Lindner fordert Abschaffung Wer muss immer noch den Soli zahlen?
Die meisten Steuerzahler müssen seit 2021 keinen Solidaritätszuschlag mehr an den Staat abführen. Doch wer muss den Soli weiterhin zahlen?
Um die Infrastruktur im Osten zu finanzieren, führte der Bund einst den Solidaritätszuschlag ein, kurz Soli – eine Abgabe, die sich an der Höhe der Einkommensteuer orientierte.
Seit Januar 2021, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, ist er für die allermeisten Steuerzahler weggefallen. Topverdiener und Unternehmen zahlen ihn jedoch weiterhin. Nun ist eine Debatte um die komplette Abschaffung entbrannt: Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte diese vorgeschlagen, um die Wirtschaft zu entlasten. Mehr dazu lesen Sie hier.
Doch wer hat bislang besonders von der partiellen Abschaffung profitiert? Und für wen ist der Soli nicht weggefallen? Ein Überblick.
Was genau fordert Lindner?
Finanzminister Lindner reagierte mit diesem Vorschlag auf eine Forderung von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der Grünen-Politiker hatte vorgeschlagen, ein Sondervermögen einzuführen und die Unternehmenssteuer zu reformieren, um die Wirtschaft zu entlasten. "Auch ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist", sagte Habeck der "Welt am Sonntag" dazu. "Genau deshalb sollten wir überlegen, wie wir zum Beispiel Steuererleichterungen, Steueranreize für Investitionen in der Perspektive finanzieren, um die Kräfte wirklich zu entfesseln."
Lindner schlug daraufhin die Abschaffung des Solidaritätszuschlags vor. Bei der Analyse der Lage sei er sich mit Habeck einig, sagte Lindner am Sonntag in der ARD. "Wenn wir wirklich etwas an den Steuersätzen tun wollen", dann sei "der einfachste und schnellste Weg, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen". Mehr zu der Debatte lesen Sie hier.
Was ist der Soli genau?
Der Solidaritätszuschlag, kurz Soli, wurde im Jahr 1991 zur Finanzierung des sogenannten Aufbaus Ost eingeführt und zeitweise abgeschafft. In der heutigen Form besteht er seit 1998 als Teil des Solidarpakts. Das Geld ist – wie alle Steuereinnahmen – nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt ein.
Der Bundestag stimmte im November 2019 dann für die Teil-Abschaffung des Solis. Anfang 2021 trat die Teil-Abschaffung dennoch in Kraft.
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Bis zu dem Zeitpunkt zahlte jeder Steuerpflichtige, der mehr als 973 Euro im Jahr Einkommenssteuer zahlte, den Soli. Ab diesem Betrag Euro stieg der Soli schrittweise an. Erst wenn Steuerpflichtige 1.340 Euro Einkommenssteuer im Jahr zahlten, wurde der volle Soli in Höhe von 5,5 Prozent fällig. Für zusammenveranlagte Ehepaare galt der jeweils doppelte Wert von 1.944 Euro als Freigrenze und 2.680 Euro für den vollen Soli.
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Wer muss immer noch Soli zahlen?
96,5 Prozent aller Einkommensteuerpflichtigen müssen die Zusatzabgabe aktuell nicht mehr zahlen. Topverdiener hingegen zahlen den Soli weiter, in Stufen aber ist er von 5,5 Prozent auf 3,5 Prozent abgesenkt worden.
Konkret funktionierte die Abschaffung so: Die Freigrenzen, die bis 2021 dafür sorgten, dass Geringverdiener den Soli nicht zahlen müssen, stiegen drastisch. Bei einem Single stieg die Grenze von 972 Euro auf mittlerweile 17.543 Euro zu zahlende Einkommenssteuer. Bei einem Ehepaar erhöhte sie sich von 1.944 Euro auf 35.086 Euro. Besonders Steuerzahler mit mittleren Einkommen profitierten davon – denn Niedrigverdiener zahlten ohnehin keinen Soli.
Außerdem gilt: Der Soli ist nicht für Kapitalerträge oberhalb des Sparerpauschbetrags von 1.000 Euro entfallen. Auch Unternehmen, die die sogenannte Körperschaftssteuer von 15 Prozent zahlen, müssen weiterhin hierauf den vollen Soli zahlen. Setzt die FDP sich mit ihrem Vorstoß durch, würde der Soli für diese Gruppen entfallen.
Wie wirkt sich der Kinderfreibetrag auf den Soli aus?
Der Kinderfreibetrag wird bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags mit einbezogen. 2024 beträgt der Kinderfreibetrag 6.384 Euro pro Kind. Wenn Sie Kinder haben, können Sie also für jedes Kind 6.384 Euro von Ihrer Berechnung abziehen.
Ist die Teilabschaffung des Solis verfassungsgemäß?
Eine endgültige Antwort des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Die FDP hatte 2020, damals noch Oppositionspartei, eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag eingereicht. Die Argumentation: Der Soli sei an den Solidarpakt II gebunden, der jedoch Ende 2019 auslief. Sowohl der Steuerzahlerbund als auch mehrere Wirtschaftsverbände teilten damals diese Kritik.
Im Januar 2023 hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung eine Klage eines Ehepaars aus Bayern gegen den Solidaritätszuschlag abgewiesen, mit der Begründung, dass die Abgabe nicht verfassungswidrig sei. Es sei unerheblich, ob die Ergänzungsabgabe zweckgebunden für den Aufbau Ost verwendet wurde. Dies liege in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Nach Angaben des Bundesfinanzhofes kann der Bund damit auch in Zukunft jährliche Einnahmen in Höhe von zuletzt elf Milliarden Euro aus der Abgabe von Besserverdienenden und Unternehmen einplanen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Bundesfinanzministerium: "Fragen und Antworten zur weitgehenden Abschaffung des Solidaritätszuschlags"
- Eigene Recherche