Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Börsenhoch Der Dax feiert Osterparty
Kurz vor Ostern 2024 liegt der Dax bei 18.500 Punkten. Wer diese Prognose vor wenigen Jahren gewagt hätte, wäre umgehend für verrückt erklärt worden.
Was vier Jahre ausmachen können: Ostern 2020 lag die Stimmung am Aktienmarkt am Boden und die Deutschen mussten sich mit dem ersten von vielen Corona-Lockdowns anfreunden. Ostern 2024 ist dagegen eine einzige Party an der Börse.
Ahnen Sie, wie viel das am meisten diskutierte Unternehmen an Ostern 2024 vor vier Jahren wert war? Nvidia, einer der weltweit größten Produzenten von Grafikprozessoren und KI-Entwickler brachte damals rund 150 Milliarden Euro auf die Waage. In diesem Jahr nimmt der US-Konzern Kurs auf 2,5 Billionen Euro. Ändert sich der Kurs bei Nvidia von einem Handelstag zum nächsten um 2,5 Prozent plus oder minus, dann entspricht das in etwa dem Firmenwert von Mercedes.
So absurd ist das Thema KI und falls Ihnen an Ostern der Gesprächsstoff ausgeht, fragen Sie im Bekanntenkreis doch mal, wer in diesem Bereich investiert hat. Und vielleicht erinnern sich manche davon auch, dass solche Exzesse nicht immer gutgehen.
Die Erinnerung an geplatzte Träume verblasst
Wer schon länger an der Börse dabei ist, wird sich noch vage erinnern. "2.000 endete die Dotcom-Euphorie, es sollte noch drei Jahre dauern, bis die Märkte wieder einen Boden erreichten", erinnert sich Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets, der zu jenen Zeiten Börsenhändler auf dem Frankfurter Parkett war.
Doch während die Geschäftsmodelle und Kurse einiger hochgejubelter Internetfirmen wie Seifenblasen platzten, leuchtete schon ein neuer Silberstreif am Horizont auf: Schwellenländer erschienen auf dem Radar der Anleger. Jim O‘Neill, ehemaliger Chefvolkswirt bei Goldman Sachs, verwendete 2001 erstmals das Kürzel BRIC. Brasilien, Russland, Indien und China waren plötzlich gefragt.
Rückblickend erfüllten aber nur die beiden asiatischen Länder die Erwartungen der Anleger, gerade in den vergangenen Jahren war die Performance durchwachsen. Auch das vier Jahre später aufgelegte "Next 11"-Konzept mit elf Ländern, die vor einem starken wirtschaftlichen Aufschwung stehen sollten, ist schon vor Jahren verpufft.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
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Aktien mit einem gewissen Risiko
Auf Länderebene waren die Ergebnisse somit meist enttäuschend. Besser laufen hingegen Trends, die auf einer Aktienauswahl basieren. Die sogenannten FANG- und "Magnificent Seven"-Unternehmen (unter anderem Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google) sind dafür das jüngste und beste Beispiel. "Im vergangenen Jahr steuerten die sieben Tech-Riesen knapp 90 Prozent zum Wachstum des US-Marktes bei, dieses Jahr liegt der Anteil bei 45 Prozent, obwohl Tesla seit Jahresbeginn rund 30 Prozent verloren hat", erklärt Ricardo Evangelista vom Broker Activtrades.
Die Performance spricht für sich, operativ weisen die Giganten robuste Geschäftsmodelle mit teilweise traumhaften Margen auf. Eine Achillesferse gibt es dennoch: Die Magnificent Seven sind alle im Technologiesektor tätig und profitieren vor allem vom KI-Hype. Wer entsprechende Zertifikate kauft, nimmt somit ein gewisses Klumpenrisiko in Kauf. Dies gilt umso mehr, wenn im Depot auch Papiere auf die US-Indizes enthalten sind. Die Tech-Aktien weisen eine hohe Gewichtung auf und bestimmen daher maßgeblich die Richtung der Indizes.
Die Mischung macht es – wie im Osterkorb
Aber es geht auch besser. "Im Idealfall setzt sich ein Aktienkorb aus Unternehmen zusammen, die in unterschiedlichen Sektoren aktiv sind, ein gutes Gewinnwachstum aufweisen, seit vielen Jahren hohe und stabile Margen aufweisen, nachhaltige Dividenden zahlen und mit geringer Volatilität glänzen", so Franz-Georg Wenner vom Börsendienst Indexradar. Gibt es nicht? Zugegeben, wer Granola hört, denkt wohl zunächst an das Knuspermüsli aus Haferflocken, Nüssen und Honig. Die Granolas sind aber auch ein Leckerbissen für Anleger, der ab sofort auch bequem über das Indexzertifikat mit der WKB DA0AC3 ins Depot geholt werden kann.
Anders als die gehypten US-Technologiewerte sind die elf Unternehmen der Granolas-Gruppe aus Europa und in verschiedenen Sektoren tätig. Enthalten sind Firmen aus dem Gesundheitswesen, Konsum sowie Tech-Segment. SAP und ASML vertreten den Wachstumsbereich, LVMH spiegelt den Luxussektor wider und Nestlé sowie L’Oréal den defensiven Konsum. Abgerundet wird die breit diversifizierte Auswahl durch einige der weltweit größten Pharmaunternehmen wie Novo Nordisk, Roche, Novartis, Sanofi, Astrazeneca und GSK. Man setzt somit nicht nur auf unterschiedliche Sektoren, sondern meist auch die Weltmarktführer in der jeweiligen Branche.
Leistung entscheidet
Am Ende zählt aber nicht ein gut gewähltes Akronym, sondern die Performance. Seit Anfang 2021 legten die hochgejubelten Magnificent Seven um rund 65 Prozent zu, der Euro Stoxx 50 kletterte um etwa 40 Prozent. Wer den Granolas-Aktienkorb täglich neu nach Marktkapitalisierung gewichtet hat und Dividenden umgehend reinvestierte, erzielte ebenfalls ein Plus von rund 65 Prozent. Ohne Adjustierung nach Börsenwert fällt die Rendite gut 20 Prozentpunkte niedriger aus. "Wichtig ist aber nicht nur der Gewinn, sondern auch das dafür eingegangene Risiko", so findet Experte Molnar. Hier zahlt sich die breite Aufstellung über verschiedene Sektoren und das robuste Geschäftsmodell der europäischen Champions aus. "Während sich die amerikanischen Tech-Riesen 2022 nicht selten im Wert halbierten, tendierte der Granolas-Korb nur seitwärts", rechnet der Experte vor.
Zwei Nachzügler
Natürlich laufen auch die elf Werte aus Europa nicht durchweg gut, die Aktie von Roche gibt es derzeit so günstig wie seit 2018 nicht mehr und auch der Kurs von Nestlé liegt auf einem Mehrjahrestief. Bei diesen Titeln schlummert somit Nachholpotenzial. "Andere Firmen wie Novo Nordisk steigerten hingegen selbst in der Corona-Zeit den Gewinn", so Stefan Riße von Acatis. Die Papiere des dänischen Pharmakonzerns verbesserten zuletzt ähnlich wie SAP und ASML mehrfach ihre Bestmarke. SAP ist übrigens auch ein wesentlicher Grund, warum deutschen Anleger zu Ostern die 18.500-Party feiern.
Für die Granolas spricht aber nicht nur der breite Mix über verschiedene Branchen, sondern auch der Standort Europa. Zwar verdienen die Konzerne auf den Weltmärkten, gerade der europäische Aktienmarkt verzeichnet seit Jahresbeginn aber hohe Kapitalzuflüsse. Trotz Krieg und Energiekrise hat der Euro Stoxx 50 den S&P 500 zuletzt übertroffen und bietet mit Blick auf die Bewertung noch wesentlich attraktivere Relationen.
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