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Europawahl: Warum sind die Grünen so schwach? | Umfrage


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Exklusive Umfrage zur Europawahl
Warum sind die Grünen so schwach?


13.02.2024Lesedauer: 3 Min.
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Vizekanzler Robert Habeck (Grüne): Ihre Rolle in der Bundesregierung schadet den Grünen, glaubt Insa-Geschäftsführer Hermann Binkert. (Quelle: dts Nachrichtenagentur/imago-images-bilder)

Bei der Europawahl im Juni könnten die deutschen Grünen die Hälfte ihrer Sitze verlieren. Das zeigt eine aktuelle Insa-Umfrage im Auftrag von t-online. Warum ist das so?

Vor fünf Jahren, 2019, ritten die Grünen auf einer Welle. An der Seite von Greta Thunberg und Fridays for Future gingen sie mit Zehntausenden Demonstranten gegen die Klimapolitik der Großen Koalition auf die Straße. Bei der Europawahl im Mai erzielten sie mit 20,5 Prozent ihr bis heute bestes Ergebnis bei einer Europa- oder Bundestagswahl, deutlich vor der SPD und nur knapp hinter CDU und CSU.

Und heute? Ist die Welle abgeebbt. Die Grünen streiten sich mit Koalitionspartner FDP über Sondervermögen und Kindergrundsicherung, während Fridays for Future mit Antisemitismus-Vorwürfen statt mit Großdemonstrationen Schlagzeilen macht. Und sie drohen bei der kommenden Europawahl die Hälfte ihrer Sitze zu verlieren.

Das legt eine neue repräsentative Umfrage zur Europawahl nahe, die das Meinungsforschungsinstitut Insa für t-online durchgeführt hat. Demnach kämen die Grünen derzeit auf 10,5 Prozent der Stimmen. Wieso schneiden sie so schlecht ab? Was ist heute anders als vor fünf Jahren?

"Die breite Bindungskraft hat nachgelassen"

Insa-Geschäftsführer Hermann Binkert sieht das schlechte Umfrageergebnis vor allem im Licht der Bundespolitik. "Der größte Unterschied ist, dass die Grünen heute in der Regierung sind und nicht mehr in der Opposition", sagt er. "Aus der Regierung heraus ist es für sie schwieriger, Zustimmung gewinnen." In aktuellen bundesweiten Umfragen stehen die Grünen ähnlich schlecht da, Insa sieht sie bei 12,5 Prozent, YouGov bei 12.

Die Grünen haben 2019 mehr Wähler über ihr Stammpotenzial hinaus mobilisieren können als derzeit, sagt Binkert. "Bei der letzten Europawahl waren die Grünen für alle 'die Guten', von Menschen mit sozialistischen Einstellungen bis zu Wertkonservativen." Diese "breite Bindungskraft" habe nachgelassen, "auch aufgrund des Stempels, den die Grünen der Regierungspolitik mit aufgedrückt haben".

Als Beispiel nennt Binkert das Heizungsgesetz. "Das, was sie durchsetzen, stößt nicht auf große Zustimmung. Die einen sind verärgert, weil es nicht weit genug geht, die anderen, weil es ihnen zu weit geht." 2019, aus der Opposition heraus, sei den Grünen dieser Spagat, wie Binkert sagt, besser gelungen.

Andere Themen überlagern den Klimaschutz

Aber warum spielen die bundespolitischen Leistungen der Grünen überhaupt eine Rolle für die Europawahl? "Ich glaube, dass die Europapolitik für die meisten Bürger zu Unrecht eine geringere Bedeutung hat", sagt Insa-Chef Binkert und fügt hinzu: Die Bürger nutzen die Wahl, um an die Bundespolitik "Denkzettel" zu verteilen.

In der Meinungsforschung ist dieses Phänomen als "Nebenwahl" bekannt und gut dokumentiert. Demnach greifen Wählerinnen und Wähler bei ihrer europäischen Wahlentscheidung auf ihre nationale Präferenz zurück, weil sie sich etwa in der Europapolitik nicht genug auskennen oder aber ein Signal an die Bundespolitik senden wollen.

Dazu kommt: Klimaschutz, der Kern der Grünen, hat für die Wählerinnen und Wähler derzeit eine geringere Relevanz als noch vor fünf Jahren. Das zeigen etwa Zahlen des Politbarometers der "Forschungsgruppe Wahlen": Im Mai 2019, kurz vor der vergangenen Europawahl, nannten 30 Prozent der Befragten den Klimaschutz als wichtigstes Problem. Zuletzt waren es nur noch 15 Prozent. "Jetzt gibt es andere Themen, die den Klimaschutz überlagern, Migration, Inflation", sagt Binkert. "Da schaffen es die Grünen nicht zu überzeugen, auch ihre ureigenen Wähler nicht."

Hilft Reintkes Spitzenkandidatur?

Bleibt die Frage, wie die Grünen aus dem Umfragetief wieder herauskommen können. Mit der EU-Abgeordneten Terry Reintke wurde jüngst eine Deutsche von der Grünen Europapartei zur Spitzenkandidatin für die kommende Wahl gekürt. "Der Union und der CSU hat es beim letzten Mal genutzt, dass mit Manfred Weber ihr Spitzenkandidat vorne war", sagt Meinungsforscher Binkert. Weber hatte 2019 die Europäische Volkspartei, der CDU und CSU angehören, ins Rennen geführt. "Ich bin aber nicht so sicher, ob die Spitzenkandidatin der Grünen in der breiten Bevölkerung so bekannt ist", sagt Binkert.

Dazu kommt, dass die anderen deutschen Parteien keine unbekannten Gesichter zu ihren nationalen Spitzenkandidaten gewählt haben: Für die FDP etwa tritt Verteidigungspolitikerin und Talkshow-Dauergast Marie-Agnes Strack-Zimmermann an, an der Spitze der SPD steht Europaparlamentspräsidentin Katharina Barley. Und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dürfte die EVP in die Europawahl führen, auch wenn ihre offizielle Nominierung noch aussteht.

Verwendete Quellen
  • Insa-Befragung in Deutschland vom Februar 2024
  • Telefon-Interview mit Hermann Binkert
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