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Alzheimer durch Herpes: Wie ist das möglich?


Virus im Gehirn
Kann Alzheimer durch Herpes ausglöst werden?

t-online, Larissa Koch

Aktualisiert am 20.03.2019Lesedauer: 3 Min.
Herpesviren im Gehirn - Animation.Vergrößern des BildesHerpesviren: Einer Studie zufolge befallen sie häufiger die Gehirne von Alzheimerkranken. (Quelle: Dr_Microbe/getty-images-bilder)

Noch ist die Ursache von Demenzerkrankungen wie Alzheimer nicht eindeutig geklärt. Neurowissenschaftler aus den USA fanden nun bei verstorbenen Alzheimerpatienten auffällig häufig Herpes-Viren im Gehirn. Löst Herpes Alzheimer aus?

Neurowissenschaftler von der Icahn School of Medicine am Mount Sinai, New York und des Arizona State University-Banner Neurodegenerative Disease Research Center haben in den Gehirnen verstorbener Alzheimerpatienten vermehrt Herpesviren gefunden. Dabei handelte es sich offenbar um einen Zufallsfund: "Wir suchten nicht nach Viren, aber Viren schrien uns irgendwie an", wird der Hauptautor der Studie Ben Readhead, in der britischen Tageszeitung "The Guardian" zitiert.

Um zu klären, ob Herpesstämme mit Morbus Alzheimer im Zusammenhang stehen, hat das Wissenschaftlerteam 1.000 Hirne von Verstorbenen untersucht. Darunter waren hirngesunde Menschen und Alzheimerpatienten im Frühstadium. Die Experten fanden in den Hirnproben der Alzheimerkranken viel häufiger Herpesviren als bei den Verstorbenen, die nicht an der Demenzerkrankung litten.

Herpesviren: Auslöser oder Symptom von Alzheimer?

Die Personen ohne Alzheimer hatten nahezu keine Herpesviren im Hirngewebe: "Die viralen Genome (Erbgut a. d. R.) waren in etwa 30 Prozent der Alzheimer-Hirne nachweisbar und in der Kontrollgruppe praktisch nicht nachweisbar", sagt Sam Gandy, Professor für Neurologie und Mitautor der Studie.

Unklar ist nun aber, ob Herpesviren Alzheimer auslösen können oder ob die Alzheimerkranken schlicht anfälliger waren für Infekte und somit auch für Angriffe von Erregern wie dem Herpesvirus. Mithin wäre die Herpes-Infektion ein Symptom, aber keine Ursache für Alzheimer. Die Wissenschaftler kamen aber zu dem Schluss, dass bestimmte Herpes-Gene offenbar die Aktivität verschiedener Alzheimergene im Gehirn steigern und die Hirnerkrankung begünstigen.

Gefunden wurden zwei Stämme von humanen Herpesviren: HHV-6A und HHV-7. Beide Virentypen lösen nach bisherigem Kenntnisstand keine eigenständigen Krankheiten aus. Fast jeder trägt beide Virenstämme in sich und bildet Antikörper dagegen. Hinter dem gängigen Lippenherpes verbirgt sich das humane Virus Herpes Simplex Typ 1 (HSV-1). Der Stamm vom Simplex-Typ HSV-2 äußert sich in Herpes an den Genitalien.

So wird Herpes diagnostiziert: Anhand der Krankengeschichte und der Symptome kann der Arzt den humanen Herpes simplex (HHS) meist leicht erkennen, oftmals ist eine reine Blickdiagnose ausreichend. In seltenen Fällen ist es hilfreich, den Erreger im Labor genau zu identifizieren. Zur diagnostischen Abklärung eines Verdachtes auf eine HSV-1-Infektion können die folgenden Laboruntersuchungen durchgeführt werden: Nachweis von Antikörpern gegen HSV-1 vom Typ IgG und IgM sowie HSV-1-DNA-PCR zum Beweis einer akuten Infektion.

Viren und ihre Rolle für Erkrankungen des Gehirns

Die Hypothese, dass Viren nicht nur eine Hirnhautentzündung auslösen können, sondern auch langfristig zu Schäden an Nervenzellen oder Hirnzellen führen, die zum Beispiel Alzheimer zur Folge haben, ist schon älter. So wird etwa durch das Masern-Virus in seltenen Fällen eine tödliche Hirnhautentzündung ausgelöst, die sich über mehrere Jahre nach der Infektion entwickeln kann.

Ob Krankheitserreger wie Viren entweder zum Ausbruch oder aber zur Verschlimmerung einer Hirnerkrankung wie Alzheimer beitragen könnten, ist immer noch nicht kausal bewiesen. Das Fazit der US-Wissenschaftler legt aber einen Zusammenhang nahe: In der Gesamtschau würden die ausgewerteten Daten einen überzeugenden Beweis liefern, dass bestimmte Virusarten eine Rolle bei Erkrankungen des Gehirns wie Alzheimer spielen, heißt es in der Zusammenfassung der Studie.

Der Zusammenhang zwischen Herpesviren und Alzheimer wird schon seit vielen Jahren untersucht. 2014 fand ein Forscher-Team um Professor Hugo Lövheim von der Universität in Umeå vermehrt Antikörper gegen HSV-1 in Blutproben von Alzheimerkranken (Alzheimers Dement 2014). Demnach erkrankten Patienten, die HSV-1-Antikörper in sich trugen, doppelt so häufig an Alzheimer. Allerdings sagt dies zunächst wenig aus, da viele Menschen mit HSV-1-infiziert sind. Interessanter ist der Blick auf IgM-Antikörper – diese deuten auf eine Virusreaktivierung hin. Wie die Forscher zeigen konnten, erkrankten 15 Prozent der IgM-positiven Teilnehmer an Alzheimer, aber nur halb so viele der IgM-negativen.

Muss die bisherige Alzheimerforschung in Frage gestellt werden?

Wenn bewiesen werden würde, dass Herpesviren Alzheimer auslösen, müsste die bisherige Alzheimerforschung infrage gestellt werden. Bislang geht man davon aus, dass bei Alzheimerkranken ein zentraler Botenstoff zu wenig vorhanden ist, der für funktionierende Nervenzellen sorgt. Außerdem wird angenommen, dass Abbauprodukte von Eiweißen, die sich im Gehirn als sogenannte Plaques ablagern, zur Krankheit führen. Das wiederum scheint Auslöser dafür zu sein, dass Nervenzellen absterben. Warum es allerdings zu diesen Ablagerungen von Eiweiß kommt, ist noch nicht geklärt.

Risikofaktoren für Alzheimer

Die Krankheit Alzheimer, bei der die Gedächtnisleistung und die geistigen Fähigkeiten mehr und mehr abnehmen, ist die häufigste Ursache für eine Demenz. Alzheimer ist bislang nicht heilbar. Die Erkrankung kann aber in ihrem Verlauf gelindert werden. In der Bundesrepublik leiden nach Angaben der Deutschen Alzheimergesellschaft rund 1,6 Millionen Menschen an einer Demenz. Etwa zwei Drittel von ihnen haben Alzheimer. Als Risikofaktoren gelten zum Beispiel Diabetes mellitus, Depressionen, ein erhöhter Cholesterinspiegel (LDL), Rauchen und Einsamkeit.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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