Verdauungsbeschwerden Diese Medikamente können Blähungen und Völlegefühl auslösen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Manchmal verursachen Medikamente unangenehme Blähungen. Für Betroffene ist das oft sehr belastend. Welche Wirkstoffe Luft im Bauch machen – und was hilft.
Blähungen und Völlegefühl durch Medikamente sind keine Seltenheit. Viele Menschen, die regelmäßig bestimmte Wirkstoffe einnehmen müssen, bemerken Veränderungen in ihrer Verdauung, darunter auch Verstopfung oder Durchfall. Zu viel Gas im Bauch kann Schmerzen verursachen. Der Bauch ist aufgetrieben und fest. Es können Völlegefühl und Übelkeit auftreten.
Lesen Sie, welche Medikamente besonders häufig Blähungen als Nebenwirkung verursachen und was sich dagegen tun lässt.
Wann sind Blähungen noch normal?
Bis zu 20-mal pro Tag kann überflüssiges Gas aus dem Darm entweichen. Das ist normal und meist auf die Ernährung zurückzuführen. Viele wissen aus Erfahrung: Fastfood, zuckerreiches Essen, aber auch Kohl, Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Knoblauch, Sauerkraut, größere Mengen Rohkost und Vollkorn gehören zu den blähenden Lebensmitteln und regen die Gasbildung im Darm an. Auch kohlensäurehaltige Getränke können Darmwinde auslösen. Flatulenzen sind oftmals geruchslos, können aber auch übelriechend sein.
"Eine Arztpraxis sollte man dann kontaktieren, wenn gehäuft und über einen längeren Zeitraum Blähungen auftreten, diese intensiv riechen und wenn zum Gasabgang weitere Beschwerden hinzukommen, etwa Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder gar Gewichtsverlust. Blut im Stuhl ist ein Warnzeichen, das immer rasch ärztlich abgeklärt werden sollte", sagt PD Dr. Dr. Christoph Dietrich, Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Palliativmedizin und Ernährungsmedizin.
Zur Person
PD Dr. Dr. Christoph Dietrich ist Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Palliativmedizin und Ernährungsmedizin. Er ist in der Gastro-Praxis Wiesbaden tätig und Vorstand der Gastro-Liga e.V.
Blähungen – nicht immer ist das Essen schuld
Hinter wiederkehrenden Blähungen und Verdauungsproblemen, die trotz einer Ernährungsanpassung nicht besser werden, können verschiedene Ursachen stecken. Manchmal ruft ein Reizmagen oder ein Reizdarm Blähungen und Völlegefühl hervor, manchmal führt eine Nahrungsmittelunverträglichkeit wie eine Laktoseintoleranz oder eine Glutenintoleranz zu Durchfall. In selteneren Fällen ist eine ernste Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder gar Darmkrebs der Auslöser.
Möglich ist auch – und daran denken viele nicht – dass Medikamente Blähungen, Völlegefühl und andere Verdauungsbeschwerden verursachen. "Vermehrte Blähungen gehören zu den möglichen Nebenwirkungen verschiedenster Medikamente", weiß Dietrich. "Es kommt immer wieder vor, dass Patienten mit der Einnahme eines neuen Präparates unter anderem plötzlich eine verstärkte Gasbildung bemerken."
Welches Medikament verursacht oft Blähungen?
Die wohl bekannteste Medikamentengruppe, welche die Darmflora schwächt und zu Blähungen und einer gestörten Verdauung führt, sind Antibiotika. Antibiotika töten nicht nur krankmachende Bakterien ab, sondern auch die nützlichen, darunter die im Darm. Das so geschwächte Darmmikrobiom kann die Nahrung nicht mehr wie gewohnt verarbeiten. "Durchfall ist eine häufige Begleiterscheinung bei der Einnahme von Antibiotika", weiß der Gastroenterologe. Nach der Einnahme könne es einige Zeit dauern, bis sich die Darmbakterien erholt und wieder aufgebaut haben und alles wieder wie gewohnt funktioniert.
Wenn Schmerzmittel Blähungen hervorrufen
Zu den weiteren Medikamenten, die Blähungen verursachen, gehören Diabetes-Medikamente, beispielsweise Metformin, mit dem Diabetes Typ 2 behandelt wird. Das Medikament beeinflusst die Darmflora und kann dadurch Blähungen, Völlegefühl und Durchfälle auslösen. Auch Schmerzmittel, etwa mit dem Wirkstoff Ibuprofen, sowie Opioide, begünstigen Blähungen. Und nicht nur das: Sodbrennen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Verstopfung, Erbrechen und sogar Blutungen in Magen und Darm können die Folge einer Einnahme von Schmerzmitteln sein.
"Hinzu kommt, dass durch die Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen verstärkt werden können", sagt Dietrich. "Wer regelmäßig Schmerzmittel einnimmt, sollte dies immer unter ärztlicher Begleitung tun - auch, um gegebenenfalls mithilfe einer Begleitmedikation das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen wie Magenblutungen zu senken. Die Dosierempfehlung sollte nicht überschritten werden."
Weitere Schmerzmittel, welche die Gasbildung fördern können
Zu den weiteren häufig eingenommenen Medikamenten, welche Flatulenzen zur Folge haben können, gehören:
- Abführmittel (meist nur vorübergehend und wenn die Flüssigkeitsaufnahme zu niedrig ist)
- Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol oder Pantoprazol
- Blutdrucksenker wie Betablocker und ACE-Hemmer (Blähungen vor allem, wenn sie zu Verstopfung führen)
- Eisenpräparate
"Medikamente können außerdem die Stuhlfarbe und die Konsistenz verändern. Wer Eisenpräparate einnimmt, hat oft einen schwarzen, zähen Stuhl. Bei Antibiotika kann der Stuhl nicht nur flüssig werden, sondern auch gelblich oder grünlich", erklärt Dietrich. Der Experte rät, bei starken Verdauungsproblemen, die nach der Einnahme bestimmter Medikamente auftreten, mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin ins Gespräch zu gehen. Keinesfalls solle man die Dosierung eigenmächtig verändern oder das Medikament gar ohne Absprache absetzen, warnt Dietrich.
Was Blähungen durch Medikamente lindern kann
Blähungen, die durch Medikamente verursacht sind, lassen sich oftmals durch ein Begleitmedikament verbessern. Entschäumer wie Dimeticon und Simeticon sind eine Möglichkeit, Blähungen zu lindern. Bei der Antibiotika-Einnahme können manchmal Probiotika helfen. Auch regelmäßiger Verzehr von probiotischem Joghurt kann möglicherweise die Regeneration des Darms unterstützen. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit wenig Zucker und tierischem Fett tut der Darmflora ebenfalls gut.
Die Einnahme von Medikamenten, die den Darm träge machen, wie Opioide oder Blutdrucksenker, sollte gegebenenfalls durch abführende Maßnahmen wie genug Flüssigkeit und wasserlösliche Ballaststoffe, etwa Flohsamenschalen, begleitet werden.
Wer mit Blähungen, Völlegefühl oder einer geschwächten Darmflora zu kämpfen hat, kann Folgendes versuchen:
- Leicht verdauliche Lebensmittel bevorzugen, etwa Reis, Nudeln, Kartoffeln, Karotten, Zucchini, Pastinaken, fein geschrotete Mehle.
- Mit verdauungsunterstützenden Gewürzen arbeiten, etwa Basilikum, Dill, Fenchel, Rosmarin und Petersilie.
- Stille Getränke vorziehen, aber Flüssigkeitsaufnahme hochhalten.
- Mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt verzehren.
- Auf regelmäßige Bewegung achten.
- Alkohol nur in Maßen trinken.
- Scharfe Gewürze und Soßen meiden, wenn sie Probleme verursachen.
- Lebensmittel schonend garen und Gebratenes oder Frittiertes reduzieren.
- Den Rohkostanteil reduzieren.
"Manchmal ist es so, dass die Beschwerden zu Beginn der Medikamenten-Einnahme auftreten, sich nach ein paar Tagen aber wieder bessern", sagt Dietrich. "In der Packungsbeilage sind entsprechende Hinweise zu finden." Da zudem jeder Mensch ein einzigartiges Darmmikrobiom hat, reagiert jeder Darm individuell. Während manche kaum Beschwerden verspüren, gerät bei anderen die Verdauung stärker aus der Balance. Wer Beschwerden hat, sollte immer ärztlichen Rat einholen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview mit PD Dr. Dr. Christoph Dietrich
- Gastro-Liga e. V.: "Blähsucht – Meteorismus. Wie Sie selbst zur Behebung Ihrer Beschwerden beitragen können" (PDF). Online-Publikation: www.gastro-liga.de (Abrufdatum: 26.4.2024)
- "Wie funktioniert der Darm?". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): gesundheitsinformation.de (Stand: 17.11.2021)
- "Wie funktioniert die Darmentleerung?". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): gesundheitsinformation.de (Stand: 3.11.2021)
- S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität e.V. (DGNM): "Chronische Obstipation". AWMF-Leitlinien-Register Nr. 021-019. (Stand: 31.10-2021)
- S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM): "Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie" AWMF-Leitlinien-Register Nr. 021-016. (Stand: Juni 2021)
- "Antibiotika – was Sie wissen sollten". Online-Information von Patienten-Information.de, einem Service des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung: www.patienten-information.de (Stand: Dezember 2020)
- "Ernährung nach Antibiotika – so sanieren Sie den Darm". Online-Information des Verbraucher Service Bayern im KDFB e. V.: www.verbraucherservice-Bayern.de: (Stand: 6.11.2020)