"Sommerhaus der Stars" sorgt für Unruhe: RTL-Show besiegt ARD und ZDF

Trivialer Trash statt gebührenfinanziertem Genuss: Die Öffentlich-Rechtlichen müssen sich erstmals in diesem Jahr RTL geschlagen geben. Eine Zeitenwende?

Eine Kolumne von Janna Halbroth.

Erst klauen die Privaten den Öffentlichen die großen Stars wie Linda Zervakis oder Jan Hofer, da kommt auch schon die nächste Pleite. Zum ersten Mal in diesem Jahr führen ARD und ZDF nämlich nicht mehr die Hitliste der Mediatheken an. Nein, auf diesem Thron nimmt nun RTL Platz.

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Und was sagt uns das jetzt? Etwa, dass wir ein voyeuristischer Dreckshaufen sind, der sich am Leid anderer ergötzt? Nicht ausgeschlossen. Vielleicht wollen wir aber auch einfach ab und zu gern das Gehirn ausschalten und uns berieseln lassen durch Menschen, von denen wir glauben, dass sie ganz möglicherweise ein kleines bisschen doofer sind als wir.

Die ersten beiden Folgen vom "Sommerhaus der Stars" erreichten laut dem Branchenportal "Meedia" 610.000 und 772.000 Menschen und sicherten sich mit dieser gewaltigen Nettoreichweite Platz eins und Platz zwei des Monats September. Abgelöst wurde dadurch die ARD-Serie "Einspruch, Schatz!". Die besten Formate im ZDF waren die "heute-show" sowie die Filme "Gäste zum Essen" und "Mit Harpunen schießt man nicht".

Ein Ausblick in die Zukunft

In 200 Jahren wird man vielleicht auf unsere Zeit zurückblicken und sich fragen: Was stimmte mit dieser Epoche nicht? Die Menschen, die sich mit ihren Roboternachbarn am Gartenzaun unterhalten, werden sich vermutlich vor der überlegenen Spezies in Grund und Boden schämen, wenn sie erklären müssen, warum ihre Vorfahren Freude an Paaren hatten, die ihre offensichtlich problembehafteten Beziehungen im Fernsehen zur Schau stellten, sich anschrien und die wüstesten Beleidigungen an den Kopf warfen, um sich wenig später mit Trockensex auf klapprigen Gartenliegen zu beglücken.

Aber was kümmert uns das Geschwätz von morgen? Wir leben im Hier und Jetzt. Wir müssen uns eben unsere kleinen Inseln schaffen, um das Elend der Realität zu ertragen. Für den einen ist das der Waldlauf, für den anderen der längste Marathon durchs Trash-TV. Na, und?

"Wenn ich weg wäre, dann hätten die diese Sendung auf ArteTV spielen können", erklärt eine der "Sommerhaus"-Kandidatinnen sichtlich überlegen ihren hasserfüllten Mitspielern und Mitspielerinnen. Sie ist es nämlich, die in der Show für mächtig viel Drama und Streitereien sorgt. Ihre Selbsteinschätzung fällt dementsprechend selbstbewusst aus: Ohne sie wäre alles so staubtrocken, dass es glatt im Kulturprogramm laufen könnte und eben arte-würdig wäre.

Es scheint fast so, als wolle sie damit nicht nur den Promis eins auswischen, sondern auch ihren Finger in die Wunde der Öffentlich-Rechtlichen legen. Ganz so, als wüsste sie von den neuesten Zahlen. "ArteTV – was ist das?", fragt daraufhin einer der Realitystars seine Freundin, die immerhin mal "Gymnasium war". "Das ist so ein Sender?", antwortet sie wohl wissend. Dass dieser natürlich kein "TV" im Namen trägt, wo käme man da hin, stört hier wirklich niemanden mehr.

Die Ahnungslosigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten scheint die aktuellen Zahlen aus dem Streaming-Bereich der Sender zu spiegeln: Mein RTL kennt jeder und jeder weiß, was ihn dort erwartet. Trash, Schmerz, Liebe und Leid, Drama und eben Entertainment nach allen Regeln der Kunst, und sei sie noch so schmutzig.

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Die Öffentlich-Rechtlichen hinken hinterher, haben vor lauter Bildungsauftrag und Rechtfertigung für unsere Gebühren den Fokus verloren. Wer schaut schon, so wirkt es, online Unterhaltungsformate bei ARD, ZDF und Co.? Vielleicht nur diejenigen, die auf der Suche nach ArteTV in die Irre geführt wurden.