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"Winnetou"-Streit gerechtfertigt? "Das ist das völlig falsche Signal"


Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Pro und Kontra zur "Winnetou"-Entscheidung
"Davon ist noch niemand zum Rassisten geworden"

  • Steven Sowa
MeinungEin Pro & Kontra von Charlotte Koep und Steven Sowa

Aktualisiert am 23.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Pierre Brice als Häuptling Winnetou: Die Filme lockten in den 1960er-Jahren Millionen in die Kinos.Vergrößern des Bildes
Pierre Brice als Häuptling Winnetou: Die Filme lockten in den 1960er-Jahren Millionen in die Kinos. (Quelle: imago stock&people)

Der Rückruf der "Winnetou"-Bücher erhitzt die Gemüter. Doch vielleicht ist diese Debatte genau das, was unsere Gesellschaft braucht. Ein Meinungsaustausch.

Der Ravensburger Verlag hat die Auslieferung einer "Winnetou"-Kinderbuchreihe gestoppt. Das Unternehmen reagierte damit laut eigener Begründung auf die "vielen negativen Rückmeldungen" zu dem Buch "Der junge Häuptling Winnetou". Der Verlag entschuldigte sich außerdem, "die Gefühle anderer verletzt" zu haben. Mehr zu den Anschuldigungen, das Buch enthalte "verharmlosende Klischees" über die Behandlung der indigenen Bevölkerung, lesen Sie hier.

Nun stellt sich die Frage: Ist es die richtige Entscheidung von Ravensburger, die "Winnetou"-Kinderbücher vom Markt zu nehmen? Unsere Unterhaltungsredaktion diskutiert das Thema in einem Pro & Kontra.

Ja, wir sind auf einem guten Weg

Das Pro von Charlotte Koep

Der Ravensburger Verlag kann es gerade niemandem recht machen. Zuerst habe er sich "verharmlosender Klischees" bedient – dann sei er eingeknickt und habe angesichts des Shitstorms zu viel Rücksicht genommen. Doch zeugt das Verhalten des Verlages nicht eher von einer Gesellschaft, die auf einem guten Weg ist?

Der Verlag hätte den Verkauf der Bücher stur durchführen und die Kritik der Öffentlichkeit geflissentlich ignorieren können. Es wäre schließlich nur ein vorüberziehender Gegenwind gewesen, den man ob der verlockenden Einnahmen einfach gewinnbringend über sich ergehen lassen könnte. Kein tolles Verhalten, oder?

Stattdessen nahm der Verlag die Reaktionen ernst – traf daraufhin eine Entscheidung und machte diese öffentlich. Dies zeugt von einer Empathie und Offenheit, an der es nur allzu oft mangelt. Gleichzeitig machte man etwas, was viele Menschen und Institutionen kaum gewillt zu tun sind: Man räumte Fehler ein. In ähnlichen Situationen reden sich viele sonst nur um Kopf und Kragen – Hauptsache, man muss nicht die eigenen Fehlentscheidungen zugeben.

Das Verhalten des Verlags sollte ein Beispiel dafür sein, wie wir mit Widerstand und verschiedenen Meinungen umgehen müssen. Und zwar nicht als massives Problem, welches die Gesellschaft spaltet – sondern als Möglichkeit, voneinander zu lernen und zu wachsen.

Nein, Verbannung ist das falsche Signal

Das Kontra von Steven Sowa

Verstecken, verschweigen und vergessen: Das scheint die Strategie hinter der "Winnetou"-Verbannung von Ravensburger zu sein. Ein kindlicher Reflex, aber keine reife Leistung. Fast wäre das Kalkül aufgegangen. Zwölf Tage hat es von der Verkündung bis zum Aufschrei gedauert.

Und dieser ist viel zu laut. Aus erwartbaren Ecken tönt es nun, die Meinungsfreiheit sei in Gefahr und wir unterwürfen uns einer "militanten Minderheit". Doch das sind Übertreibungen mit Schaum vor dem Mund. Sie verkennen das eigentliche Problem.

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Eine Gesellschaft lebt von Widerspruch und Meinungspluralität. Eine Verbannung ist also das falsche Signal. Es liefert den erwähnten Schreihälsen nur Wasser auf die Mühlen ihres "cancel culture"-Getöses. Wieder ein Beispiel mehr, mit dem sie sich in ihrem Glauben bestärkt sehen, nur vermeintlich linke Gedanken seien heutzutage noch salonfähig.

Ravensburger hätte einen besseren Weg gehen müssen. Wenn das Lektorat von "Der junge Häuptling Winnetou" versagt, bleibt nur eine Möglichkeit: Eine neue Auflage produzieren. Eine mit Hinweisen im Text oder einer Erklärung im Vorlauf. Es ist noch niemand zu einem Rassisten geworden, weil er Karl-May-Abenteuer über Indianer gelesen hat. Aber es ist gut, sich bewusst zu machen, dass diese Erzählungen einer unbedarften Fantasie entsprungen sind – und nicht dem Studium der Realität.

Kein Bannfluch führt zu einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung. Es sind Kontextualisierung und Erläuterung, die uns im Leben weiterbringen.

Verwendete Quellen
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