Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Explosive Mischung Gut möglich, dass Sie Rüstungsaktien im Depot haben
Bei vielen Anlegern sind sie verpönt. Doch die Aktien von Rüstungsunternehmen stecken in immer mehr Depots. Selbst wenn die Kunden das nicht wollen.
Wetten, dass Sie Rüstungsaktien im Depot haben? Kann gar nicht sein? Das ist komplett ausgeschlossen? Vielleicht aber auch nicht! Wenn Sie nämlich in einen global anlegenden, börsengehandelten Indexfonds (Exchange Traded Fund) oder Fonds investieren, dann kann das sehr wohl sein. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, wenn die Branche nicht ausgeschlossen ist. Das gilt selbst dann, wenn Sie nachhaltig investieren.
Die Finanzexpertin
Jessica Schwarzer ist Finanzjournalistin, Bestsellerautorin und langjährige Beobachterin des weltweiten Börsengeschehens. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit. Mitte März 2024 ist ihr siebtes Buch "Erfolgreich investieren mit den besten Börsenstrategien" im Börsenbuchverlag erschienen. Bei t-online schreibt sie über Investments und Finanztrends, die eine breit gestreute Basis-Geldanlage ergänzen. Sie erreichen sie auf LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.
Alle Gastbeiträge von Jessica Schwarzer lesen Sie hier.
Welche Aktien stecken in einem ETF?
Denn sie wissen nicht, was sie tun? Das ist nicht nur ein sehr bekannter Filmtitel, sondern trifft leider auch auf viele Anlegerinnen und Anleger zu. Natürlich sollten wir nur in etwas investieren, das wir uns genau angeschaut haben und das wir auch verstehen. Doch bei allen guten Absichten – wenn wir ehrlich sind, wissen viele von uns nicht so ganz genau, was eigentlich in unseren Depots steckt. Vor allem dann nicht, wenn wir in börsengehandelte Indexfonds (Exchange Traded Funds) oder aktive Fonds investieren.
- Unterschied zwischen ETF und Fonds: Einfach erklärt
- ETFs: Darum sind sie eine so beliebte Form der Geldanlage
- Wie ein ETF-Sparplan funktioniert: Einfach erklärt
Oder können Sie die fast 1.600 Aktien im Weltaktienindex MSCI World aufzählen? Haben Sie sich schon mal den Quartalsbericht Ihres aktiv gemanagten Fonds samt allen veröffentlichten Positionen zu Gemüte geführt? Wohl kaum. Und damit sind Sie nicht alleine. Es reicht ja eigentlich auch, die Strategie, die grobe Länder- und Branchengewichtung und vielleicht noch die Top-Positionen zu kennen.
Viele Investoren haben ihre Einstellung hinterfragt
Zu unseren guten Absichten zählt aber eben oft auch, nicht in Rüstungsaktien zu investieren. Zumindest war das bis zum 24. Februar 2022 so. Rüstungsaktien waren geradezu verpönt. Doch dann überfiel Russland die Ukraine und unsere Welt war plötzlich eine andere. Viele Investoren haben ihre Einstellung hinterfragt. Denn Waffen dienen eben auch der Abschreckung und der Verteidigung, ob man nun will oder nicht.
Ob Rüstungsaktien aber deshalb auch ins Depot gehören beziehungsweise "dürfen"? Das müssen Sie selbst entscheiden. Die Titel liefen in den vergangenen Monaten auf jeden Fall extrem gut. Kein Wunder: Der Ukraine-Krieg beschert der Rüstungsindustrie Rekordgewinne. Dieser Boom könnte noch lange anhalten. Denn die Nachfrage ist hoch und dürfte weiter steigen. Doch kaum ein Anleger möchte sich als Kriegsgewinner sehen. Die wenigsten möchten darüber sprechen, dass sie mit Rheinmetall oder Lockheed Martin in den vergangenen beiden Jahren viel Geld verdient haben.
Nicht alle nachhaltigen Indizes schließen Rüstung aus
Und es gibt eben noch immer viele Anleger, für die ist und bleibt ein Investment in diese Branche ausgeschlossen. Und gerade sie müssen sehr genau hinschauen, was in ihren Fonds und ETFs drin ist und was nicht drin sein darf. Doch Vorsicht, selbst in Ihren nachhaltigen ETFs könnten Aktien von Waffenherstellern stecken. Dabei glaubt sich doch in der Regel auf der sicheren Seite, wer nachhaltig investiert.
Es stimmt auch: Die meisten nachhaltigen Fonds und ETFs schließen Waffen aus, aber eben nicht alle. Das zeigt der Blick auf die Indexfamilien und ihre Ausschlusskriterien. Während kontroverse Waffen in allen nachhaltigen Indizes ausgeschlossen sind, trifft das nämlich auf konventionelle Waffen (also alle Waffen, die mit konventionellen Sprengstoffen bestückt sind) nicht zu. Wenn Sie einen ETF aus den Indexfamilien MSCI Climate Change ESG Select oder MSCI ESG Universal im Depot haben, dann sind konventionelle Waffen sehr wohl erlaubt. Auch im S&P ESG und im Dax ESG sind sie nicht ausgeschlossen.
Themen-ETFs mit Waffen
Apropos ETFs, bekanntlich gibt es da nichts, was es nicht gibt. Also gibt es auch ETFs auf die Rüstungsbranche. Im vergangenen Jahr sind gleich zwei ETFs mit Schwerpunkt Rüstungsbranche gestartet. Im Juni 2023 brachte HANetf den Future of Defence ETF (ISIN: IE000J5TQP4) auf den Markt. Bereits drei Monate zuvor startete der VanEck Defence ETF (ISIN: IE000YYE6WK5).
Der VanEck-ETF bildet den Market Vector Global Defense Industry Index ab, den es erst seit drei Jahren gibt. Noch jünger ist der EQM Nato+ Future of Defence Index, den der HANetf abbildet. Dieser setzt übrigens nur auf Unternehmen, die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses Nato ausrüsten. Die Performance beider ETFs kann sich sehen lassen, auch wenn sie erst das Licht der Welt erblickten, als die Rally der Rüstungsaktien bereits lief.
Investieren in Abschreckung und Verteidigung
Glaubt man den Prognosen vieler Experten, dann ist die Branche weiterhin einen Blick wert. Ob Sie als Investor davon allerdings profitieren möchten, müssen Sie selbst entscheiden. Aber bedenken Sie dabei auch, dass Waffen der Verteidigung und der Abschreckung dienen; auch wenn wir darüber gar nicht nachdenken möchten und uns die damit verbundenen Schreckensszenarien nicht ausmalen wollen.
Ich bin übrigens noch unentschlossen, ob Rüstungsaktien in mein Depot dürfen. Allerdings dürfte ich über meine breit streuenden ETFs längst investiert sein. Denn auch ich habe mir nicht alle Positionen bis ins Detail angeschaut. Vielleicht sollte ich damit anfangen!
- Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
- Eigene Gedanken