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Das sollten Sie bei einer Trennung auf keinen Fall tun


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Vom Partner oder von Freunden
Das sollten Sie bei einer Trennung auf keinen Fall tun

Eine Kolumne von Ulrike Scheuermann

Aktualisiert am 17.10.2021Lesedauer: 5 Min.
Trennung: Wie sagt man es seinem Partner, dass man sich trennen will?Vergrößern des Bildes
Trennung: Wie sagt man es seinem Partner, dass man sich trennen will? (Quelle: Prostock-Studio/getty-images-bilder)

Was, wenn eine Beziehung nicht mehr intakt ist? Sollte man Streits vom Zaun brechen, damit es leichter wird, zu gehen? Oder einfach abtauchen? Es gibt verträglichere Möglichkeiten, für beide.

Die Kinder sind aus dem Haus, und plötzlich realisiert sie, was sie jahrelang ignoriert und irgendwie ausgehalten hat: zum Beispiel, dass ihr Partner sie schon lange immer wieder abgewertet und an ihr herumgemäkelt hat. Jetzt weiß sie, dass sich das nicht mehr reparieren lässt. Ein paar Wochen nach dieser Erkenntnis lernt sie einen anderen Mann kennen und verliebt sich.

Nun ist es unumgänglich: Sie wird sich von ihrem Mann trennen. Aber wie? Sie ertappt sich bei Tagträumen, in denen sie in ein Flugzeug steigt und für immer auf eine fernen Südseeinsel verschwindet.

Wir lernen nicht, uns zu trennen

In Partnerschaften, in Freundschaften oder auch in beruflichen Netzwerken und im Kollegenkreis sind Trennungen ein wichtiges, aber für viele von uns auch ein schwieriges Thema. Wir benötigen dazu Trennungskompetenzen, die ein Teil unserer sozialen Fähigkeiten sind. Wir brauchen diese zwar unser Leben lang, aber nur selten haben wir sie von klein auf gelernt.

In der Schule gibt es kein Schulfach "Sozialkompetenzen", in dem Kinder lernen, wie man sich besonnen trennt und mit den schwierigen Emotionen umgeht. Später im Beruf erlebt man im Zusammenhang mit Trennungen oft schwere Konflikte und Streit, Vorwürfe und Intrigen, denn fast allen fällt eine Trennung schwer und mitunter scheint es nur möglich, im Streit zu gehen.

Diese Erfahrungen können einen auf die Idee bringen, sich einfach aus dem Kontakt davonzustehlen.

Ghosting als extreme Form der Trennung – die einfache Lösung?

Immer öfter beenden Menschen eine Freundschafts- oder sogar Paarbeziehung durch das sogenannte Ghosting. Von einem Tag auf den anderen sind sie nicht mehr zu erreichen, die Kommunikation ist komplett abgebrochen. Sie scheinen sich plötzlich in Luft aufgelöst zu haben, als ob es sie nie gegeben hätte, eben wie ein Geist.

Die verschwundene Person möchte damit ein Trennungsgespräch vermeiden. Wie von selbst soll sich alles klären, die andere Person realisieren, dass kein Kontakt mehr erwünscht ist.

Dahinter wiederum steht eine Konfliktscheue, die Angst vor Konfrontation und Enttäuschung der anderen Person. Und eine Unsicherheit, wie man sich in schwierigen Situationen richtig verhält. Ghosting scheint deshalb auf den ersten Blick eine einfache Lösung zu sein, zumindest für die Person, die geht. Immerhin muss man sich mit diesen schwierigen Gefühlen dann nicht auseinandersetzen.

Doch meist ist das zu kurz gedacht: Es kann viel Leid für beide entstehen. Die plötzlich verlassene Person ist verunsichert und verletzt – und zweifelt an ihrer Wahrnehmung: Habe ich mir nur eingebildet, dass wir uns mochten, aber in der Realität war das alles nichts? Habe ich unbemerkt einen schweren Fehler gemacht, etwas Falsches gesagt? Diese Zweifel und Grübeleien können auch dauerhaft belasten, denn man hat kein Gegenüber, mit dem man etwas klären oder zumindest seine Wahrnehmung bestätigen oder korrigieren könnte.

Auf soziale Verträglichkeit achten

Bei Trennungen sollte man sich immer bewusst machen, dass sie für alle sehr belastend sind. Von anderen Menschen getrennt zu sein, denen man sich zugehörig fühlte, löste schon immer Stress aus, das ist unser evolutionäres Erbe: Unsere Vorfahren mussten mit dem Tod rechnen, wenn sie von der Gruppe getrennt oder ausgestoßen wurden.

Deshalb sollten wir viel dafür tun, um uns sozial verträglich zu trennen. Man kann an das bekannte Sprichwort denken: "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg' auch keinem andern zu." Fragen Sie sich: Würde ich so behandelt werden wollen? Und auch: Werde ich hinterher in den Spiegel schauen können?

Denn es geht hier nicht nur um ein verantwortungsvolles soziales Miteinander und Rücksicht auf die Gefühle des Gegenübers. Es geht auch um die eigene Person. Wortlos aus einer Beziehung zu verschwinden oder andere Formen einer unklaren Trennung sind dann meist doch nicht so einfach wie man hoffte. Wenn eine Beziehung keinen Abschluss findet, ist sie meist auch innerlich noch aktiv. Dann grübelt man mit kreisenden Gedanken, führt innere Dialoge und findet keine Ruhe.

Veränderung ist normal

Um eine Beziehung zu beenden, ist es wichtig, sich innerlich frei zu fühlen: Es ist okay, sich zu entfernen oder den Kontakt abzubrechen. Vergegenwärtigen Sie sich, dass Entwicklungswege und Lebenssituationen in sehr verschiedene Richtungen gehen können. In einer Freundschaft bekommt vielleicht eine nacheinander drei Kinder, die andere bleibt ungewollt kinderlos. Ein anderer macht einen Karriereschritt nach dem anderen in seiner Firma und gerät in den Rausch des beruflichen Erfolgs, der Freund entscheidet sich für Downsizing und stellt Zeit vor Geld.

Forschungsergebnisse über soziale Netze können Ihnen vielleicht helfen, denn sie entlasten: Es herrscht ein Kommen und Gehen in sozialen Netzen, vor allem bei den weiter entfernten Kontakten: Einer rückt näher, ein anderer entfernt sich, das Netzwerk ist ständig in Bewegung.

Fragen Sie sich, was es Ihnen so schwer macht, offen abzusagen oder zu beenden: Ist es die Angst, das Gegenüber zu enttäuschen? Haben Sie innere Verbote, sich zu trennen? Haben Sie einen Glaubenssatz, dass man sich ewig treu bleiben müsse? Gibt es Angst vor Streit und Vorwürfen? Stellen Sie ein Zusammenbleiben über Ihre eigenen Entwicklungswünsche und wenn ja, warum?

Gespräch über die Trennung: Machen Sie's konkret!

Überlegen Sie sich, wie Sie ein klärendes oder trennendes Gespräch führen möchten:

  • Wie formulieren Sie Ihre Trennungsabsicht – ganz konkret, Wort für Wort?
  • Wollen Sie Kritik noch ansprechen und aus welchen Gründen? Erhoffen Sie sich zum Beispiel Entlastung oder Genugtuung davon? Ist es realistisch, dass sich die Hoffnung erfüllt?
  • Oder behalten Sie die Vorwürfe für sich und verabschieden Sie sich innerlich, um nicht unnötig Streit und andere schwierige Situationen zu provozieren, wenn es doch ohnehin nichts mehr ändern würde?
  • Wofür sind Sie der anderen Person dankbar? (Irgendetwas gibt es immer) Möchten Sie es ihr sagen – und wenn ja, wie formulieren Sie es?
  • Wo ist noch Spielraum, dass sich die Beziehung in einer anderen Form fortsetzen könnte, falls sich ein konstruktives Gespräch entwickelt? Kann aus der Partnerschaft irgendwann eine Freundschaft werden? Aus der engen kollegialen Zusammenarbeit eine emotional distanziertere, aber vielleicht weiterhin fachlich konstruktive?
  • Wie gestalten Sie die Trennung, was gemeinsame Freunde und Freundinnen betrifft, wenn Sie sich zum Beispiel in anderen Situationen zufällig begegnen?

Was noch zu einer guten Trennung gehört

  • Sich unabhängig zu fühlen, ist eine der Grundvoraussetzungen, um den Gedanken an eine Trennung überhaupt in Erwägung zu ziehen. Wenn Sie finanziell, emotional und alltagspraktisch auf eigenen Beinen stehen (könnten), wird eine Trennung oft überhaupt erst konkret. In einer Partnerschaft geht es um Fragen des Wohnens, gemeinsamer Kinder oder der finanziellen Situation bis hin zu der Frage, wer den Hund nimmt.
  • Die eigene Klarheit hilft, fest zu der einmal getroffenen Entscheidung zu stehen und sich nicht überreden zu lassen.
  • Der Gedanke an die guten Gründe, warum man in einer Partnerschaft oder Freundschaft war, hilft dabei, sich in Liebe und Freundschaft zu trennen, trotz allem.
  • Um die Zeit nach einer Trennung nicht wie ein schwarzes Loch zu sehen, ist es wichtig, eine möglichst positive Vision der Zukunft ohne die andere Person zu entwickeln. Was passiert nach der Trennung? Was soll neu im Leben stattfinden? Welche neuen Menschen sollen darin vorkommen?

Um Trennungen und Konflikte kommen wir nicht herum, sie gehören zum sozialen Miteinander. Je konkreter Sie also wissen, was Sie sagen und wie Sie sich verhalten wollen, desto klarer wird die Trennung verlaufen und desto mehr positive und ermutigende Erfahrungen werden Sie daraus mitnehmen.

Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, ihr Leben mit modernsten Methoden der Psychologie innerlich frei und ohne Blockaden besser und gesünder zu gestalten. Ihre Self-Care- und Coaching-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin und online statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Tina Soliman: Ghosting. Vom spurlosen Verschwinden des Menschen im digitalen Zeitalter. Klett-Cotta, Stuttgart 2019
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