Bleibt Nagelsmann Bundestrainer? An Absurdität nicht zu überbieten
Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Der DFB steht vor einer wichtigen Entscheidung, weil der Vertrag von Bundestrainer Nagelsmann nach der Heim-EM ausläuft. Jetzt verlängern oder lieber noch abwarten?
Die Diskussion entwickelt sich zum Politikum: Sollte der DFB schon vor der Europameisterschaft in Deutschland den Vertrag von Bundestrainer Julian Nagelsmann verlängern oder die Zukunft von der Performance beim Turnier abhängig machen?
Der 36-Jährige hätte gern vor dem Turnier Klarheit – und hat mit dem 2:0-Sieg seiner Mannschaft in Frankreich am Samstag das beste Argument geliefert. DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte im Rahmen des Spiels bereits konkrete Gespräche angekündigt für nach dem zweiten Testspiel gegen die Niederlande am Dienstag (20.45 Uhr im Liveticker bei t-online).
Neuendorf: "Ich glaube, von unserer Seite würde dem nichts entgegenstehen. Wir müssen miteinander sprechen und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dann zügig zu einem Ergebnis kommen." Auch Nagelsmann kann sich eine weitere Zusammenarbeit durchaus vorstellen, sieht eine Vertragsverlängerung allerdings nicht als Selbstläufer. "Das liegt natürlich ein bisschen am Angebot, das ist ja klar."
Auch eine Rückkehr zum FC Bayern oder ein Wechsel zu Borussia Dortmund stehen weiterhin im Raum. Kommt einer dieser Klubs dem DFB mit einem Angebot zuvor, droht der nach der EM plötzlich ohne Trainer dazustehen. Auf der anderen Seite drohen dem Verband bei einer Vertragsverlängerung und einem enttäuschenden Turnier finanzielle Verpflichtungen, die dann keiner mehr haben möchte.
Das führt zu der Frage:
Sollte der DFB noch vor EM-Start mit Bundestrainer Nagelsmann verlängern?
Ja, denn es geht um mehr als nur eine Personalentscheidung
Die vorzeitige Verlängerung mit Julian Nagelsmann noch vor EM-Start wäre ein kluger Schachzug des DFB. Denn wenn der Bundestrainer ohne langfristigen Vertrag in das Turnier geht und dann erfolgreich ist, ist er anschließend fast sicher weg. Zu viele Vereinsmannschaften würden bei ihm anfragen und sicherlich mehr Geld und mindestens genauso so viel Perspektive bieten wie der DFB. Durch die frühzeitige Verlängerung würde der Verband dem vorbeugen. Diese Entscheidung käme zwar überraschend, wäre aber genau richtig.
Und eines ist ja wohl klar: Die Nationalmannschaft braucht Konstanz auf der Trainerposition, um sich endlich wieder in eine positive Richtung zu entwickeln. Und Nagelsmann ist der richtige Mann am richtigen Ort, das hat der Sieg in Frankreich bewiesen. Auf ihn sollte man langfristig setzen. Denn er hat eine klare Vision und Strategie für den deutschen Fußball. Warum also mit der Verlängerung warten?
Sie würde nicht nur ein starkes Zeichen der Stabilität im Verband aussenden, sondern auch die Mannschaft selbst stärken. Kontinuität auf der Trainerposition ist gerade den Profifußballern wichtig, weil sie nun mal direkt mit ihm zusammenarbeiten und sich auf Zusagen verlassen können möchten.
Kurzum, die Verlängerung mit Nagelsmann wäre mehr als eine Personalentscheidung, sie wäre ein Statement für eine ambitionierte Zukunft des deutschen Fußballs. Ein Schritt, der sowohl Mut als auch Weitblick beweisen und damit genau die Werte widerspiegeln würde, die Nagelsmann selbst verkörpert.
Nein, das wäre ein fatales Signal
Er hat gerade fünf Spiele als Bundestrainer absolviert. FÜNF. Und dabei erst zwei Siege gefeiert. ZWEI. Jetzt soll der Vertrag von Julian Nagelsmann verlängert werden? Vor der EM?
Warum?
Weil die Nationalelf ein gutes Spiel in Frankreich hingelegt hat? Weil Nagelsmann mit seiner Kader-Nominierung gezeigt hat, dass er nach Leistung statt Namen geht? Weil er jetzt seine berufliche Zukunft planen möchte? Weil der DFB Angst hat, nach dem Turnier ohne Trainer dazustehen? Das ist doch an Absurdität nicht zu überbieten.
Das Signal einer vorzeitigen Vertragsverlängerung wäre fatal. Die Botschaft: Hoffnung zählt mehr als Leistung. Will der DFB dafür wirklich stehen? Zumal er sich selbst Handlungsspielraum nimmt für den Fall, dass die EM doch in die Hose geht und einen erneuten Neustart notwendig macht. Ganz zu schweigen von den finanziellen Verpflichtungen. Und das in Zeiten, in denen der DFB sogar den Ausrüster wechselt, um seine Schulden zahlen zu können.
Die DFB-Bosse müssten es wirklich besser wissen. 2018 verlängerten sie ohne Not den Vertrag von Joachim Löw – und erlitten kurz darauf die größte Blamage ihrer WM-Geschichte.
Ganz klar: Die Leistungen bei der EM müssen der maßgebliche Indikator für die Trainer-Entscheidung sein. Die Basis für eine vernünftige, ergebnisorientierte Strategie, die dem deutschen Fußball langfristig dient. Nagelsmann wird das verstehen.
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