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Fruchtbarkeitstests für Frauen


Die biologische Uhr tickt
Eierstockreserve: Was Fruchtbarkeitstests bringen

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 30.08.2016Lesedauer: 5 Min.
Wie viel Zeit bleibt noch für die Familienplanung? Fruchtbarkeitstests für Frauen können dazu Hinweise liefern.Vergrößern des Bildes
Wie viel Zeit bleibt noch für die Familienplanung? Fruchtbarkeitstests für Frauen können dazu Hinweise liefern. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Erst die Karriere, dann die Kinder - in der Theorie kann das ein guter Plan sein, in der Praxis erweist er sich oft als das traurige Ende eines Kinderwunsches, denn im Laufe der Jahre nimmt die Fruchtbarkeit der Frau ab. Es gibt Tests, die vorhersagen sollen, wie fruchtbar eine Frau in den nächsten Jahren sein wird. Die Elternredaktion von t-online.de ist der Frage nachgegangen, wie aussagekräftig diese Tests wirklich sind.

Männer haben es in dieser Hinsicht eindeutig besser, ihr Samen wird lebenslang produziert. Frauen dagegen bringen von Geburt an eine bestimmte Anzahl von Eibläschen (Follikeln) mit, die dann im Laufe der gebärfähigen Phase kontinuierlich abnimmt. Bereits bis zur 20. Schwangerschaftswoche haben sich bei einem ungeborenen Mädchen rund sieben Millionen Follikel entwickelt. Bis es auf die Welt kommt, hat die Natur schon etwa sechs Millionen "aussortiert".

Von sieben Millionen Eiern kommen nur 400 zum Eisprung

Kommt ein Mädchen in die Pubertät, beherbergen seine Eierstöcke noch circa 300.000 bis 400.000 Follikel. Zwar gelangen pro Zyklus nur eine Eizelle, vielleicht auch zwei, ganz selten mal drei zur Reife - aber etwa 1000 weitere begleiten den Vorgang und sind somit verbraucht. "Man vermutet, dass der Körper letztendlich nochmal eine Auswahl nach Qualität trifft", erklärt Frank Nawroth vom Facharzt-Zentrum für Kinderwunsch, Pränatale Medizin, Endokrinologie und Osteologie in Hamburg. "Bis zum Ende der fruchtbaren Jahre kommt es insgesamt nur circa 400-mal zum Eisprung."

Fruchtbarkeit ist von Frau zu Frau unterschiedlich

Das bedeutet, rein rechnerisch steht etwa mit 50 Jahren keine Eizelle mehr für die Fortpflanzung zur Verfügung. Wobei diese Zahl starken individuellen Schwankungen unterliegt. Eines jedenfalls ist sicher: Je mehr sich eine Frau dieser "Eierstockleere" nähert, desto unmöglicher wird es für sie, schwanger zu werden. Außerdem steigt bereits ab dem 30. Lebensjahr die Wahrscheinlichkeit, dass Eizellen zum Eisprung kommen, die auffälliges Erbmaterial aufweisen und dadurch entweder nicht zu einer Schwangerschaft oder aber zu einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko führen. Mit 35 Jahren trifft das etwa auf die Hälfte, mit 40 Jahren auf wenigstens 60 Prozent aller Eisprünge zu. Entscheidend ist also nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Eizellen.

Wie viele Eier sind noch in Reserve?

Immer wieder hört man von sogenannten Fruchtbarkeitstests mit einer Vorhersagbarkeit von drei bis fünf Jahren. Sie verbinden Hormonuntersuchungen im Blut mit Ultraschallaufnahmen der Eierstöcke. Denn mit dem Ultraschall können Frauenärzte die dort vorhandenen Follikel gut erkennen. So beurteilt man die Eierstockreserve. Kombiniert wird der Ultraschallbefund unter anderem mit dem Anti-Müller-Hormon (AMH), das man im Blut messen kann und das wiederum von den Follikeln gebildet wird. Das Ergebnis zeigt, ob die Eierstockreserve einer Frau ihrem Alter entspricht oder nicht. Auf gut deutsch: Man kann also herausfinden, wie viel Zeit möglicherweise noch für die Familienplanung bleibt.

"Trotzdem ist das Wort 'fruchtbar' hier falsch gewählt, denn mit einem Fruchtbarkeitstest verbinden Frauen oft ihre Chance, im jeweiligen Zyklus schwanger zu werden. Doch damit hat das AMH erst einmal gar nichts zu tun", so der Kinderwunschmediziner. Denn die Chance, in einem Zyklus mit Eisprung wirklich schwanger zu werden, ist auch von vielen anderen Faktoren wie zum Beispiel dem Alter der Frau oder auch der Samenqualität des Mannes abhängig. Das AMH erlaubt nur eine ungefähre Aussage darüber, wie viele Monate beziehungsweise Jahre die Fruchtbarkeit noch andauern könnte.

Pille verfälscht das Ergebnis

"Eine große Rolle bei vielen Missverständnissen", so erklärt Frank Nawroth im Gespräch, "spielt die Tatsache, dass die Erkenntnisse zum AMH und der Eierstockreserve sehr neu sind und daher noch eine ständige Überarbeitung und Ergänzung erfahren." Die wissenschaftliche Entwicklung ist hier rasant. "Noch vor einem Jahr war man sich in Forscherkreisen zum Beispiel sicher, die Einnahme der Pille würde das AMH nicht beeinflussen und viele Ärzte gehen auch heute noch davon aus. Doch inzwischen weiß man, das AMH sinkt durch die Verwendung von kombinierten Hormonpräparaten, also neben der Pille auch unter entsprechenden Pflastern oder einem vaginalen Ring um bis zu 30 Prozent. Und auch der Ultraschall ist dann nur eingeschränkt zu verwerten."

Ist sich ein Mediziner dessen nicht bewusst, dann schätzt er die Situation der Frau falsch ein. Das kann zu sehr viel Verunsicherung und auch zu unnötiger Resignation führen. "Das AMH wird im Rahmen der Fruchtbarkeit oft im falschen Kontext dargestellt. Die Ergebnisse können so nicht richtig eingeordnet werden. Geht es aber um eine Kinderwunschbehandlung, wie zum Beispiel eine künstliche Befruchtung, dann kann der Wert sehr hilfreich sein. Weil er eine Vorhersage treffen lässt, wie viele Eizellen in etwa heranreifen werden und wie die Hormontherapie dosiert werden muss."

Testergebnis kann Frauen sehr unter Druck setzen

Den AMH-Test kann man in vielen Frauenarztpraxen durchführen lassen. Er kostet etwa 30 bis 50 Euro. Ein Test in Kombination mit anderen Hormonwerten und Ultraschall kostet durchschnittlich 150 Euro. Gibt es zum Beispiel bei Kinderwunsch einen medizinischen Grund für die Bestimmung, dann kann auch über die Krankenkassen abgerechnet werden. Es gibt Reproduktionsmediziner, die fordern, einen solchen Test bei allen jungen Frauen durchzuführen, zum Beispiel im Rahmen der Vorsorge.

Damit wäre, so das Argument, manche Frau mit einer frühen Unfruchtbarkeit davor gefeit, später einmal auf Kinder verzichten zu müssen. Ob das allerdings zielführend ist, hält Professor Nawroth für überaus zweifelhaft. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass ein solches Testergebnis neben der problematischen Interpretation auch einen enormen und möglicherweise unbegründeten inneren Druck aufbauen kann, der wiederum fürs Kinderbekommen nicht gerade förderlich ist. Auch die klassische Torschlusspanik kann ausgelöst werden.

Zum Beispiel dann, wenn derzeit kein geeigneter Partner für die Familienplanung in Sicht ist. "Und das, obwohl dieser Wert allein im Zusammenhang mit Fruchtbarkeit so gut wie nichts aussagt."

Frühzeitige Unfruchtbarkeit geschickt umgehen

Sollte sich im Rahmen eines Tests herausstellen, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine sehr frühe Unfruchtbarkeit besteht, gibt es die Möglichkeit, Eizellen einzufrieren. Den Vorgang nennt man, wenn keine medizinischen Gründe wie zum Beispiel eine Krebstherapie vorliegen, "Social freezing". Die Kosten liegen bei rund 3000 Euro und müssen selbst übernommen werden. Dazu muss man aber wissen, dass man eine gewisse Anzahl von Eizellen braucht, da man damit rechnen muss, dass nicht alle überleben und nicht alle befruchtet werden.

Hier zum Beispiel spielt der AMH-Wert wiederum eine große Rolle. Idealerweise sollte die Frau, deren Eizellen eingefroren werden, jünger als 35 sein. Denn, so heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: "Die Erfolgsraten vor allem bei Frauen über 35 Jahren stellen keine 'Versicherung' dar, um das Einfrieren als Instrument der Familienplanung einzusetzen."

Option auf spätere Schwangerschaft erhalten

Die meisten Frauen, die zu Frank Nawroth und seinen Kollegen kommen, um sich über das "Eizellenbanking" zu informieren, leiden auf der einen Seite unter einer gewissen, unter dem Aspekt des Alters auch nachvollziehbaren Torschlusspanik, wollen sich aber andererseits davon nicht das Leben dominieren lassen. "Ich spreche oft mit Patientinnen, die entweder gerade nicht den passenden Partner finden oder eben erst eine Trennung hinter sich haben und sich nicht bereit für eine neue Partnerschaft fühlen." Frauen mit Kinderwunsch, für die es im Moment eben einfach nicht die richtige Zeit ist. Denen aber langfristig geholfen werden kann.

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