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Probiotika: Wie sie bei Reizdarm helfen können


Durchfall, Verstopfung, Blähungen
Diese Probiotika können bei Reizdarm helfen


Aktualisiert am 18.08.2024Lesedauer: 4 Min.
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Probiotika können in einigen Fällen Reizdarm-Beschwerden lindern.Vergrößern des Bildes
Probiotika können in einigen Fällen Reizdarm-Beschwerden lindern. (Quelle: stefanamer/getty-images-bilder)

Bauchschmerzen, Durchfall und Verstopfung: Unter diesen Beschwerden leiden Patienten mit einem Reizdarmsyndrom – häufig im Wechsel. Probiotika sollen helfen.

Viele Reizdarm-Patienten hoffen auf eine Behandlung, die ihre Beschwerden lindert. Einige greifen zu Probiotika, um den Darm zu beruhigen. Doch funktioniert das?

Was ist ein Reizdarm?

Unter dem Begriff Reizdarmsyndrom, kurz RDS, oder nervöser Darm werden Beschwerden wie Bauchschmerzen, Krämpfe, veränderter Stuhl, Völlegefühl und Blähungen zusammengefasst, für die es keine medizinische Erklärung gibt. Experten vermuten unter anderem, dass überempfindliche Darmnerven, Störungen der Darmmuskulatur sowie Entzündungen der Darmwand eine Rolle spielen könnten.

Auch eine erbliche Veranlagung wird diskutiert, ebenso vorangegangene Darminfektionen mit starkem Durchfall. Stress scheint ebenfalls einen Einfluss auf die Entwicklung eines Reizdarms zu haben. Heilbar ist das Reizdarm-Syndrom nicht. Die Therapie hat eine Symptomlinderung zum Ziel.

Was sind Probiotika?

Die Reizdarm-Symptome sind bei einigen Betroffenen stark ausgeprägt und werden als sehr belastend empfunden. Der große Leidensdruck erhöht den Wunsch, eine wirksame Therapie zu finden. Als natürlich, wirksam und gut verträglich werden unter anderem Probiotika zur ergänzenden Behandlung eines Reizdarms beworben. Als Probiotika werden lebende Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien oder bestimmte Hefen bezeichnet.

Sie sind in manchen Lebensmitteln natürlicherweise enthalten, zum Beispiel in naturbelassenem Joghurt, oder bestimmten Nahrungsmitteln gezielt zugesetzt. Auch werden sie in Form von Nahrungsergänzungsmitteln angeboten, um die Darmflora zu stärken, die Verdauung zu regulieren und um Magen-Darm-Beschwerden zu lindern.

"Die Darmflora setzt sich aus geschätzt zehn Billionen Bakterien zusammen, die unter anderem für die Darmfunktion eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehören zum Beispiel Milchsäurebakterien, also Laktobazillen, und Bifidobakterien", sagt Priv. Doz. Dr. med. Birgit Terjung, Ärztliche Direktorin der GFO Kliniken Bonn und Chefärztin der Abteilung für Innere Medizin – Gastroenterologie und Vorstandsmitglied der Gastro-Liga e.V.

"Beim Reizdarm kann das Gleichgewicht gesunder Darmbakterien gestört sein. Die Idee hinter Probiotika ist, eine gesunde Darmflora zu unterstützen."

Wie wirksam sind Probiotika bei Reizdarm?

Es gibt Studien, in denen Probiotika bei einigen Teilnehmern Reizdarm-Beschwerden lindern konnten. Auch wenn weitere Forschungen notwendig sind, um die Wirkung von Probiotika bei Reizdarm zu erforschen und um mehr Wissen zur Wirkung der verschiedenen Bakterienarten und den wirksamen Dosierungen zu bekommen: Die Leitlinie "Reizdarmsyndrom" steht mit Blick auf die bislang durchgeführten Untersuchungen einer Anwendung von Probiotika bei Reizdarm offen gegenüber.

Ausgewählte Probiotika könnten in der Behandlung des RDS eingesetzt werden. Die grundsätzliche Wirksamkeit von Probiotika sei in mehreren Metaanalysen und systematischen Übersichtsarbeiten sowie prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) belegt worden.

Signifikant positive Effekte beim RDS seien bei verschiedenen Bakterienstämmen gezeigt worden. Fünf Beispiele:

  1. Bifidobacterium infantis 35 624: Konnte in Studien Leibschmerzen und Blähungen verbessern.
  2. Bifidobacterium animalis DN173 010: Dieses Bakterium ist (neben anderen Lactobacillus-Stämmen) in entsprechend gekennzeichneten (Trink-)Joghurts enthalten. Bei Verstopfungspatienten konnten in Studien Blähungen und Verstopfung vermindert werden.
  3. Bifidobacterium bifidum MIMBb75: Das Präparat als Lebendkeimprodukt zeigt in Studien im Vergleich zu Placebo eine Verbesserung von Schmerzen, Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten.
  4. Lactobacillus gasseri CP2305: Bewirkte in einer Studie eine Verbesserung der Stuhlkonsistenz sowohl bei Verstopfung als auch bei Durchfall.
  5. Bacillus coagulans MTCC 5856: Zeigt in Studien positive Effekte auf Blähungen, Durchfall und abdominelle Schmerzen.

Welche Probiotika können helfen?

Verschiedene Bakterienstämme können bei verschiedenen Reizdarmbeschwerden eine mögliche Option zur ergänzenden Behandlung von Reizdarmbeschwerden sein. Reizdarm-Betroffene, die Probiotika im Rahmen ihrer Reizdarm-Therapie ausprobieren möchten, sollten sich mit ihrem behandelnden Arzt abstimmen. Ob Probiotika im individuellen Fall helfen, lässt sich nicht vorhersagen.

Wie die Leitlinie betont, erlaubt die Studienlage derzeit keine solide Voraussage, ob ein individueller Patient im Einzelfall auf ein Präparat überhaupt anspricht, gegebenenfalls in welchem Ausmaß und für welches Symptom.

Auch mit Blick auf die Dosierung bleiben Fragen offen. Die Empfehlung der Leitlinie lautet daher: "In der Konsequenz ist es sinnvoll, jeden Behandlungsversuch mit Probiotika zunächst als probatorisch zu konzipieren und nur nach überzeugender Beschwerdelinderung fortzuführen."

(Quelle: Privat)

Zur Person

Priv. Doz. Dr. med. Birgit Terjung ist Ärztliche Direktorin der GFO Kliniken Bonn sowie Chefärztin der Abteilung für Innere Medizin – Gastroenterologie. Außerdem ist die Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Ernährungsmedizin und Vorstandsmitglied der Gastro-Liga e.V.

Probiotika ohne Arzt einnehmen?

Nicht nur für Reizdarm-Patienten sind Probiotika eine mögliche Option. Auch nach einem Magen-Darm-Infekt oder der Einnahme von Antibiotika möchten viele ihre Darmflora unterstützen – oder einfach leichten Verdauungsbeschwerden entgegenwirken oder Blähungen lindern, ohne gleich zum Arzt zu gehen.

Frei verkäufliche Probiotika wollen eine positive Bakterienbesiedelung fördern. Auch wenn es keine Wirkgarantie gibt: Probiotika aus der Drogerie können laut der Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Ernährungsmedizin durchaus einen Versuch wert sein.

"Wer freiverkäufliche Probiotika kauft, sollte eines wählen, das möglichst breit aufgestellt ist. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, genau die Stämme zu erwischen, die günstig für den Darm sind", sagt Terjung. "Falsch machen können Sie in der Regel mit einer Probiotika-Kur nichts. Sie nehmen nützliche Stämme von lebenden Bakterien zu sich. Negative Veränderungen Ihrer Darmflora müssen Sie in der Regel nicht befürchten."

Welche Patienten vorsichtig sein sollten

Im Allgemeinen sind Probiotika gut verträglich. Selten kommt es zu leichten Nebenwirkungen wie Blähungen. Aufpassen sollten allerdings immungeschwächte Menschen. "Dann ist eine Absprache mit einem Arzt ratsam. Probiotika mit Bäckerhefe-Keimen sollten in diesem Fall vermieden werden. Es kann dann zu einer zu starken Vermehrung im Darm kommen", betont Terjung.

Bei anhalten Beschwerden oder verstärkter Symptomatik im Magen-Darm-Bereich sollten Betroffene immer einen Arzt kontaktieren. Das Symptombild eines Reizdarms ähnelt dem vieler anderer Magen-Darm-Erkrankungen. Eine ärztliche Abklärung ist wichtig, um möglicherweise ernste Krankheiten frühzeitig zu erkennen und Beschwerden wirksam behandeln zu können.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • gesundheitsinformation.de: "Glossar. Probiotika". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: Aufgerufen am 27. Oktober 2022)
  • gesundheitsinformation.de: "Reizdarmsyndrom". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 25. September 2019)
  • awmf.org: "Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie". Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM). AWMF-Registriernummer: 021/016. (Stand: Juni 2021)
  • gesundheitsinformation.de: "Was hilft bei Reizdarm – und was nicht?". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 25. September 2019)
  • medizin-transparent.at: "Reizdarm: Helfen Probiotika?". Online-Information von Medizin Transparent, einem Projekt von Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems. (Stand: 2. August 2021)
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