Leistung, Termindruck, Probleme Dieses Geschlecht ist anfälliger für einen Burn-out
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Knapp 90 Prozent der Deutschen fühlt sich gestresst. Das geht aus einer aktuellen Umfrage hervor. Knapp die Hälfte der Befragten berichtet sogar über Burn-out-Symptome. Besonders betroffen ist ein Geschlecht.
Hohe Leistungsanforderungen, Termindruck, Probleme mit Kollegen: Das Potenzial an Stressfaktoren im Job ist hoch. Auf längere Sicht wirken sich die Belastungen auch auf die körperliche und seelische Gesundheit aus. Das spiegelt sich in einer aktuellen Untersuchung des Versicherungsunternehmens Swiss Life wider.
Die Ergebnisse basieren auf Daten, die im April dieses Jahres analysiert wurden. Sie berücksichtigen die Angaben von 1.600 Frauen und knapp 1.500 Männern, die zu ihrer Arbeitssituation und ihrem Vorsorgeverhalten befragt wurden. Von den Befragten gaben 89 Prozent an, in den vergangenen Monaten erheblich unter Stress gelitten zu haben. 44 Prozent berichten sogar von Burn-out-Symptomen.
Bei Frauen führt Stress öfter in einen Burn-out
Im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage, die Swiss Life 2020 durchführen ließ, hat das Stresslevel bei Männern und Frauen deutlich zugenommen. Waren es damals 84 Prozent der Frauen, die über Stress klagten, berichteten 2021 bereits 93 Prozent davon. Bei den Männern zeigte sich innerhalb eines Jahres ebenfalls ein Zuwachs: 84 Prozent fühlen sich aktuell gestresst. Zum Vergleich: 2020 waren es 76 Prozent.
Etwa die Hälfte der befragten Frauen (51 Prozent) gab an, Burn-out-Symptome erlebt zu haben. Bei den Männern war es etwa jeder Dritte (37 Prozent).
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Kranke Psyche ist Hauptauslöser für Berufsunfähigkeit
Psychische Erkrankungen wie Burn-out, Depressionen und Angststörungen sind die häufigste Ursache für vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben. Jeder dritte Fall von Berufsunfähigkeit (37 Prozent) geht der Untersuchung zufolge darauf zurück.
Gründe für Stress im Job: Zeitdruck und Arbeitsmenge
Die Hauptgründe für Stress sind unterschiedlich: Die befragten Frauen der Swiss Life-Analyse nennen neben Zeitdruck bei der Arbeit (56 Prozent) und der Arbeitsmenge (42 Prozent) auch den fehlenden Ausgleich durch Freizeitaktivitäten, bedingt durch die Corona-Pandemie (35 Prozent).
Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes (17 Prozent), eine unangenehme Arbeitsatmosphäre (24 Prozent), die Arbeit im Homeoffice (14 Prozent) und die Kinderbetreuung (6 Prozent) spielen laut Umfrage hingegen eine eher untergeordnete Rolle.
Stressbewältigung ist auch eine Typfrage
Der Umgang mit Stress ist aber individuell unterschiedlich, wie die Auswertung zeigt: 41 Prozent schwören auf Entspannungsübungen und etwa jeder Dritte (32 Prozent) bewegt sich mehr.
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Nur wenige reden allerdings offen über ihren erhöhten Stresspegel. So gaben lediglich 4 Prozent an, ihren Arbeitgeber darüber informiert zu haben und nur 9 Prozent suchten einen Arzt oder Therapeuten auf, um Hilfe zu bekommen.
Lässt Corona den Stresspegel steigen?
Wo die Ursachen des Stressanstiegs liegen, lässt die Untersuchung der Swiss Life offen. Wissenschaftliche Studien deuten jedoch darauf hin, dass es Zusammenhänge zwischen dem persönlichen Stressempfinden und der Corona-Pandemie gibt. Laut einer im Fachmagazin "Globalization and Health" veröffentlichten Metaanalyse haben weltweit psychische Belastungen im Zuge der Krise zugenommen. Zu den Folgen zählen vor allem Angststörungen und Depressionen.
Eine weitereMetastudie am Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz, in der über 100 Einzelstudien mit 208.261 Patienten ausgewertet wurden, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Dabei wurde festgestellt, dass ältere Menschen sowie Menschen mit einem soliden Einkommen entspannter mit der Krisensituation umgehen.
Die meisten Studien, die in diese Mainzer Metaanalyse einflossen, wurden allerdings während der ersten Welle der Pandemie durchgeführt. Wie sich die psychische Befindlichkeit bis heute weiterentwickelt hat und ob die Zahl stressbedingter Erkrankungen nach der dritten Welle zugenommen hat, lässt sich nach Aussage des Studienleiters Professor Klaus Lieb noch nicht abschließend beurteilen. Es gebe aber erste Hinweise darauf, dass psychische Störungen zugenommen haben.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Swiss Life Deutschland und YouGov Deutschland, Online-Befragung von 3.131 Personen, darunter 1.025 Führungskräfte, 1.066 Beschäftigte ohne Führungsverantwortung und 1.030 Studierende, April 2021
- Studien: Stress und psychische Probleme haben in der Pandemie zugenommen. Online-Artikel in "Ärzteblatt", 4.5.2021
- Geringere Chancen auf ein gesundes Leben (...). Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Wochenbericht 6 / 2021, S. 80-88