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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Statt Medikamente und OP Kalkschulter: Endlich schmerzfrei dank sanfter Therapie
Manchmal verursacht sie unerträgliche Schmerzen, manchmal macht sie sich kaum bemerkbar: die Kalkschulter. Ohne Behandlung droht Schultersteife.
Wenn die Schulter in der Nacht schmerzt oder das Kämmen der Haare nahezu unmöglich erscheint, kann eine Kalkschulter die Ursache sein. Von einer Kalkschulter sind vor allem Menschen zwischen 35 und 50 Jahren betroffen, rund zwei Drittel davon sind Frauen.
Bei starken Schmerzen wird den Patienten manchmal zur Operation geraten. Doch es gibt auch eine schonende Therapie, die in vielen Fällen sehr gute Ergebnisse bringt: die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT).
Was genau ist eine Kalkschulter?
Bei einer Kalkschulter ist nicht das Schultergelenk selbst betroffen, sondern es kommt zu Kalkeinlagerungen in den umgebenden Schultersehnen. Häufig befinden sich die Kalkdepots in der sogenannten Rotatorenmanschette. Sie besteht aus vier zusammenhängenden Muskeln, die vom Schulterblatt zum Oberarmkopf ziehen. Ursache für die Kalkablagerungen können mechanische Faktoren sowie lokale Durchblutungs- oder Stoffwechselstörungen sein.
"Bewegungen über Kopf, aber auch nach hinten oder zur Seite mit Belastung sind äußerst schmerzhaft“, erklärt Dr. Rainer Berthold, Experte der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM), die Symptome einer Kalkschulter. Die Vielfalt der Beschwerden lässt die Kalkschulter als Chamäleon erscheinen. Wegen der starken Schmerzen können die Patienten den Arm oft kaum noch bewegen und nicht auf der betroffenen Schulter liegen. Durch eine Schonhaltung verkürzen sich dann die Muskeln und die Schulter kann steif werden.
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Die Erkrankung wird meistens spät diagnostiziert. Denn solange die Ablagerungen klein sind, verursachen sie keine oder nur geringe Symptome.
"Wir können die Verdachtsdiagnose, die wir aufgrund des Beschwerdebildes und der Bewegungseinschränkung gewonnen haben, mithilfe des Ultraschallverfahrens und einer Röntgenuntersuchung bestätigen", sagt Berthold. Diese Kombination sei im Vergleich zur Kernspintomografie von hoher Treffsicherheit und im Gegensatz zu dieser schnell und kostengünstig durchführbar.
Beim Heilungsprozess ist Geduld angesagt
Solange die Patienten mit ihren Beschwerden gut zurechtkommen, kann der meist gutartige Spontanverlauf der Erkrankung abgewartet werden. Oft ist eine konservative Therapie ausreichend. Dabei wird zunächst versucht, die akuten Schmerzen mit Eispackungen und entzündungshemmenden Medikamenten zu lindern. Bei sehr starken Schmerzen kann eine Spritze erforderlich sein.
Bis sich die Verkalkungen auflösen, können allerdings Monate vergehen. Diese Phase ist oft mit starken Schmerzen verbunden. Spezielle Dehnübungen helfen, die Beschwerden zu lindern. Bei Bedarf verordnet der Arzt zudem noch Medikamente gegen Schmerzen oder Entzündungen, um die Patienten, die häufig im Alltag und im Beruf stark eingeschränkt sind, kurzfristig zu entlasten.
Mit Stoßwellen gegen die Kalkansammlungen
Bei großen Kalkansammlungen wird den Patienten manchmal zur Operation geraten. Eine schonende Alternative dazu kann in vielen Fällen die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) sein. Der Nutzen der Behandlung ist inzwischen in Studien nachgewiesen.
Bei dieser Behandlungsmethode werden außerhalb des Körpers elektrische Impulse erzeugt, die innerhalb des Körpers wirksam werden. Dabei richtet der Arzt fokussierte Stoßwellen gezielt auf das Kalkdepot in der Schultersehne. Dieser Fokus lässt sich berechnen und das Gerät je nach Position des Kalkdepots anpassen. Die Stoßwellenwirkung kann dann exakt auf die gewünschte Zone ausgerichtet werden. Das Gewebe um die Kalkansammlung – also die Haut, die Muskulatur und das Bindegewebe – wird somit nicht beeinträchtigt.
"Oft wird angenommen, die Stoßwellen würden das Kalkdepot zerstören. Dies ist aber nicht richtig – vielmehr bewirkt der Druckimpuls die Induktion zellulärer Reaktionen", sagt Berthold. "Die vermehrte Durchblutung mit Gefäßneubildungen im betroffenen Areal führt danach zur Auflösung der Kalkdepots."
Nachteil: Kassenpatienten müssen Kosten selbst tragen
Alternativ zu diesem Verfahren gibt es die kostengünstigere radiale Stoßwellentherapie. Sie arbeitet meist mit Druckluft. Durch den Aufschlag eines Projektils auf einen Applikator werden hier die nicht fokussierten Druckwellen erzeugt. Allerdings ist die Effektivität dieses niederenergetischen Verfahrens geringer – und die Anzahl der notwendigen Behandlungen damit meist höher.
Die Anwendung gehört für gesetzlich Versicherte zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Das heißt, der Patient muss die Kosten selbst tragen. Die meisten privaten Kassen und Beihilfestellen übernehmen die Behandlung. "Ein bis drei Behandlungen, die jeweils etwa zehn Minuten dauern, reichen bei der fokussierten Stoßwelle meistens aus", so Berthold.
"Die Nebenwirkungen sind gering, die Patienten werden durch dieses schonende Verfahren häufig wieder schmerzfrei und in der Schulter beweglich." Die Krankheitsdauer werde verkürzt und eine Operation sei in der Regel vermeidbar.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- F. Dehlinger, T. Ambacher. Die Kalkschulter. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date.2014; 439–458
- Website der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM), www.degum.de (Abruf: 02.05.2022)
- Leitlinien Rotatorenmanschette. AWMF online, www.awmf.org (Stand: 31.1.2017)
- Tendinosis calcarea. Pschyrembl online. Stand: 03/2022
- Schulterschmerzen. Online-Informationen auf www.gesundheitsinformation.de (Stand: 16.1.2020)
- Stoßwellentherapie bei der Kalkschulter. IGeL Monitor, www.igelmonitor.de (abgerufen am 2.5.2022)