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Angeborene Herzanomalie
WPW-Syndrom – welche Therapie die Symptome stoppen kann


Aktualisiert am 02.05.2024Lesedauer: 5 Min.
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Mann greift mit einer Hand an seine Brust und stützt sich mit der anderen an einer Wand abVergrößern des Bildes
Mann greift mit einer Hand an seine Brust und stützt sich mit der anderen an einer Wand ab: Das beim WPW-Syndrom typische anfallartige Herzrasen kann mit Schwindel und Brustschmerzen einhergehen. (Quelle: Liubomyr Vorona/getty-images-bilder)

Herzrasen kann harmlos bis gefährlich sein. Als eher gutartig gilt es, wenn das WPW-Syndrom dahintersteckt. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier.

Das Wolff-Parkinson-White-Syndrom – kurz: WPW-Syndrom – entsteht infolge einer angeborenen Herzanomalie. Dabei sieht das Herz meist unauffällig aus. Sein elektrisches Leitungssystem, das die Herzvorhöfe und Herzkammern in bestimmter Reihenfolge erregen und so regelmäßige Herzschläge bewirken soll, ist jedoch gestört:

  • Normalerweise leitet nur der AV-Knoten, der ungefähr in der Herzmitte liegt, elektrische Impulse von den Vorhöfen an die Kammern weiter.
  • Beim WPW-Syndrom besitzt das Herz mindestens eine weitere Verbindung zwischen Vorhof und Kammer, die eine Art Kurzschluss bildet.
  • Diese zusätzliche Leitungsbahn kann elektrische Impulse rasch zurückleiten und so zu einer kreisenden Erregung führen, die Herzrasen auslöst.

Bis zu drei von 1.000 Menschen haben das WPW-Syndrom, darunter etwa zweimal mehr Männer als Frauen. Die Diagnose erfolgt überwiegend im Säuglings- bis jungen Erwachsenenalter. Grundsätzlich kann sich das Syndrom aber in jedem Alter bemerkbar machen.

WPW-Syndrom: Welche Symptome sind typisch?

Wiederholtes anfallartiges Herzrasen ist kennzeichnend für das WPW-Syndrom. Die Symptome setzen typischerweise aus heiterem Himmel ein und können Sekunden bis Stunden andauern. Meist endet ein solcher Anfall nach einigen Minuten von selbst wieder – und zwar ebenso plötzlich, wie er begonnen hat.

Betroffene nehmen das Herzrasen hauptsächlich als unangenehm verstärktes Herzklopfen wahr. Typisch für das WPW-Syndrom ist, dass der Puls dabei zwar regelmäßig bleibt, aber zum Zählen zu schnell ist: Während eines Anfalls kann das Herz rund 150- bis 250-mal pro Minute schlagen.

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Der medizinische Fachbegriff für anfallsweise auftretendes Herzrasen lautet paroxysmale Tachykardie. Unangenehme Wahrnehmungen des eigenen Herzschlags bezeichnen Fachleute als Palpitationen.

Als direkte Folge des anfallartigen Herzrasens können beim WPW-Syndrom verschiedene Symptome hinzukommen. Dazu gehören vor allem:

  • Schmerzen in der Brust oder Druck auf der Brust
  • Atemnot
  • Schwindel
  • Benommenheit
  • Ohnmacht (eher bei älteren Menschen)
  • Angstzustände

Bei Babys und Kleinkindern kann das WPW-Syndrom durch andere Symptome auffallen. Zum Beispiel:

  • Unruhe oder Reizbarkeit
  • schnelle Atmung
  • verminderte Nahrungsaufnahme
  • blaue oder graue Haut, Lippen und Nägel (kann je nach Hautfarbe schwer erkennbar sein)

Wann sich das WPW-Syndrom durch Symptome bemerkbar macht, ist kaum vorhersehbar: Die Anfälle treten für gewöhnlich weder in regelmäßigen Abständen noch in bestimmten Situationen auf. Mal kommt das Herzrasen mehrmals täglich, mal bleibt es über längere Zeit aus – teils über Monate. Ob die Betroffenen sich körperlich anstrengen oder ruhen, scheint dabei keine Rolle zu spielen.

Schon gewusst?

Manche Menschen zeigen keinerlei Anzeichen für das WPW-Syndrom, obwohl bei ihnen die ursächliche Herzanomalie im EKG nachweisbar ist. Statt von einem Syndrom sprechen Fachleute in solchen Fällen von einem WPW-Muster.

Plötzliche Anfälle von Herzrasen können zwar beängstigend wirken, doch beim WPW-Syndrom sind die Symptome normalerweise nicht lebensbedrohlich. Daher sprechen Ärztinnen und Ärzte hierbei auch von gutartigem Herzrasen.

Doch unter bestimmten Umständen kann das eigentlich harmlose Herzrasen beim WPW-Syndrom zu ernsten Herzproblemen führen. Dieses Risiko besteht zum Beispiel bei gleichzeitig auftretendem Vorhofflimmern, einer ebenfalls nicht akut lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung, bei der das Herz sehr schnell und unregelmäßig schlägt.

Denn beim WPW-Syndrom kann die Herzrhythmusstörung über die zusätzliche Leitungsbahn leicht von den Vorhöfen auf die Kammern übergehen. In seltenen Fällen entwickelt sich daraus ein Kammerflimmern. Dann besteht akute Lebensgefahr: Ohne schnelle Behandlung endet Kammerflimmern mit dem plötzlichen Herztod.

Mehr erfahren

Lesen Sie hierzu auch "Verringert das WPW-Syndrom die Lebenserwartung?"

WPW-Syndrom: Welche Therapie hilft?

Beim WPW-Syndrom stehen zur Therapie verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, die zwei unterschiedliche Ziele verfolgen:

  • akute Anfälle von Herzrasen zu stoppen und
  • die Ursache zu beseitigen, um weitere Anfälle zu verhindern.

Akuttherapie: Herzschlag verlangsamen

Häufig enden Anfälle von Herzrasen beim WPW-Syndrom ganz ohne Therapie. Oft lässt sich ein Anfall auch vorzeitig durch verschiedene einfache Maßnahmen stoppen, die den Herzschlag verlangsamen, indem sie den Vagusnerv reizen. Fachleute bezeichnen solche Maßnahmen daher als Vagusmanöver oder Vagusstimulation. Mitunter reagiert der Nerv schon, wenn Betroffene

  • ein kaltes, feuchtes Handtuch aufs Gesicht legen,
  • schnell ein Glas kaltes Wasser trinken,
  • husten oder
  • tief atmen.

Besonders gut lässt sich der Vagusnerv durch das sogenannte Valsalva-Manöver reizen: Damit sind besondere Atemtechniken gemeint, die den Druck im Bauchraum erhöhen und so das Herzrasen beim WPW-Syndrom stoppen sollen − wie

  • tief einatmen,
  • dann für 15 Sekunden Luft anhalten,
  • dabei Mund und Nase geschlossen halten und
  • fest in den Bauch pressen (oder gegen den Widerstand kräftig ausatmen).

Gut zu wissen

Um die Wirkung des Valsalva-Manövers zu erhöhen, können Sie sich auf den Rücken legen und den Oberkörper leicht anheben. Dann etwa 15 Sekunden lang kräftig ausatmen und dabei den Oberkörper ablegen und die Beine anheben, beim anschließenden Einatmen wieder die Beine ablegen und den Oberkörper anheben.

Wenn Vagusmanöver nicht helfen und das Herzrasen beim WPW-Syndrom länger anhält, kommen zur Therapie womöglich Medikamente infrage, die gegen Herzrhythmusstörungen wirken: sogenannte Antiarrhythmika. Häufig verabreicht die Ärztin oder der Arzt das passende Mittel per Infusion – also über eine Vene direkt in den Blutkreislauf.

Hilft auch das nicht oder führt das WPW-Syndrom zu schweren Kreislaufproblemen, besteht die Therapie meist in einer Elektrokardioversion. Dabei bekommt das Herz über einen Defibrillator einen elektrischen Schock verabreicht, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. (Vorher erhält die betroffene Person Schmerz- und Beruhigungsmittel.)

Katheterablation: Herzrasen dauerhaft beenden

Wer das WPW-Syndrom dauerhaft loswerden möchte, kann eine Therapie mit einem Herzkatheter wählen. Dabei führt die Ärztin oder der Arzt den Katheter in ein Blutgefäß ein (üblicherweise über einen Zugang in der Leiste), schiebt ihn bis zum Herz vor und verödet die zusätzlichen Leitungsbahnen mithilfe von Hitze oder Kälte.

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Der Fachbegriff für diesen Eingriff lautet (Herz-)Katheterablation.

Das verödete Gewebe vernarbt und kann keine elektrischen Impulse mehr weiterleiten. Über 90 Prozent der Eingriffe verlaufen erfolgreich, womit das WPW-Syndrom als geheilt gilt. Anders gesagt: Es besteht kein Risiko mehr, dass die zusätzlichen Leitungsbahnen je (wieder) zu Herzrasen führen.

Die Behandlung mit dem Herzkatheter verläuft überwiegend problemlos. Wie jeder Eingriff ist er dennoch mit Risiken – wie Blutungen oder ungewollten Verletzungen – verbunden: Insgesamt beträgt die Komplikationsrate beim WPW-Syndrom rund ein Prozent. Schwere Komplikationen wie ein dauerhaft verlangsamter Herzschlag, Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Einblutungen in den Herzbeutel machen daran nur einen kleinen Anteil aus. Zudem sind die Komplikationen meist gut behandelbar.

Wann ist die Katheterablation ratsam?

Zeigt ein Baby Anzeichen für das WPW-Syndrom, erhält es zur Therapie zunächst eher Medikamente. Denn meist kommen die Anfälle von Herzrasen im Verlauf des ersten Lebensjahres von selbst zum Stillstand. Bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit wiederkehrendem Herzrasen raten Ärztinnen und Ärzte hingegen oft dazu, die zusätzlichen Leitungsbahnen mithilfe eines Herzkatheters veröden zu lassen.

Wer ansonsten gesund ist, kein erhöhtes Risiko für Komplikationen hat und sich durch das WPW-Syndrom nicht beeinträchtigt fühlt, benötigt diese Therapie aber nicht unbedingt. Auch für Menschen, die trotz zusätzlicher Leitungsbahn im Herz keine Symptome verspüren, ist der Eingriff mit dem Herzkatheter häufig verzichtbar.

Dringend zu empfehlen ist die Katheterablation hingegen, wenn das WPW-Syndrom immer wieder starkes Herzrasen verursacht oder mit einem erhöhten Komplikationsrisiko verbunden ist. Unter Umständen kann ein Risiko für schwere Komplikationen auch bei fehlenden Beschwerden Grund genug für die Therapie sein – beispielsweise bei Menschen mit besonders riskanten und verantwortungsvollen Tätigkeiten.

Fazit: Das Wichtigste zum WPW-Syndrom in Kürze

Typisch für das WPW-Syndrom ist anfallartiges Herzrasen. Die Symptome beginnen und enden meist plötzlich und können von weiteren Beschwerden wie Brustschmerzen, Atemnot und Schwindel begleitet sein. Die Anfälle gelten als gutartig, können aber sehr selten zu teils lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Sogenannte Vagusmanöver, Medikamente oder eine Defibrillation können das Herzrasen stoppen. Dauerhaft beheben lässt sich das WPW-Syndrom aber nur durch eine Therapie mit einem Herzkatheter.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 30.4.2024)
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