Verpflichtung zum Ehrenamt Als Schöffe ausgewählt: Was Bürger wissen müssen
Es soll den Rechtsstaat demokratischer und lebensnaher machen: das Schöffenamt. Als ehrenamtliche Richter entscheiden Bürger dabei über Urteile mit. Was Sie dazu wissen sollten.
Richter sein ohne Jurastudium? Das geht! Als Schöffe übernehmen Bürger ehrenamtlich die Aufgaben eines Richters. Auf die vierjährige Amtszeit können sich Bürger bewerben, die aktuelle läuft in diesem Jahr aus. Die nächste Amtszeit läuft dann von 2024 bis 2028.
Doch was genau umfasst das Ehrenamt, und wer kann es ausüben? Wichtige Fragen und Antworten zum Thema Schöffenwahl finden Sie hier.
Was machen Schöffen?
Schöffen sind ehrenamtliche Richter in Strafprozessen. Sie werden für fünf Jahre gewählt und unterstützen in dieser Zeit hauptamtliche Richter bei ihrer Arbeit und fällen mit ihnen gemeinsam Urteile. Meistens wird ein Richter von zwei Schöffen unterstützt. Dadurch soll der Rechtsstaat demokratischer und lebensnäher sein.
Wer kann Schöffe werden?
Nur deutsche Staatsangehörige zwischen 25 und 70 Jahren und ohne Vorstrafen dürfen Schöffen werden. Bei einer Verhandlung haben sie das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter und entscheiden über Schuld und Strafmaß von Angeklagten. Bundesweit gibt es circa 60.000 Schöffen, schätzt Andreas Höhne, Vorsitzender des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter in Greußen bei Erfurt.
Die Bundesregierung will dabei eine wichtige Veränderung anbringen, um so das Amt vor Extremisten zu schützen. Im Juli 2023 beschloss das Bundeskabinett, das Richtergesetz zu ändern. Dort soll es künftig heißen: "Zu dem Amt eines ehrenamtlichen Richters darf nicht berufen werden, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt."
Welche Pflichten haben Schöffen?
Ist ein Schöffe für einen Prozess ausgewählt worden, besteht bei jeder Sitzung Anwesenheitspflicht. Ist er verhindert, muss er dies rechtzeitig vor Beginn der Verhandlung mitteilen. Fehlt ein Schöffe unentschuldigt oder findet er sich unentschuldigt nicht rechtzeitig ein, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro.
Wie werden Bürger zu Schöffen?
Auf drei Wegen. Sie können sich bewerben. Die Fristen sind von Kommune zu Kommune unterschiedlich und können dort erfragt werden. Für die nächste Wahl können sich zum ersten Mal Schöffen bewerben, die in ihrer zweiten Amtszeit sind, erklärt Höhne. Bislang mussten sie danach eine Zwangspause einlegen – diese Regel gelte ab Oktober nicht mehr. Verbände, Parteien, Vereine können Personen vorschlagen. Wenn die Liste über Vorschläge und Bewerbungen nicht voll geworden ist, entscheidet am Ende der Zufall: Aus dem Melderegister werden dann infrage kommende Bürger ausgewählt.
Die Vorschlagsliste muss mindestens doppelt so viele Kandidaten aufführen, wie gebraucht werden. Diese Liste kommt zum zuständigen Amtsgericht, dort wählt ein Ausschuss die künftigen Schöffen.
Was ist, wenn man kein Schöffe werden will?
Nach der schriftlichen Benachrichtigung, dass man als Schöffe ausgewählt wurde, muss man in diesem Fall aktiv werden. Die Frist dafür beträgt nach Angaben des Justizportals Nordrhein-Westfalen eine Woche nach Erhalt des Briefes. Die Aussichten auf eine Streichung von der Schöffenliste stehen in der Regel schlecht.
"Man hat nahezu keine Chance, Nein zu sagen", sagt Höhne mit Verweis auf die entsprechenden Paragrafen 35 im Gerichtsverfassungsgesetz. Ärzte und Hebammen dürfen das Amt etwa ablehnen. Auch Menschen, die Angehörige pflegen, haben gute Aussichten. Ansonsten wird es schwer.
Wann erfahren Schöffen von ihrer Wahl – und ihren Einsätzen?
Im November bekommen alle neu gewählten Schöffen Bescheid. Die sogenannten Hauptschöffen kriegen dann auch die Liste mit ihren maximal zwölf Verhandlungen im kommenden Jahr. Anders läuft es bei den Hilfsschöffen, die ausgefallene Hauptschöffen ersetzen. Jeweils 14 Tage vor dem Termin bekommen sie ihre Benachrichtigung. Auch ein Anruf am selben Tag ist möglich, sofern ein Hauptschöffe kurzfristig fehlt – sie leisten quasi Bereitschaftsdienst und müssten ihre Arbeit in so einem Fall im Zweifel liegen lassen. Höhne sagt: "Hilfsschöffen beneide ich nicht, denn die müssen Gewehr bei Fuß stehen."
Muss der Arbeitgeber Schöffen für die Gerichtseinsätze freistellen?
Ja. Und sie kriegen einen Verdienstausfall gezahlt. Es gilt aber nicht das Arbeitszeitgesetz, denn das Schöffenamt ist ein Ehrenamt. Das heißt: Es ist möglich, dass der Arbeitgeber einem Schöffen nach einem stundenlangen Gerichtseinsatz am Morgen eine Spätschicht gibt.
Andreas Höhne rät allen Schöffen, den Arbeitgeber zu informieren, sobald sie über ihre Wahl Bescheid wissen und ihre Einsatztermine kennen. So könne die Firma für diese Zeiten Ersatz besorgen. Eine Benachrichtigungspflicht an den Arbeitgeber haben Schöffen nicht. Die derzeitige Amtsperiode von Schöffen begann 2019 und dauert bis 2023.
- dpa
- bpb.de: "Schöffe/ Schöffin"