Dauerdiät bei Normalgewicht Weniger Kalorien, bessere Laune, mehr Sex
Wer normalgewichtig ist, muss nicht abnehmen. Profitiert er trotzdem von einer Diät? Das haben Forscher jetzt untersucht – und ein Plus an Lebensqualität gemessen.
Denken Normalgewichtige darüber nach, Tag für Tag Kalorien einzusparen, geht es ihnen meist um ihre Strandfigur. Die Speckröllchen am Bauch wölben sich gefühlt zu arg über den Bund der Jeans, die Bikinihose bedeckt eindeutig zu wenig des mit Winterspeck aufgepolsterten Pos. In Zukunft können Abnehmwillige die Motivationsliste um einen ganz anderen, entscheidenden Punkt ergänzen: ein Plus an Lebensqualität.
Ein Experiment in den USA zeigt, dass eine Dauerdiät auch Normalgewichtige und nur etwas zu dicke Menschen gelassener macht und schlechte Laune bekämpft. Dafür ist allerdings monatelanges Durchhaltevermögen gefragt, wie die Forscher im Fachmagazin "Jama Internal Medicine" schreiben.
Für die Untersuchung wählte das Team um Coby Martin vom Pennington Biomedical Research Center aus 10.000 Bewerbern 218 Studienteilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren aus. Alle waren zu diesem Zeitpunkt gesund, ihr BMI lag im Durchschnitt mit 25 gerade an der Grenze von Normal- zu Übergewicht, fettleibig war keiner.
Depressive Stimmung durch Essensentzug?
Per Zufallsprinzip teilten die Forscher anschließend zwei Drittel der Teilnehmer in eine Diätgruppe ein. Das ambitionierte Ziel: Die Mitglieder sollten innerhalb des zweijährigen Experiments ihre tägliche Kalorienzufuhr um 25 Prozent reduzieren. Damit das klappte, wurden sie geschult und in den ersten 27 Tagen mit Lebensmitteln versorgt. Das restliche Drittel der Teilnehmer kam in eine Kontrollgruppe – und durfte weiteressen wie gewohnt.
Zusätzlich füllten die Freiwilligen zu Beginn der Studie sowie nach 12 und 24 Monaten Fragebögen aus, berichteten über ihre Schlafqualität, ihre Lebensqualität, ihre sexuelle Aktivität und ihre Stimmung. Dass stark Übergewichtige von weniger Kalorien profitieren, war Forschern bereits vor der Studie klar. Ob das jedoch auch für normalgewichtige bis etwas dicke, gesunde Menschen gilt, hatte zuvor noch niemand umfassend untersucht. Manche argwöhnten für diese Gruppe sogar, dass die Laune durch die strengen Ernährungsauflagen eher sinken könnte.
Das Kalorienreduzieren glückte den Forschern und ihren Teilnehmern. 25 Prozent schafften sie zwar nicht, aber die Diätgruppe hatte nach einem Jahr ihre Kalorienzufuhr im Schnitt um 15 Prozent gesenkt, nach 24 Monaten immerhin noch um 12 Prozent. Das zeigte sich auch auf der Waage. Im Schnitt verloren die Mitglieder innerhalb der zwei Jahre 7,6 Kilogramm; in der Kontrollgruppe ohne Diät waren es in derselben Zeit 0,5 Kilogramm.
Weniger Kilos, mehr Energie, mehr Lust auf Sex
Bei der Lebensqualität, die in beiden Gruppen ohnehin hoch war, dokumentierten die Forscher positive Diät-Effekte. Die Daten wurden anhand ausgeklügelter Fragebögen erhoben, die schon in anderen Studien zum Einsatz gekommen waren.
- Während sich in der Nicht-Diätgruppe die Laune innerhalb der zwei Jahre im Schnitt verschlechterte, verbesserten die Diätmacher ihre Stimmung sogar etwas – und schnitten so unterm Strich besser ab.
- Ähnliche Ergebnisse konnten die Forscher bei der Anspannung ablesen. Auch hier verschlechterten sich die Ergebnisse in der Gruppe der Allesesser, während die Diätmacher leicht gewannen.
- Einen kleinen positiven Effekt gab es außerdem nach 24 Monaten bei der Lust auf Sex und der Partnerschaft. In diesem Punkt berichteten die Teilnehmer der Diätgruppe nach zwei Jahren ebenfalls von einer Verbesserung.
- Den deutlichsten Effekt dokumentierten die Forscher allerdings beim allgemeinen Gesundheitszustand. Während die Kontrollgruppe auch hier in den zwei Jahren etwas abbaute, verbesserte sich das Ergebnis in der Diätgruppe sehr deutlich.
Etwas schlechtere Werte beobachteten die Wissenschaftler in einem Punkt bei den Männern auf Dauerdiät: Sie berichteten von einer etwas geringeren sexuellen Erregbarkeit. Trotzdem hatten sie, wie berichtet, mehr Lust auf Sex
Bei vielen anderen untersuchten Faktoren, der Schlafqualität etwa, dokumentierten die Forscher sonst keine nennenswerte Unterschiede.
Aus gesund wird noch gesünder
Die Ergebnisse der aktuellen Studie deuteten darauf hin, dass zwei Jahre Kalorienreduktion auch bei normalgewichtigen Menschen die Lebensqualität, den Schlaf und die sexuelle Funktion verbessern, so das Fazit der Forscher.
Durch ihr aufwendiges Experiment ist die Studie sehr glaubwürdig. Trotzdem hat auch sie ein paar Schwächen. So könnte etwa die Tatsache, dass die Diätgruppe sich häufiger mit den Wissenschaftlern getroffen hatte, zu ihrem Gefühl für eine bessere Gesundheit beitragen haben.
Nüchtern betrachtet ist das Ergebnis wohl vor allem als Ansporn für diejenigen zu verstehen, die noch einen kleinen Motivationskick brauchen, um dauerhaft den Bonus-Schokoriegel am Tag gegen einen Apfel einzutauschen. Wer das als Normalgewichtiger nicht schafft, braucht sich aber nicht grämen. Auch andere Dinge können glücklich machen. Und gesund.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.