t-online trifft die Nominierten in LA Wie die deutschen Stars die Oscars erleben
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Am Sonntag geht Deutschland als einer der Favoriten ins Oscar-Rennen. t-online hat die Stars von "Im Westen nichts Neues" in Los Angeles getroffen.
"Es ist eine unglaubliche Ehre. Ich kann es noch immer kaum glauben", sagt Edward Berger am Samstagmittag zu t-online und lässt den Blick fast ehrfürchtig über die Hügel von Santa Monica schweifen. Der Himmel ist wolkenverhangen, sonst könnte man vom Garten der berühmten Villa Aurora bis zum Pazifischen Ozean blicken. Hier, im ehemaligen Wohnhaus des Schriftstellers Lion Feuchtwanger, werden die deutschen Oscar-Nominierten traditionell am Tag vor der Verleihung mit einem Empfang gefeiert.
Das Wetter ist untypisch für einen Märztag in Kalifornien, doch es ist nicht die kühle Brise, die an diesem Nachmittag für Gänsehaut sorgt. Es ist das Bewusstsein dieses historischen Moments. Wenn am Sonntag die Oscars verliehen werden, geht Bergers Antikriegsdrama "Im Westen nichts Neues" als einer der Favoriten ins Rennen um den begehrtesten Filmpreis der Welt. Schon jetzt hat die Remarque-Adaption Geschichte geschrieben: Sie ist in neun Kategorien nominiert – darunter in der Königsdisziplin "Bester Film". Das hat kein deutscher Beitrag zuvor geschafft.
Edward Berger: "Ich werde feiern, egal was passiert"
"So etwas passiert einem wohl nur einmal im Leben" – dessen ist sich der Regisseur bewusst. Sein Motto für das Wochenende lautet deshalb: "Jeden Moment genießen." Das haben er und sein Team sich vorgenommen. Die Stimmung ist dementsprechend ausgelassen, aufgeladen von Euphorie und Hoffnung. Rund 24 Stunden vor der Verleihung ist noch alles offen, noch alles möglich. Berger will seine Erwartungen nicht zu hoch setzen. "Ich werde Spaß haben. Ich werde feiern, egal was passiert", versichert er.
Ganz unvorbereitet will der gebürtige Wolfsburger aber nicht zur Oscar-Verleihung erscheinen. Eine Dankesrede hat er vorsichtshalber geschrieben – und ganz besondere Glücksbringer dabei. Zum maßgeschneiderten Smoking wird er "die Manschettenknöpfe und die kaputte Uhr meines Vaters anziehen, der Ende letzten Jahres gestorben ist. Dann ist er bei mir", so der Regisseur.
Angestoßen wird mit Bier aus der Flasche
Bei ihm sind auch seine Frau und seine beiden Kinder sowie jede Menge Mitglieder des "Im Westen nichts Neues"-Teams. Die Darsteller Daniel Brühl, Felix Kammerer und Albrecht Schuch sind mit nach Los Angeles gereist. Nach dem offiziellen Empfang gönnen sie sich in der entspannten Atmosphäre erst einmal einen Drink. Angestoßen wird nicht etwa mit Champagner, sondern ganz bodenständig mit Bier aus der Flasche.
Bodenständig gibt sich auch Hauptdarsteller Felix Kammerer, mit 27 Jahren der Jüngste unter den deutschen Nominierten. Der nächste Film ein Hollywood-Blockbuster? Längst nicht das Ziel des gebürtigen Wieners. "Ich möchte einfach gute Projekte machen und da ist es eigentlich egal, wer das produziert und wo es stattfindet. Hollywood ist ja auch nicht automatisch ein Garant für Qualität", findet er. Ein Oscar sei natürlich die "allergrößte Ehre überhaupt, aber für den Job selbst ist es relativ unerheblich. Ich kann noch so viele Preise gewonnen haben, an meiner Arbeit ändert das nichts", so Kammerer.
Produzent Malte Grunert nimmt seine Familie mit zu den Oscars
Auf ein paar der begehrten Trophäen am Sonntag hofft er trotzdem – für das Team, das ist allen wichtig. Die "Im Westen nichts Neues"-Crew tritt als eingeschworene Einheit auf und das soll auch bei den Oscars am Sonntag so bleiben. Rund 40 von den begehrten Plätzen im Dolby Theatre haben sich die Beteiligten samt Anhang gesichert. Diese wohl einmalige Gelegenheit will keiner verpassen. Viele haben, wie Berger, ihre Familien dabei, um diesen besonderen Moment mit ihnen gemeinsam zu erleben. Auch Produzent Malte Grunert nimmt seine Frau, vier seiner Kinder und sogar eine Schwiegertochter mit zur Verleihung.
Von den zahlreichen Darstellern der Besetzungsliste sind jedoch nur drei dabei: Brühl, Kammerer und Schuch. Wer zu Hause bleiben musste, können Sie hier lesen. Streit um die Tickets habe es aber nicht gegeben, versichert Grunert t-online. "Man muss nun mal eine Entscheidung treffen und da von den Schauspielern keiner nominiert ist, haben wir versucht, unsere wichtigsten Darsteller unterzubringen."
Am Sonntagmittag wird es für alle zusammen Richtung Oscar-Verleihung gehen. Ein ausgiebiges Frühstück habe man ihnen empfohlen, denn der Tag wird lang "und Snacks sind im Saal nicht erlaubt", verrät Daniel Brühl. Nach der rund dreistündigen Gala will die Crew dann auf dem offiziellen After-Event, dem Governors Ball direkt über dem Dolby Theatre, feiern – egal, wie es am Ende ausgeht. Ein kleines Wunder haben die Deutschen in Hollywood so oder so schon vollbracht.
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