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Stefan Effenberg: "Wende beim FC Bayern im Fall Robert Lewandowski"


Effenberg-Ausblick
"Bayern-Wende im Fall Lewandowski"

  • Florian Wichert
InterviewVon Florian Wichert

24.05.2022Lesedauer: 7 Min.
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Robert Lewandowski hat einen Vertrag bis 2023, will den FC Bayern aber am liebsten sofort verlassen.Vergrößern des Bildes
Robert Lewandowski hat einen Vertrag bis 2023, will den FC Bayern aber am liebsten sofort verlassen. (Quelle: Revierfoto/imago-images-bilder)

Laut Stefan Effenberg gibt es nur einen Spieler auf der Welt, der Lewandowski ersetzen kann. Der sei nicht zu bekommen, trotzdem werde der FC Bayern wohl seine Meinung zum Weltfußballer ändern.

Hauptstadt-Verein Hertha BSC hat den Absturz in die zweite Liga abgewendet, der HSV bleibt weiterhin zweitklassig. Werden die Hamburger nie mehr aufsteigen? Kriegt Hertha endlich die Kurve? Kann Bayern Robert Lewandowski ersetzen und Dortmund mit Edin Terzic Meister werden?

t-online-Kolumnist und Bayern-Legende Stefan Effenberg (53) beantwortet zum Abschluss der Saison die zehn wichtigsten Fragen im deutschen Fußball.

t-online: Steigt der HSV nie mehr in die Bundesliga auf?

Stefan Effenberg: Das kann ich mir nicht vorstellen, auch wenn der HSV mit der Niederlage in der Relegation gegen Hertha BSC nun bereits zum vierten Mal in Folge den Aufstieg verpasst hat. Es geht durchaus einiges in die richtige Richtung. Die Verantwortlichen müssen dementsprechend unbedingt einen kühlen Kopf bewahren, beharrlich bleiben und die Mannschaft punktuell verstärken. Gerade in der Offensive waren sie in den Relegationsspielen nicht zwingend genug.

Ich kann mir vorstellen, dass Tim Walter weiterhin der richtige Trainer ist und ein Aufstieg mit ihm funktioniert. Dafür muss der HSV nun den direkten Aufstieg als klares Ziel vom ersten Spieltag an ausgeben und nicht erst im Laufe der Saison diese Ambition formulieren.

Mit Fürth und Bielefeld sind Vereine aus der Bundesliga abgestiegen, die der HSV hinter sich lassen muss. Das muss der klare Anspruch sein.

Wird Hertha nach zwei Fast-Abstiegen endlich die richtigen Lehren ziehen?

Als es darauf ankam, hat Hertha das beste Spiel der ganzen Saison abgeliefert. Man kann über Kevin-Prince Boateng schimpfen und ihn für seine Leistungen in der Spielzeit kritisieren, aber man muss anerkennen: Auch er war da, als er gebraucht wurde, in den wichtigsten 90 Minuten der Saison.

Trotzdem tut es natürlich weh zu sehen, wie viel Geld Hertha BSC in den vergangenen Jahren aus dem Fenster geworfen hat. An Selbstüberschätzung ist das nicht zu überbieten gewesen, ein Abstieg wäre durchaus verdient. Trotz des Klassenerhalts braucht es nun einen kompletten Neustart auf allen Ebenen.

Präsident Werner Gegenbauer und Finanzchef Ingo Schiller haben diesen bereits eingeleitet mit ihrem jeweiligen Rückzug. Auch Trainer Felix Magath hat sein Engagement bereits für beendet erklärt.

Bei Hertha laufen diverse Spieler herum, bei denen ich mich schon lange frage: "Wer hat die denn bitte gescoutet?" Fredi Bobic ist als Sportvorstand wahrscheinlich der Einzige, der bleiben und den Umbau einleiten muss.

Er sollte dafür alle Kompetenzen bekommen. Ansonsten muss jeder Stein umgedreht werden. Von den Spielern bis zum Präsidenten – überall braucht es neue Leute.

Wird die Bundesliga endlich wieder spannend?

Ja. Ich bin fest davon überzeugt. Dortmund hat bereits sehr gute Transfers getätigt und Niklas Süle (Bayern), Nico Schlotterbeck (Freiburg) sowie Karim Adeyemi (RB Salzburg) verpflichtet. Leipzig hat eine überragende Rückrunde samt Pokalsieg hingelegt und wird voraussichtlich die besten Spieler wie Christopher Nkunku halten können.

Auch Bayer Leverkusen hat sich sehr gut entwickelt. Vieles wird davon abhängen, ob Robert Lewandowski den FC Bayern nun bereits in diesem Sommer verlässt und die Mannschaft damit schwächt. Spannender als in den vergangenen Jahren wird es aber sicher – selbst wenn Lewandowski noch ein Jahr bleiben sollte.

Kann Stuttgarts Sasa Kalajdzic Lewandowski bei Bayern ersetzen?

Nein. Sasa Kalajdzic ist ein guter Bundesligaspieler. Es gibt allerdings nur einen Spieler auf der Welt, der Lewandowski ersetzen könnte. Und das ist Karim Benzema von Real Madrid. Der ist älter als Lewandowski und ganz sicher nicht zu bekommen. Der vielversprechendste realistische Nachfolger ist Leverkusens Patrik Schick. Der wird allerdings frühestens im kommenden Jahr zu bekommen sein.

Vielleicht muss der FC Bayern seine Spielweise umstellen und eine Zeit lang ohne Mittelstürmer agieren, sollte Lewandowski diesen Sommer noch gehen. Und das kann ich mir mittlerweile sehr gut vorstellen.

Ich denke, dass der Fall eine Wende nimmt, dass beim FC Bayern gerade ein Prozess stattfindet – und die Verantwortlichen darüber nachdenken, ihn doch noch zu verkaufen, sofern die Ablösesumme stimmt und über 40 Millionen liegt.

Zumal der Streit mit Lewandowskis Berater Pini Zahavi eskaliert und die Verantwortlichen irgendwann auch froh sind, wenn sie das Theater hinter sich haben.

Kriegt Trainer Julian Nagelsmann bei Bayern die Kurve?

Nagelsmann hat gesagt: "Die nächste Saison wird erfolgreicher." Damit hat er ein Versprechen abgegeben – und ich gehe davon aus, dass er es halten kann. Er muss sich dafür allerdings komplett auf die Mannschaft konzentrieren und darf sich abseits des Sportlichen weniger äußern.

Sein Auftritt bei der Jahreshauptversammlung, seine Äußerungen zum Einspruch des SC Freiburg oder zu anderen Themen haben ihm nicht geholfen. In Zukunft braucht er mehr Unterstützung von Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn, damit Nagelsmann nicht auf Nebenschauplätzen herumtanzen muss, sondern seinen Fokus wirklich auf das Sportliche legen kann.

Das wird auch passieren. Bei Salihamidzic und Kahn hat es diese Einsicht gegeben.

Paris St. Germain hat dem Superstar Kylian Mbappé angeblich 300 Millionen Euro Handgeld für seine Unterschrift unter einen neuen Vertrag gezahlt. Kann der FC Bayern bei solchen Summen international noch mithalten?

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Nein. Der FC Bayern kann im internationalen Vergleich ganz sicher nicht mehr mithalten. Die Schere zwischen den Klubs geht national auseinander, international aber genauso. Und während der FC Bayern in Deutschland an der Spitze steht, wird der Rückstand auf Paris St. Germain oder Manchester City immer größer. Bayern wird nie 300 Millionen Euro Handgeld zahlen – und das ist auch gut so.

Das alles hat mit einem fairen Wettbewerb und Sportlichkeit nichts mehr zu tun. Es ist zwar eine riesige Motivation, diese Klubs immer mal wieder zu schlagen und ihren ersehnten Champions-League-Triumph zu verhindern. Auf Dauer wird das allerdings nicht funktionieren. Deshalb muss die Uefa endlich einschreiten und verhindern, dass diese Klubs weiterhin jegliche Regeln umschiffen und jede erdenkliche Summe zahlen.

Nehmen die deutschen Klubs jetzt endlich die Europa League ernst?

Das will ich stark hoffen. Es gab viele Klubs, die in den vergangenen Jahren nicht die richtige Einstellung zur Europa League gefunden oder sie gar abgeschenkt haben. Ob Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg, Borussia Mönchengladbach oder zuletzt Dortmund: All diese Vereine haben am Beispiel Frankfurts gesehen, was hier möglich ist. Wenn da noch mal ein Klub halbherzig ans Werk geht, habe ich dafür definitiv kein Verständnis.

Kann Frankfurt nach dem Triumph in der Europa League zu den Bundesliga-Topklubs aufschließen?

Die Eintracht will näher ran an die Spitze – und das kann ihr auch gelingen. So ein großer Erfolg birgt allerdings auch sehr viele Gefahren und Probleme. Die Frankfurter Spieler haben international Begehrlichkeiten anderer Vereine geweckt. Und sie werden aber auch selbst finanzielle Begehrlichkeiten haben und sich bessere Verträge vorstellen. Es wird für Frankfurt also nicht nur teuer, die Mannschaft zusammenzuhalten – sondern genauso, sie zu verbessern.

Und genau das muss geschehen, damit sie die Dreifachbelastung aus Liga, Pokal und Champions League bewältigen kann. Es ist ein ganz schmaler Grat, es kommen riesige Herausforderungen auf die Verantwortlichen zu. Zum Beispiel die, den Vertrag mit Filip Kostic über 2023 hinaus zu verlängern oder ihn zu verkaufen. Auch bei Daichi Kamada und Ansgar Knauff ist die Zukunft nicht geklärt.

Wird Leipzig nie die Herzen der neutralen Fußballfans erreichen?

Wahrscheinlich wird RB nie bundesweit geliebt und in die Herzen vordringen. Die Leipziger sollten sich allerdings nicht darüber beklagen, sondern das hinnehmen und in Motivation ummünzen. Für den Klub ist es wichtig, nun den ersten Titel gewonnen zu haben und die sportlichen Ziele zu erreichen. Das können sie beeinflussen und sich dadurch den Respekt erarbeiten. Sie haben eine Top-Rückrunde gespielt, den DFB-Pokal gewonnen – und sich diesen Erfolg verdient.

Ich bin immer Fan von gutem Fußball und der wird bei RB Leipzig geboten. Die Bilder aus der Stadt nach dem Pokalsieg haben gezeigt, dass der Klub in der Stadt durchaus angekommen ist. Dass sich die neutralen Fans und Anhänger anderer Vereine mit RB Leipzig schwertun, ist nun mal der Entstehung dieses Klubs geschuldet.

Kann der BVB mit Terzic Meister werden?

Das steht und fällt einzig und allein mit dem Kader. Und das ist auch die Lehre aus den vergangenen Jahren. Ob Thomas Tuchel, Peter Bosz, Lucien Favre oder Marco Rose: Sie haben letztlich alle nicht die Erwartungen erfüllt und den Meistertitel geholt. Wenn es also an ihnen nicht gelegen hat, dann wohl an den Spielern.

Für mich ist die Entlassung von Marco Rose unverständlich. Aber zumindest scheint sie konsequent zu sein, wenn sowohl die Verantwortlichen als auch Rose eben nicht mehr das Gefühl hatten, in dieser Konstellation noch erfolgreich sein zu können. Da ist es wahrscheinlich besser als nach dem siebten oder achten Spieltag der kommenden Saison.

Ich persönlich frage mich, nach welchen Kriterien sie in Dortmund eigentlich einen Trainer suchen.

Lucien Favre hat zwar keine großen Titel geholt, im Schnitt pro Spiel aber mehr Punkte (2,01) geholt als Jürgen Klopp (1,9) und Ottmar Hitzfeld (1,86). Trotzdem erinnern sich die Bosse permanent an Klopp, der die Fans mitnimmt, ein Stadion elektrisiert und sich besser verkauft. Auch Tuchel war erfolgreich, auch bei ihm stimmte es aber auf der menschlichen Ebene nicht.

Es geht den Dortmundern offensichtlich eher um Sympathie als um Punkte. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf.

Edin Terzic kann sicher mit Dortmund Meister werden – allerdings ist der Druck, der auf ihm lastet, viel größer als in seiner ersten Amtszeit. Da konnte er eigentlich nicht verlieren. Nun muss er eine neue Mannschaft aufbauen und zeigen, dass er langfristig das Zeug für einen Spitzenklub wie den BVB hat.

Ich kann nur sagen: Ich freue mich extrem auf eine spannende Transferphase, auf die neue Saison und auch auf die Weltmeisterschaft im Winter.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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