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Putins Öl für die EU: Türkei soll bei Schlupfloch helfen


Schlupfloch
So hilft Erdoğan Putins EU-Ölimporte zu verschleiern

Von t-online, wan

Aktualisiert am 16.05.2024Lesedauer: 4 Min.
Recep Tayyip Erdogan (l.) und Wladimir Putin bei einem Treffen. Die beiden Präsidenten haben offenbar einen Weg gefunden, russisches Öl in die EU zu bringen (Archivbild).Vergrößern des BildesRecep Tayyip Erdoğan (l.) und Wladimir Putin bei einem Treffen. Die beiden Präsidenten haben offenbar einen Weg gefunden, russisches Öl in die EU zu bringen (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Sergei Karpukhin/imago)
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Eigentlich sollen Sanktionen verhindern, dass Russland Öl in die EU liefert. Aber offenbar gibt es einen Weg, diese zu umgehen.

Russisches Öl darf nicht in die EU importiert werden, so sehen es die Brüsseler Sanktionen 833/2014 und 269/2014 vor. Doch offenbar hat Putins Regime einen Weg gefunden, mithilfe der befreundeten Türkei den Rohstoff dennoch nach Europa zu bringen.

Der Trick: Russisches Öl wird über Drittländer in die EU gebracht, die es schlicht als "nicht-russisch" deklarieren. Das hat eine Untersuchung des finnischen Zentrums für Forschung über Energie und Luftreinhaltung (CREA) und der bulgarischen Denkfabrik Center for the study of Democracy (Zentrum für Demokratiestudien) ergeben.

Demnach gebe es ein Schlupfloch in den EU-Bestimmungen, das leidlich ausgenutzt wird. Insgesamt soll Öl im Wert von drei Milliarden US-Dollar alleine von drei türkischen Häfen innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten des Embargos 2023 verschifft worden sein.

"Die Türkei hat sich zu einem strategischen Zwischenstopp für russische Treibstoffprodukte entwickelt, die in die EU umgeleitet werden, und generiert Hunderte von Millionen [Dollar] an Steuereinnahmen für die Kriegskasse des Kremls", sagte Martin Vladimirov, ein leitender Energieanalyst bei CSD.

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"Müssen Wege finden, die Umgehung von Sanktionen zu verhindern"

Die Nähe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zum Kremldiktator Wladimir Putin ist den Nato-Partnern und EU-Staaten der Türkei ohnehin ein Dorn im Auge. "Wir müssen unsere Maßnahmen verschärfen und Wege finden, die Umgehung von Sanktionen zu verhindern", sagte Estlands Außenminister Margus Tsahkna gegenüber der europäischen Ausgabe der US-Zeitung "Politico". "Drittländer, insbesondere unsere Nato-Verbündeten [wie die Türkei], sollten sich unseren Sanktionen so weit wie möglich anschließen."

Vor dem russischen Angriffskrieg kam dem Bericht zufolge ein Viertel des EU-Rohöls aus Russland, 40 Prozent des Diesels ebenfalls. Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine versuchten die EU-Staaten, diese Einnahmequelle Russlands versiegen zu lassen. Zur gleichen Zeit, so die Studie, begann aber die Türkei mehr Öl aus Russland zu kaufen – und auch mehr an die EU zu liefern.

Einfuhren und Ausfuhren fast gleich

Dass die Zahlen fast gleich sind, ist offenbar kein Zufall. Zwischen Februar 2023 und Februar 2024 hat die Türkei ihre russischen Käufe im Vergleich zu den vorangegangenen 12 Monaten um 105 Prozent erhöht. Im gleichen Zeitraum stiegen die Treibstoffexporte der Türkei in die EU um 107 Prozent, berichtet "Politico" und bezieht sich auf die Untersuchungen der Forscher.

Dabei ist man aber vorsichtig: Das Öl, das in die EU kommt, ist kein russisches Öl – zumindest nicht direkt. Die Türkei hat Raffinerien, die Rohöl verarbeiten können – bis zu einer Million Barrel pro Tag. Und viele der ölverarbeitenden Firmen verwenden tatsächlich auch Rohstoffe aus anderen Ländern. Es ist also ein technisch gesehen verarbeiteter oder vermischter Rohstoff – und damit kein rein russisches Produkt.

Nach den Quellen des CREA hatte zwischen Februar 2023 und 2024 der türkische Hafen Ceyhan rund 22 Millionen Barrel Treibstoff aufgenommen, von denen 92 Prozent aus Russland kamen – das Dreifache der Menge, die im Jahr zuvor aus Moskau importiert wurde. Im selben Zeitraum gingen 85 Prozent der Treibstoffexporte des Hafens in die EU. Im vergangenen Jahr war die Betreiberfirma Global Terminal Services, von den USA unter Druck gesetzt worden, weil es den Verdacht der Ölwäsche in einem anderen Hafen gab.

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Der Hafenbetreiber in Ceyhan ist laut "Politico" noch entspannt. Zwischen Februar 2023 und 2024 sollen 1,4 Millionen Barrel aus Russland gekommen sein – im gleichen Zeitraum wurden 1,6 Millionen Barrel nach Europa gebracht. Das macht es "sehr wahrscheinlich", dass das Terminal russischen Treibstoff in die EU re-exportiert, sagte Viktor Katona, leitender Rohölanalyst bei der Datenanalysefirma Kpler gegenüber "Politico".

Die EU-Regularien, die bereits nach der russischen Annexion der Krim verfasst wurden, sehen vor, dass russische Ölexperte in Drittländer erlaubt sind. Die Sanktionen verbieten auch nicht die Einfuhr von Öl mit Ursprung in einem anderen Drittland, wie Kasachstan, in die Union, auch nicht über eine Pipeline, in der zuvor russisches Öl geflossen ist. "Es muss daher festgestellt werden, ob das Produkt aus Russland stammt. Zu diesem Zweck gelten die nicht präferenziellen Ursprungsregeln der EU", heißt es in den Erläuterungen zu den Sanktionen.

EU-Vorschriften lassen Ausnahmen zu

Die Behörden in der EU sollten den Ursprung des Öls mit der gebotenen Sorgfalt prüfen und sich auf die ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen stützen, um den Ursprung des Öls zu bestimmen, "wozu auch Ursprungszeugnisse gehören können", heißt es in den Erläuterungen zu den Sanktionen.

Eigentlich dürfe auch russisches Öl, selbst wenn es mit anderem vermischt ist, nicht eingeführt werden. Doch bei verarbeiteten Produkten sieht es anders aus: "So können beispielsweise raffinierte Erdölerzeugnisse, die in einem Drittland [laut Definition] HS 2710 aus russischem Rohöl, das unter [Definition] HS 2709 fällt, hergestellt und aus diesem Land oder aus diesem Land oder einem anderen Drittland ausgeführt werden, nicht unter die Sanktionen fallen, da sie nicht russischen Ursprungs sind. Diese Regel haben Putin und seine Experten sowie sein türkischer Amtskollege wohl sehr genau gelesen.

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