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Cellulite-Mythen: Ärztin Adler räumt mit Irrtümern auf


Meinung
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Ärztin klärt über Cellulite auf
Von der Natur gewollt

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

30.03.2024Lesedauer: 4 Min.
Young woman relaxing during thigh and butt massage in spa salonVergrößern des Bildes
Gesund und angenehm: Gegen Cellulite hilft eine Massage allerdings nicht. (Quelle: imago)

Immer wieder versuchen Frauen, mit teuren Cremes oder fragwürdigen Behandlungsmethoden gegen Cellulite anzugehen. Dermatologin Dr. Yael Adler klärt auf.

Haben Sie auch schon mal Strandfotos von sich aussortiert, weil Ihnen bestimmte Körperpartien zu unvorteilhaft erschienen? Bindegewebsschwäche nervt Frauen und ist nicht nur ein Problem des Älterwerdens. Bindegewebe ist das Gewebe, das am häufigsten in unserem Körper vorkommt, mit verschiedenen Erscheinungsformen und Funktionen. Es ist zugleich Stütz-, Verschiebe- und elastisches Rücksprunggewebe, verbindet alle Organe miteinander und hält sie in Position und Form. Wir besitzen auch elastische Bänder aus Bindegewebe an sensiblen Punkten – an der Wirbelsäule und als Penisheber. Sie können sich leicht vorstellen, was passiert, wenn diese Bänder unelastisch werden …

Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 hat sie ihre eigene Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.

Unser Bindegewebe besteht zu einem großen Teil aus dem Struktureiweiß Kollagen. Beim Altern werden seine Fasern dicker und plumper, die Neuproduktion versiegt, und Kollagen abbauende Enzyme werden erst richtig aktiv. Dass unser Bindegewebe allmählich ausleiert, liegt an der nachlassenden Produktion von Sexualhormonen. Aber auch an der verringerten Ausschüttung von Wachstumshormonen und schließlich an schädlichen Einflüssen, denen man im Leben ausgesetzt ist: Freie Radikale, die bei Stoffwechselreaktionen in den Zellen entstehen und unser Gewebe und das Erbgut schädigen, sind absolute Altersbeschleuniger.

Einen Teil davon kann der Körper noch ausschalten. Wenn allerdings ständig UV-Strahlung, Nikotin oder auch Kortison dazwischenfunken, schwächelt dieses sensible Reparatursystem. Die freien Radikale aktivieren Enzyme, die Kollagen abbauen, das Bindegewebe spröde machen und die Erneuerung des Materials behindern. Im Bereich der Gelenke können sich so die Fasern ohne regelmäßige Bewegung verkürzen bis hin zur Versteifung. Auch die Blutgefäße sind von Veränderungen des Bindegewebes betroffen: Sie verlieren an Elastizität, wodurch der Blutdruck in die Höhe steigt.

Cellulite ist zutiefst weiblich

Eine verbreitete und beinahe schicksalhaft auftretende Ausdrucksform von Bindegewebsschwäche – zumindest wird sie als solche verkannt – ist die Cellulite. Dabei sind die ungeliebten Dellen und die Wellenlandschaft, die den weiblichen Körper hier und da überziehen, evolutionär gewollt und etwas Ur-Weibliches: Weibliche Hormone stellen sicher, dass das Bindegewebe in senkrechten Streben zur Haut verläuft und Fett gut eingelagert wird – um es im Falle einer Schwangerschaft oder längerer Hungerperioden als Reserve nutzen zu können.

So wird die Haut in regelmäßigen Abständen von senkrecht in die Tiefe verlaufenden Bindegewebsfasern nach unten gezogen. Zwischen diesen Fasern liegt Fettgewebe, das, je nach Füllzustand und Genetik, mehr oder weniger stark hervorploppt. An der nächsten Andockstelle des Bindegewebes wird die Haut wieder nach unten gezogen: So entsteht das Matratzenphänomen, auch Orangenhaut genannt. Auch Männer lagern Fettgewebe in die Unterhaut ein, doch sie sind nicht nur mit senkrechten, sondern auch mit waagerechten und diagonalen Fasern ausgestattet. Diese Mehrfachverstrebung lässt auch dickliche Männer noch recht stramm daherkommen.

Es gibt vier Grade

Was uns Frauen anbelangt: Es gibt keine Frau ohne Cellulite, allerdings variiert die Ausprägung. Wenn Sie wissen wollen, wie stark Ihr Ausprägungsgrad ist, hier eine kleine Übersicht:

  • Grad 0: Die Hautoberfläche ist im Liegen und Stehen glatt. Schieben Sie einzelne Hautpartien mit Daumen und Zeigefingern zusammen, zeigen sich Falten und Furchen, aber keine matratzenförmigen Pölsterchen.
  • Grad 1: Die Hautoberfläche ist im Liegen und Stehen glatt. Beim Zusammenschieben zeigt sich jetzt allerdings die typische Matratzenstruktur.
  • Grad 2: Die Haut ist nur noch im Liegen glatt.
  • Grad 3: Und jetzt auch da nicht mehr: Cellulite prangt an Oberschenkeln, Po oder Hüften.

Wem es gelingt, Fett abzubauen, der kann die sich hochwölbenden Reserven etwas leerhungern, dann drücken sie weniger nach oben. Verschwinden werden sie nicht. Auch wer Muskulatur aufbaut, hat immer noch Cellulite, aber wenigstens auf einer ansprechenden, muskulär straffenden Grundlage. Zu guter Letzt haben wir immer noch die Möglichkeit, die Schwerkraft auszuhebeln, indem wir uns auf den Rücken legen und zu Liegeschönheiten werden.

Da hilft keine noch so teure Creme

Rubensformen sind heute zwar nicht mehr angesagt, doch zum Trost für hadernde Frauen sei erwähnt, dass sich Männer in der Regel nicht weiter an schwingenden Hautarealen stören. Wenn das Gewebe bei der Liebe schön wackelt, wird er wohl kaum sagen: "O Schatz, du hast ja Cellulite!" Sollte er das doch tun, sollten Sie Ihren Beziehungsstatus sowieso überdenken.

Gegen Cellulite werden verschiedene Behandlungen angeboten, deren wissenschaftliche Beweislage aber ziemlich dünn ist und die allesamt den Praxistest nicht bestehen. Klar ist, dass keine noch so teure Creme gegen Cellulite die Bindegewebsfasern in der Tiefe erreicht. Fettabsaugung, die Durchtrennung stark einziehender Fasern mit Schnittgeräten, das Einspritzen von gewebestraffenden Füllsubstanzen, die Einlage straffender Fäden in die Haut sind allesamt "Beautyfication-Verfahren", die das Erscheinungsbild der Haut für einige Zeit optisch verbessern. Sie packen das Problem allerdings nicht dauerhaft an der Wurzel.

Sport und ausgewogene Ernährung

Mit Kälteeinwirkung (Kryolipolyse) und Fettwegspritze kann man die ploppenden Pölsterchen regional reduzieren, erreicht aber die Struktur des Bindegewebes nicht. Auch Massage-, Vakuum- und Hitzeverfahren, die von außen an Po oder Schenkel angewandt werden, haben keinen nachhaltigen Effekt, da sie das Bindegewebe nicht umstricken können. Mit anderen Worten: Es gibt derzeit weder ein wirksames Mittel noch eine geprüfte Methode, um Cellulite auf Dauer den Garaus zu machen.

Ein bisschen was lässt sich aber tun. Sport formt und strafft die muskuläre Unterlage. Bewegung leitet träge Lymphflüssigkeit ab und kickt den Stoffwechsel durch bessere Durchblutung. Mit Gewichtskontrolle lässt sich das Fettgewebe in maßvollen Grenzen halten, damit es nicht zu sehr nach außen buckelt; Crash-Diäten bitte vermeiden, der Jo-Jo-Effekt strapaziert das Bindegewebe zusätzlich.

Jeden Tag ausreichend Flüssigkeit und eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung sind wichtig. Stoffwechselunterstützende Mikronährstoffe kann man im Blut nachmessen lassen und mit Supplements oder angepasster Ernährung auffüllen: Eisen, Zink, Selen, Vitamine etc. Verzichten Sie auf Zigaretten, Alkohol, Sonne, Solarium, Zucker und alle weiteren bekannten Altersbeschleuniger, denn sie lassen auch die Haltefasern schneller labbrig werden.

Zeigen Sie Mut zur Delle und kommen Sie gesund durch die Zeit!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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