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Skispringen: Was macht eigentlich Jens Weißflog?


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Was macht eigentlich Jens Weißflog?
Vom besten Skispringer zum erfolgreichen Unternehmer


Aktualisiert am 26.12.2022Lesedauer: 6 Min.
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Jens Weißflog: Er ist einer der erfolgreichsten Wintersportler Deutschlands. (Quelle: imago sportfotodienst)

Jens Weißflog war einst auf der Schanze zuhause, hat die wichtigsten Skisprung-Wettbewerbe gewonnen. Der Olympiasieger von 1994 lebt inzwischen zurückgezogen – und ist erfolgreicher Unternehmer.

Jens Weißflog hat das geschafft, wovon jeder Skispringer träumt. Ihm ist es gelungen, den Gesamtweltcup, die Weltmeisterschaft, die Vierschanzentournee und Olympia zu gewinnen. Und manches davon nicht nur einmal: Über zwölf Jahre lang zählte Weißflog mit seinen Leistungen konstant zur Weltspitze. Ein Kunststück, an dem viele Skispringer nach ihm gescheitert sind. Weißflog sorgte nicht nur mit seinem Olympiasieg in Lillehammer 1994 im Team für Begeisterung. Auch im Einzel auf der Großschanze holte er Gold. "Das war der erste große Erfolg nach der Umstellung auf den V-Stil. 1994 bei Olympia haben viele nicht mehr an mich geglaubt, und daran, dass es noch einmal funktionieren könnte. Das war für viele ein Aha-Erlebnis", sagt Weißflog im Gespräch mit t-online.

Aufgrund seiner Leichtigkeit des Fliegens wurde ihm der Spitzname "Floh vom Fichtelberg" verpasst. Die schlanke Silhouette des gebürtigen Sachsen faszinierte auch später Skisprung-Asse wie den Polen Adam Malysz. Doch während andere Sportgrößen oft das Rampenlicht suchen oder nach der Profikarriere ohne Plan dastehen, hat Weißflog auch hier den Absprung geschafft.

Gelandet ist der heute 58-Jährige nach seiner herausragenden Karriere und 15 Jahren als Experte am Mikrofon des ZDF in seiner eigenen Heimat. In Oberwiesenthal im Erzgebirge betreibt Weißflog inzwischen ein Appartementhotel. Die "Jens Weißflog Appartementhotel GmbH & Co. KG" hält für Besucher verschiedene Zimmer und Suiten bereit, die jeweils eine eigene Geschichte aus der Laufbahn des besten deutschen Skispringers erzählen. So heißen sie etwa "Oslo", "Garmisch-Partenkirchen" oder auch "Engelberg".

Weißflog erklärt im Gespräch mit t-online: "Von Anfang an war es die Philosophie, dass wir nicht nur die Skisprung-Orte als Zimmernamen an die Türen schreiben, sondern auch, dass wir drinnen abbilden, was draußen dran steht. Der überwiegende Teil der Zimmer ist nach dem Namen an der Tür gestaltet. Zum Beispiel haben wir im Raum Bad Mitterndorf viel mit Holz gemacht, im alpinen Style. Zudem erzählen wir die Geschichten über Bilder. Es hängt in jedem Zimmer eine Information zur Schanze, zu den technischen Angaben und zum Schanzenrekord."

"Das überrascht die Menschen oft"

Touristen, die neben der Landschaft auch etwas über Weißflog wissen möchten, haben dazu bei verschiedenen Events die Möglichkeit. So veranstaltet das Hotel mit Weißflog, der sich noch immer in drahtiger Skisprung-Figur zeigt, im Oktober und November beispielsweise einen "Kaffeeklatsch mit Jens". Zudem finden immer mal wieder Wanderungen mit dem Normalschanzen-Weltmeister von 1985 statt. Doch die Besucher erleben ihn auch anders, wie er selbst im Gespräch verrät: "Die Leute, die zu uns kommen, sehen mich täglich. Ich sitze nicht nur im Büro, sondern spiele auch Hausmeister. Die Besucher sehen mich täglich in normalen Arbeiten, die sie gar nicht von mir erwarten. Das überrascht die Menschen oft."

Weißflog ist dabei bodenständig, so wie er es schon früher war – und gibt sich bescheiden. Er sagt, das höre er oft. Und ergänzt: "Man selbst kann sich schlecht beurteilen, wie man sich sieht. Das hat etwas mit der Erziehung zu tun und wie man aufgewachsen ist. Vielleicht hat es auch etwas mit der DDR-Zeit zu tun." Eine Lebensweise, die den gebürtigen Sachsen, der fünfmal DDR-Meister wurde, geprägt hat: "Viele konnten da, egal in welchem Beruf und wie erfolgreich sie waren, trotzdem nicht ausreisen. Es konnte sich keiner einen Ferrari leisten oder kaufen. Auch der Olympiasieger ist einen Trabi gefahren, und somit war das Ausbrechen nicht gegeben."

Einblicke von Weißflog, die zeigen, wie auch er als Sportler trotz des Erfolges keinen Sonderstatus bekam. Die Zeit der Wende hat er noch genau vor Augen: "Als die Mauer fiel, gab es viel mehr Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Ich wollte mich damals auch in Richtung Industriekaufmann weiterbilden, aber vieles ist dann dem Sport untergeordnet worden und ich hatte bis kurz vor meinem Karriereende keinen richtigen Plan."

Bis heute ist Jens Weißflog einer von nur fünf Athleten, die alle wichtigen Wettbewerbe (Gesamt-Weltcup, Vierschanzentournee, Olympia, WM) des Skispringens gewonnen haben. Das macht ihn zu Deutschlands erfolgreichstem Skispringer. Ihm ist es als Erstem gelungen, die Vierschanzentournee viermal zu gewinnen. Nach 1983/84, 1984/85, 1990/91 auch 1995/96. Weißflog: "Das war ein historisches Ereignis. Es gab die Möglichkeit schon 1994, aber damals hat es nicht geklappt. Ich habe nicht daran geglaubt, dass die Chance noch einmal bestehen könnte, eine Tournee noch einmal zu gewinnen."

Seine zurückhaltende Art spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie er seine Leistungen inzwischen betrachtet. "Rückblickend ist es eine interessante Geschichte, wenn man von oben auf sich selbst draufschaut", sagt der frühere Athlet ruhig und mit leichtem Lachen.

Auch er hat während seiner aktiven Zeit nicht nur Glanzzeiten erlebt: "Aus heutiger Sicht sieht es bei mir nach Konstanz aus, weil ich über einen langen Zeitraum immer wieder Erfolge hatte. Aber ich hatte auch Höhen und Tiefen. Wenn man sagt, dass man 1986, 87 und 88 keine Medaille gewonnen hat, dann ist es so. Die Saison bestand nicht immer nur aus einer Weltmeisterschaft oder Olympischen Spielen. Es gab auch andere Weltcupspringen, wo ich auf dem Podest stand. Es gab auch Wellenbewegungen, nur nicht so, dass man für die Masse weg war und wiederkam."

"Heute braucht man nicht nur Können"

Heutzutage sei es schwieriger, meint Weißflog und liefert auch gleich eine Erklärung mit: "Das hat etwas mit der Weiterentwicklung des Materials zu tun. Dadurch ist das Skispringen immer anfälliger von äußeren Bedingungen, wie dem Wind, geworden. Heute braucht man nicht nur Können, sondern auch unwahrscheinlich viel Glück, um konstant im Bereich des Podests zu erscheinen. Wenn wir früher schlechte Bedingungen hatten, dann waren wir maximal Zehnter. Wenn man heute schlechte Bedingungen hat, kann es sein, dass man aus dem ersten Durchgang rausfliegt."

Weißflog erzählt, dass er auch heute noch "intensiv" das Skispringen verfolge. "Trotzdem merke ich, dass der Abstand immer größer wird", sagt er weiter und gibt ein Beispiel: "Voriges Jahr war ich beim Sommer Grand Prix in Klingenthal beim Finale. Durch die Pandemie hatten alle Masken auf und zudem ihre Basecaps. Ich hatte wirklich Probleme, die Leute über die Augen zu erkennen. Es kommen immer neue, junge Leute dazu. Wenn man als Experte etwas gefragt wird, bedeutet das viel Engagement im Vorfeld, sich mit den Personen auseinanderzusetzen. Der Aufwand wird immer größer, weil man nicht mehr so eng mit dieser Geschichte tagtäglich verbunden ist." Gebunden ist er dafür umso mehr an sein Hotel. Es begleitet Weißflog seit seinem Karriereende.

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Auch während des Gespräches mit t-online legte er kurz den Hörer zur Seite, weil er noch eine Lieferung erwartet hatte. Die Hingabe für sein Hotel wird während des Gesprächs immer wieder deutlich. Weißflog sagt daher reflektiert: "Die Entscheidung damals mit der Investition in das Hotel und dem Beenden des Sports war die richtige. Aus heutiger Sicht kann bei einem Unternehmen auch so viel schiefgehen. Wir haben mittlerweile so viele Einflüsse von außen, die wir selbst nicht bestimmen können, wie die Corona- oder Energiekrise. Da scheitern viele gesunde Unternehmen. Es ist jetzt 26 Jahre gut gegangen, und das sind auch Dinge, worauf ich ein bisschen stolz bin."

Während der Corona-Krise musste die Skisprung-Ikone keinen Mitarbeiter entlassen. Die Bindung zum Personal ist Weißflog wichtig. "Durch das Hotel war nach der Karriere sofort eine Aufgabe da, die mich vereinnahmt hat. Dadurch ging der Tag rum. Ich konnte dadurch auch gar nicht darüber nachdenken, ob es richtig war, dass ich mit Sport aufgehört habe oder nicht. Viele Sportler lassen sich heute nach der aktiven Karriere Zeit und wollen sich ausprobieren. Das ist zwar eine schöne Geschichte, wenn man das nötige Kleingeld hat, zu warten, was kommt. Aber auf der anderen Seite ist es ein Problem, weil viele aus dem Probieren nicht mehr herauskommen. Sie bekommen dann nie einen festen Halt", meint Jens Weißflog.

"Etwas, das ich aus dem Sport mitnehme"

In dem Unternehmer steckt auch noch immer der Skispringer, wie er verrät. Eigenschaften aus dem Sport helfen ihm dabei auch heute noch in seinem Beruf: "Ich habe aus dem Skispringen mitgenommen, dass ich an Dingen dranbleibe. Der V-Stil hat uns viel gelehrt, als wir ein Jahr lang hinten dran waren und nicht zeitig genug umgestellt haben. Das ist etwas, das ich aus dem Sport mitnehme." Um das Jahr 1993 wurde im Skispringen die Sprungtechnik vom Parallel- auf den heute bekannten V-Stil umgestellt.

"Ich versuche vorauszudenken, bevor die Krise da ist. Auch Krisenbewältigung hängt mit dem Sport zusammen und ist noch ein Thema", sagt Weißflog und erklärt mit einem Schmunzeln: "Ich möchte nicht der Olympiasieger der Hoteliers sein, aber ich möchte das Unternehmen erfolgreich am Markt halten."

Und weiter: "Der Druck heute ist höher als zu Sportzeiten. Damals hatte ich öffentlichen Druck. Heute habe ich nicht nur für mich Verantwortung, sondern auch für meine über 25 Mitarbeiter", sagt Weißflog und fügt an: "Das ist für uns ganz wichtig, dass der Mitarbeiter auch zu uns passt und im Umkehrschluss ein gutes Gefühl hat."

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Jens Weißflog
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