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Europawahl 2014: Gabriel warnt vor "größter Volksverdummungsaktion"


Einmischung des Rates?
Gabriel warnt vor "größter Volksverdummungsaktion" der EU-Geschichte

Von reuters, afp
Aktualisiert am 05.05.2014Lesedauer: 3 Min.
Sigmar Gabriel pocht darauf, dass entweder sein Parteifreund Martin Schulz oder dessen konservativer Widerpart Jean-Claude Juncker neuer Präsident der EU-Kommission wirdVergrößern des Bildes
Sigmar Gabriel pocht darauf, dass entweder sein Parteifreund Martin Schulz oder dessen konservativer Widerpart Jean-Claude Juncker neuer Präsident der EU-Kommission wird (Quelle: dpa-bilder)

Neuer Chef der EU-Kommission darf nach Worten von SPD-Chef Sigmar Gabriel nur werden, wer bei der Europawahl als Spitzenkandidat angetreten ist. In einer Pressekonferenz mit dem Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten, Martin Schulz, machte Gabriel deutlich, dass er diese Haltung auch von CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel erwartet. Spitzenkandidat der Konservativen ist der Luxemburger Jean-Claude Juncker.

Der Chefposten der EU-Kommission steht formal zwar nicht zur Wahl. Aber von den Mehrheiten im Parlament wird abhängen, wer künftig die Kommission führt. Es dürfe keine Gedankenspiele geben, andere als einen der Spitzenkandidaten der Parteienfamilien an der Spitze der Kommission zu installieren, warnte Gabriel: "Wer das nach dem 25. Mai versucht, der wird die europäische Demokratie auf lange Zeit zerstören."

Kein Störfeuer von Merkel erwartet

Einen entsprechenden Vorstoß von Merkel, der die Koalition belasten könnte, befürchtet Gabriel nicht: "Ich bin sicher, dass Frau Merkel viel zu klug ist, um nicht zu wissen, dass der Europäische Rat nach Mehrheiten im Parlament zu suchen hat."

Allerdings will Gabriel "aus Kreisen des europäischen Rats" gehört haben, dass es dort Überlegungen geben solle, nach der Europawahl anstelle der nominierten Spitzenkandidaten einen anderen Bewerber als Kommissionspräsident vorzuschlagen. Dies wäre "die größte Volksverdummungsaktion in der Geschichte der Europäischen Union", sagte Gabriel. Der Schaden für den europäischen Gedanken wäre fatal. "Dann können wir die nächste Europawahl absagen."

Schwierige Mehrheitssuche nach dem 25. Mai

Sollte der EU-Rat dem Europäischen Parlament für den Kommissionsvorsitz einen anderen Kandidaten vorschlagen als die bislang nominierten, würden die Abgeordneten diesen nach Gabriels Einschätzung nicht wählen. Schulz begrüßte in diesem Zusammenhang den gemeinsamen Brief der Vorsitzenden der drei größten Fraktionen im Europaparlament, in dem diese die Wahl eines nachträglich nominierten Kandidaten ausschließen.

Schulz sieht bei der größten Fraktion die Verantwortung und das Recht, eine Mehrheit für einen Kommissionspräsidenten zu suchen. Dies gelte auch für Juncker, sollte dessen EVP stärkste Fraktion werden. "Ich gehe davon aus, dass derjenige, der vorne liegt, sich eine Mehrheit suchen muss", sagte Schulz. Die Mehrheitssuche werde ein "ambitioniertes Verhandlungsprojekt". Das Parlament werde voraussichtlich aus sieben oder acht Fraktionen und Dutzenden fraktionslosen Abgeordneten bestehen.

SPD setzt auf ihren Spitzenkandidaten

Gabriel wünscht sich, dass die Nationalität des sozialdemokratischen Spitzenkandidaten in Deutschland viele Wähler mobilisieren wird. "Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen in Deutschland die Chance nutzen, einen Deutschen zum Kommissionspräsidenten zu wählen", sagte der SPD-Chef.

Schulz wies den Vorwurf einer doppelten Wahlkampfstrategie zurück, die seine deutsche Nationalität in anderen europäischen Ländern herunterspiele. Er negiere seine Rolle als Deutscher nicht. Seine Kandidatur berge vielmehr die Chance, in Europa "die eindimensionale Sicht auf Deutschland zu beenden".

Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Steuerflucht

Diese Woche gibt es in Deutschland ein erstes TV-Duell der beiden Spitzenkandidaten. Als zentrale Aufgaben der künftigen Kommission nannte Schulz die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Steuerflucht. Den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) entgingen nach Schätzungen jedes Jahr Steuereinnahmen von etwa 2000 Milliarden Euro durch Steuerflucht und Steuervermeidung.

"Das geht nicht gerecht in Europa zu", sagte Schulz. "Warum ist eigentlich das Land des Gewinns nicht das Land der Steuer bei Unternehmen?" SPD-Chef Gabriel bezeichnete es als Riesenskandal, dass Großkonzerne wie Apple, Google und Amazon je nach Standortwahl in Europa geringe Steuern zahlten.

Dem Spitzenkandidaten der Konservativen warf die SPD vor, er habe Steuerdumping zum Geschäftsmodell seines Landes gemacht.

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