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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rhythmusstörung Herzklappen-OP: Wann sie nötig ist und wie sie abläuft
Das menschliche Herz hat vier Herzklappen. Werden diese Klappen undicht oder verengen sich, wird das Herz auf Dauer geschädigt.
Zwei der Herzklappen liegen direkt zwischen den Vorhöfen und Herzkammern. Zwei befinden sich hinter den Öffnungen der Herzkammern und verbinden das Herz mit der Lungenschlagader sowie der Aorta. Bei Verengungen oder undichten Klappen ist oft ein Eingriff notwendig. Es gibt verschiedene Verfahren, um geschädigte Klappen zu behandeln.
Was sind die Herzklappen?
Im menschlichen Herzen liegen vier Herzklappen. Sie sorgen dafür, dass bei jedem Herzschlag die richtige Menge Blut in die richtige Richtung fließt. Zwei Herzklappen sitzen in der rechten und zwei in der linken Herzhälfte. Die beiden Taschenklappen sind die Pulmonalklappe und Aortenklappe und finden sich an den Ausgängen des Herzens – der Lungenarterie und der Hauptschlagader (Aorta). Die beiden Segelklappen heißen Trikuspidalklappe und Mitralklappe und befinden sich jeweils zwischen Vorhof und Herzkammer.
Arbeiten die Herzklappen nicht mehr richtig, ist die Leistung des Herzens eingeschränkt. "Häufige Beschwerden sind Luftnot, Herzrhythmusstörungen, eine deutlich eingeschränkte Belastbarkeit und verstärkte Wassereinlagerungen", sagt Professor Jan Gummert, Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen (Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum) und Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung e.V.
"Medikamente können helfen, in leichten Fällen die Symptome zu lindern. Bei höheren Schweregraden ist eine Operation notwendig. Manchmal können die Herzklappen im Rahmen des Eingriffs repariert werden. Manchmal müssen sie durch eine Klappenprothese ersetzt werden."
Was schädigt die Herzklappen?
Verschiedene Einflüsse können dazu führen, dass die Herzklappen nicht mehr richtig schließen oder sich verengen. Häufig sind es altersbedingte Verkalkungen, welche die Funktion vor allem der Aortenklappe beeinträchtigen. Auch können Herzklappenfehler angeboren sein.
Bakterien stellen für die Herzklappen ebenfalls ein Risiko dar. Eintrittspforten in den Körper können entzündetes Zahnfleisch, Hautverletzungen und offene Wunden sein. Über den Blutstrom werden die Bakterien zu den Herzklappen getragen.
Befallen sie die Klappen, verursachen sie eine Entzündung, welche das Gewebe schädigt. "Haben die Herzklappen bereits eine Vorschädigung, ist das Risiko größer, dass sich Bakterien ansiedeln", so der Herzchirurg. "Bei Herzklappenschäden, welche durch Bakterien verursacht sind, ist sehr häufig ein Klappenersatz notwendig."
Herzklappen-Operation: Reparieren oder neue Herzklappe?
Abhängig vom Grad der Schädigung und dem Gesundheitszustand des Patienten überlegt ein Herz-Team, bestehend aus Fachärztinnen und -ärzten der Herzchirurgie, Kardiologie und Anästhesiologie, welches Therapieverfahren im individuellen Fall am sichersten und erfolgversprechendsten für den Patienten ist.
Um die Funktionsfähigkeit der Herzklappen wiederherzustellen, stehen verschiedene Therapieverfahren zur Verfügung. Ist eine Herzklappe undicht, können Mediziner diese häufig reparieren und erhalten (Herzklappenrekonstruktion). Ist die Klappe stark verengt (Klappenstenose), ist es notwendig, diese zu entfernen und durch eine Prothese zu ersetzen.
"Die Aortenklappe beispielsweise ist die Herzklappe, die besonders häufig verkalkt und sich verengt. Mediziner sprechen von Aortenklappenstenose. Bei der Mitralklappe hingegen findet sich häufig eine Schließunfähigkeit. Diese wird als Mitralklappeninsuffizienz bezeichnet", erklärt Gummert. "Bei der Aortenklappen wird im Rahmen einer Operation in den meisten Fällen der Kalk entfernt und eine Klappenprothese eingesetzt. Eine erweiterte Mitralklappe kann oftmals repariert werden."
Univ.-Prof. Dr. med. Jan Gummert ist Ärztlicher Direktor und Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen (Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum) und Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung e.V.
Biologischer und künstlicher Klappenersatz: der Unterschied
Muss die Herzklappe ausgetauscht werden, stehen dem Arzt mechanische und biologische Prothesen zur Verfügung. Der biologische Klappenersatz besteht aus Schweine- oder Rindergewebe, genauer Schweineaortenklappe- oder Rinderherzbeutelgewebe. Das Gewebe wird mit speziellen Konservierungsverfahren behandelt und kann daher vom Körper nicht abgestoßen werden. Künstliche, mechanische Herzklappen hingegen bestehen aus Metall.
"Die mechanische Herzklappen-Prothese ist sehr robust und hält dauerhaft. Allerdings müssen die Patienten ihr Leben lang den Blutverdünner Marcumar einnehmen, damit sich keine Blutgerinnsel an den Klappen bilden", sagt Gummert.
"Bei biologischen Herzklappen müssen keine Blutverdünner eingenommen werden. Allerdings können sie verkalken. Doch auch biologische Prothesen haben eine gute Haltbarkeit. Bei den über 65-Jährigen sind nach 20 Jahren noch bis zu 80 Prozent der eingesetzten biologischen Aortenklappenprothesen funktionsfähig."
Braucht es für den Herzklappenersatz eine offene Operation?
Damit die Herzklappe repariert oder ausgetauscht werden kann, muss sich das Behandlungsteam Zugang zum Herzen verschaffen. Grob lassen sich zwei Operationsverfahren unterscheiden:
- die klassische Operation
- der kathetergestützte Eingriff
Bei der klassischen Operation operiert der Chirurg am offenen Herzen, das heißt, er öffnet das Brustbein. Der Patient bekommt eine Vollnarkose. Eine Herz-Lungen-Maschine übernimmt während der offenen Operation die Aufgaben des Herzens und der Lunge und versorgt den Körper mit sauerstoffreichem Blut.
Beim katheterunterstützten Eingriff sucht sich der Herzspezialist über ein Blutgefäß den Weg zum Herzen. Meist wird der dünne Schlauch, über den die Instrumente mitsamt der neuen Herzklappe eingeführt werden können, von der Leistenschlagader bis zum Herzen vorgeschoben. Möglich ist auch, über eine Öffnung im Bereich der Rippen zum Herzen zu gelangen. Ein kathetergestütztes Verfahren zur Reparatur der Mitralklappe ist das sogenannte Mitra-Clip-Verfahren.
Dabei wird ein Katheter durch eine Vene in der Leiste über die Vorhofscheidewand bis in das linke Herz geführt. Unter Röntgendurchleuchtung und Ultraschallkontrolle setzt der Herzspezialist einen Clip zwischen den beiden Segeln der Mitralklappe, um die undichte Stelle zu verkleinern. Bei Aortenklappenstenosen kann eine sogenannte Transcatheter Aortic Valve Implantation, kurz TAVI, eingesetzt werden.
Wann kommt welches Verfahren häufig zur Anwendung?
Welches Verfahren Anwendung findet, ist immer vom individuellen Fall abhängig: Welche Herzklappen sind betroffen? Wie groß ist der Schaden? Können die Klappen repariert werden oder müssen sie ausgetauscht werden? In welcher Gesundheitssituation ist der Patient? "Standard ist der klassische herzchirurgische Eingriff. Kathetergestützte Verfahren werden häufig bei älteren Menschen genutzt, wenn ein erhöhtes Operationsrisiko vorliegt.
Jedes Verfahren bietet Vorteile, aber auch Risiken. Wichtig ist, dass sich ein interdisziplinäres Herz-Team – bestehend aus Kardiologen und Herzchirurgen, über die beste Therapieform für den Patienten verständigt", betont Gummert. "Ziel des Eingriffs ist immer, eine möglichst normale Herzfunktion wiederherzustellen."
Hinweis: Interessierte können die Broschüre "Herzklappenerkrankungen – Welche Behandlung bei Herzklappenfehlern?" der Deutschen Herzstiftung e.V. kostenfrei erhalten über die Website: www.herzstiftung.de/bestellung, über E-Mail: bestellung@herzstiftung.de (Betreff Herzklappen) oder per Telefon unter 069 955128-400.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- herzstiftung.de: "Herzklappenoperation: Die Verfahren im Überblick". Online-Information der Deutschen Herzstiftung e.V. (Stand: 24. November 2021)
- herzstiftung.de: "Herzklappenersatz: Besser chirurgisch oder per Katheter?". Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung e.V. (Stand: 24. November 2021)
- leitlinien.dgk.org: "Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) zur kathetergestützten Aortenklappenimplantation (TAVI) 2020". Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK). (stand: 2020)
- youtube.com: "Herzklappen: Ventile im Lebensmotor Herz". Online-Video der Deutschen Herzstiftung e.V. (Stand: Aufgerufen am 19. Oktober 2022)
- youtube.com: "Aortenklappenstenose: Wann ist ein Eingriff notwendig?". Online-Video der Deutschen Herzstiftung e.V. (Stand: Aufgerufen am 19. Oktober 2022)
- gesundheitsinformation.de.: "Wie funktioniert das Herz?". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 16. Januar 2019)