: Überall in Europa erstarken Rechtspopulisten und Rechtsextremisten. Bei der Europawahl könnten die beiden rechten Fraktionen im EU-Parlament, "Europäische Konservative und Reformer" (EKR) und "Identität und Demokratie" (ID), einige Sitze dazugewinnen, sagen Prognosen.

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Doch gerade in diesem Umfragehoch wirkt es, als könnte die AfD für andere europäische Rechtspopulisten zum Problem werden. Besonders Marine Le Pen vom französischen Rassemblement National (RN) scheinen einige der Positionen der AfD zu radikal zu sein – auch beim Thema "Dexit".

Le Pen distanzierte sich öffentlich von AfD

Lange forderte die französische Rechtspopulistin ebenfalls den EU-Austritt ihres Landes. Doch nach der Niederlage bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2017 gegen den Pro-Europäer Emmanuel Macron ließ sie ihre Forderung fallen und schlug gemäßigtere Töne an. Le Pen strebt nun bei den Präsidentschaftswahlen 2027 erneut die Nachfolge von Macron an und so passen EU-Austrittsforderungen, wie die AfD sie teilweise formuliert, nicht in ihre Erzählungen. Das ist ein möglicher Grund, warum die AfD sich nicht auf die Forderung nach einem "Dexit" festlegt. Neben den europäischen Fraktionspartnern könnte sie damit aber auch gemäßigtere Wählerinnen und Wähler abschrecken.

Le Pens Rassemblement National (RN) und die AfD sitzen im EU-Parlament beide in der ID-Fraktion, einem Zusammenschluss aus rechtspopulistischen, nationalistischen und rechtsextremen Parteien aus Europa. Neben AfD und RN gehören unter anderem auch die italienische Partei Lega des italienischen Vize-Ministerpräsidenten Matteo Salvini und die österreichische FPÖ um Herbert Kickl der Fraktion an.

Auch nach Bekanntwerden eines Treffens in Potsdam, an dem unter anderem Rechtsextremisten und Politiker der AfD teilgenommen hatten, distanzierte Le Pen sich öffentlich: "Ich bin ganz und gar nicht einverstanden mit den Vorschlägen, die bei diesem Treffen diskutiert worden sein sollen", sagte sie. Bei dem Treffen soll ein sogenannter "Masterplan" zur millionenfachen Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland – auch unter Zwang – besprochen worden sein.

Inhaltlich stimmen AfD und RN meist überein

Mit Blick auf diese Überlegungen erklärte Le Pen Ende Januar außerdem, es müsse geprüft werden, "ob sich daraus Folgen ergeben" für die gemeinsame Fraktion im EU-Parlament. "Wir werden über diese sehr großen Meinungsverschiedenheiten reden müssen." Mehr zu Le Pens Reaktion lesen Sie hier. AfD-Europapolitiker Maximilian Krah erklärte im Nachgang, "die Irritationen zur AfD in Frankreich" würden ausgeräumt und alles werde sich in "Wohlgefallen auflösen".

Inhaltlich stimmen die Positionen von AfD und RN ansonsten durchaus überein: Beide Parteien sprechen sich gegen strengere Regeln für Klima- und Umweltschutz aus, gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen Geflüchtete. In das jüngst in Frankreich in Kraft getretene Einwanderungsgesetz versuchte der RN beispielsweise, Regelungen für erschwerte Bedingungen für Sozialleistungen für Geflüchtete sowie Kriterien, die Familienzusammenführungen erschweren, einzubringen. Ganz im Sinne der AfD.

Zu radikal scheint vor allem die Rhetorik der AfD

Allerdings ist die Sprache von Le Pen derzeit weniger radikal. Seit sie die Partei im Jahr 2011 von ihrem Vater Jean-Marie übernommen hat, versucht sie, ihr radikales Image und das der Partei zu mäßigen, um größere Teile der französischen Gesellschaft anzusprechen. In ein solches Bild passt die offene Zusammenarbeit mit einer Partei, die an Plänen zur Massenvertreibung von Menschen mitarbeitet, nicht hinein.

Ob die Positionen der AfD für Marine Le Pen wirklich zu radikal sind und es in der ID-Fraktion zu dem angedrohten Bruch kommt, ist angesichts der Ähnlichkeit der AfD-Inhalte mit denen der RN also fraglich. Zu radikal scheint lediglich die Rhetorik der deutschen Rechtspopulisten und -extremisten, sodass sich Le Pen zumindest öffentlich distanzieren muss, um in ihrem Imagewandel konsequent zu bleiben.

Verwendete Quellen
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