Experten schlagen Alarm So bedroht der Waschbär heimische Tierarten
Heimische Tierarten werden von einem Allesfresser mit "Zorro-Maske" bedroht. Der Waschbär breitet sich aus. Eine Diskussion ist entbrannt.
Mit ihrer zunehmenden Verbreitung stellen Waschbären in Deutschland ein wachsendes Problem dar. Die Allesfresser, die durch ihre charakteristische Zorro-Maske bekannt sind, stören nicht nur die Nachtruhe in Wohngebieten, sondern bedrohen auch den Bestand heimischer Tierarten.
Der Wildtierbiologe Norbert Peter von der Universität Frankfurt erklärt: "Waschbären fressen immer das, von dem am meisten da ist". Im Rahmen des Verbundprojektes Zowiac untersucht er mit seinem Team das Jagdverhalten von Waschbären in ausgewählten Naturschutzgebieten. Insbesondere im Frühjahr sind Amphibien häufig Ziel der Waschbären, was laut Peter "Auswirkungen haben kann auf bedrohte Arten".
Zwei Millionen Waschbären in Deutschland
Schätzungen zufolge gibt es mittlerweile bis zu zwei Millionen Waschbären in Deutschland und deren Zahl steigt weiterhin. Ihre Ursprünge in Europa gehen auf die Aussetzung zweier Waschbärpaare am 12. April 1934 am nordhessischen Edersee zurück, sowie auf eine Pelztierfarm bei Strausberg in Brandenburg, wo einige Tiere 1945 nach einem Bombentreffer flohen.
"Waschbären sind inzwischen in fast ganz Deutschland anzutreffen", bestätigt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband (DJV). Besonders verbreitet seien sie laut ihm in Nordhessen, Südniedersachsen und Brandenburg. Im Jagdjahr 2022/23 wurden bundesweit offiziell 202.821 Waschbären getötet.
Die intelligenten und anpassungsfähigen Tiere können hervorragend klettern und schwimmen, was ihnen ermöglicht viele ökologische Nischen zu besetzen und anderen Arten den Lebensraum streitig zu machen oder sie zu fressen, so Reinwald.
Abschießen oder heimisch machen?
In bestimmten Gebieten sieht auch Peter einen Prädationsdruck von Waschbären auf geschützte Amphibien und Reptilien, der für diese Arten teilweise bestandsbedrohend ist. Denn Waschbären sind Allesfresser und jagend auch heimische Amphibien- und Reptilienarten. Es wurden sogar Reste von Ringelnattern sowie eine stark gefährdete Äskulapnatter in Mageninhalten der Waschbären gefunden.
Die Frage, wie mit den possierlichen Plagegeistern umzugehen ist, bleibt jedoch offen. Während Reinwald die Jagd als effektive Maßnahme zur Reduzierung der Bestände sieht und fordert: "Die Politik muss sich zur Jagd als Artenschutz-Instrument bekennen", steht Julian Heiermann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) dieser Methode skeptisch gegenüber: "Eine verstärkte Fallenjagd ist kein probates Mittel, um das Problem zu lindern."
Der Nabu plädiert stattdessen dafür, die Lebensräume der heimischen Tierarten zu stärken. "Dazu müssen wir ihren Lebensraum stärken. Dann können sie sich wieder besser reproduzieren und Ausfälle besser kompensieren", so Heiermann. Die Tiere benötigen geschützte und vielseitige Lebensräume, um sich ernähren, verstecken und fortpflanzen zu können.
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- Nachrichtenagentur dpa