Krise in München Das ist für Uli Hoeneß das Schlimmste
Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Nach elf Meisterschaften hintereinander droht dem FC Bayern die erste titellose Saison. Mit verheerenden Folgen?
Das Jahr ist erst drei Wochen alt, da steckt der FC Bayern schon in seiner ersten Krise. Nach der 0:1-Heimniederlage gegen Werder Bremen haben die Münchner in der Bundesliga sieben Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen. Auch wenn sie am Mittwoch im Nachholspiel gegen Union Berlin auf vier Punkte verkürzen können: Es droht die erste titellose Saison nach elf Deutschen Meisterschaften hintereinander. Denn im DFB-Pokal ist Bayern raus und in der Champions League die Konkurrenz teilweise übermächtig.
Besonders auffällig in dieser Saison: die Blamagen-Dichte. Erst ein 0:3 gegen Leipzig im Supercup, dann ein 1:2 in Saarbrücken im Pokal, im Dezember ein 1:5 in Frankfurt und nun das 0:1 gegen Werder. Trainer Thomas Tuchel: "Wir haben zwischen Übermut und Schongang versucht, ein Bundesligaspiel zu bestreiten."
Nach elf Meisterschaften und den Triple-Siegen 2013 und 2020 führt das zu der Frage:
Geht hier eine große Bayern-Ära zu Ende?
Ja, Bayern geht schweren Zeiten entgegen
Das Jahr 2020 war das erfolgreichste der Bayern-Historie. Sechs Titel holte Trainer Hansi Flick. In einer Saison. Das ist knapp vier Jahre her – und seitdem geht es bergab mit dem FC Bayern. Denn in diesen fast vier Jahren haben es die Münchner weder im DFB-Pokal noch in der Champions League ins Halbfinale geschafft. Und in der Liga wurde die Luft immer dünner: Letzte Saison die Last-Minute-Meisterschaft, dieses Jahr zieht Leverkusen davon. Auch, weil der Kader insgesamt von Jahr zu Jahr schlechter wird.
Ja, hier geht eine erfolgreiche Mannschaft ihrem Ende entgegen – und der Verein schweren Zeiten. Trotz Superstürmer Harry Kane. Und Riesentalent Jamal Musiala.
Trainer Thomas Tuchel beißt sich an den Spielern die Zähne aus. Die Helden von 2020 scheinen aktuell nicht mehr die Kurve zu bekommen: Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Leroy Sané, Serge Gnabry, Thomas Müller. Müller vermisste gegen Bremen sogar die Gier, immer wieder anzurennen, um doch noch zu gewinnen. Hier ist einfach keine echte und gallige Mannschaft mehr auf dem Platz.
Ganz sicher müssen die Bosse einen Umbruch herbeiführen, dürfen vor Kimmich oder Gnabry nicht haltmachen. Das wahre Problem kommt dann allerdings erst. Bayern hat in dieser Saison große Schwierigkeiten, neue Stars zu holen. Selbst mittelgroße Stars (João Palhinha, Radu Dragusin), Altstars (Kyle Walker, Kieron Trippier) oder Ersatzspieler von Topteams (Nordi Mukiele) kamen bisher nicht. Wie soll der Verein eine neue Mannschaft aufbauen, ohne für jeden Spieler 100 Millionen auf den Tisch zu legen wie bei Harry Kane?
Nein, jede Serie endet mal
Also ehrlich: Es gibt Schlimmeres für den FC Bayern als eine Niederlage gegen Bremen. Die Münchner haben noch immer eine Partie weniger als Leverkusen absolviert. Sollten sie also gegen Union siegen, wären es nur vier Punkte Rückstand. Und selbst wenn es mit dem Titel in diesem Jahr nichts wird: Leverkusen hätte den Meistertitel aus heutiger Sicht einfach verdient, spielt konstanter, effektiver und schöner Fußball. Und nur weil eine Serie von elf Meistertiteln in Folge für Bayern zu Ende gehen würde, wäre noch nicht Schluss mit der Ära. Jede Serie endet mal – und das ist auch gut so.
Sonst könnte keine neue Serie starten. Und das ist, was die Münchner in der kommenden Spielzeit tun werden. Mit Max Eberl als neuem Sportvorstand. Mit einem Gerüst an Topspielern. Mit Harry Kane, dem vielleicht besten Bundesliga-Stürmer, den es je gab. Mit Mathys Tel, der bis dahin den nächsten Schritt gemacht hat. Mit Jamal Musiala, der durch die EM in diesem Jahr weiter wachsen wird. Und mit einem defensiven Mittelfeldspieler, den Tuchel bis dahin haben wird. Ganz sicher.
Es ist vermessen zu glauben, dass der FC Bayern sich irritieren lässt. Dass es in Zukunft läuft, dafür werden die Bosse und nicht zuletzt Uli Hoeneß schon sorgen. Für den Ehrenpräsidenten ist es das Schlimmste, die Mannschaft nicht funktionieren zu sehen. Zur Not werden sie der Konkurrenz in der Bundesliga eben die besten Spieler wegkaufen. Nicht, um sich zu stärken, sondern um die Konkurrenten zu schwächen. So haben sie es mit Marcel Sabitzer und Konrad Laimer getan. Florian Wirtz könnte der Nächste sein.
Und übrigens: In der Saison 2019/20 führte RB Leipzig nach 18 Spieltagen mit vier Punkten die Tabelle an. Eine Saison zuvor nach dem gleichen Spieltag der BVB mit sechs Zählern. Meister wurde am Ende jeweils Bayern.
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Du verstehst nicht, worum es geht, oder?
Doch. Um deine Schwarzmalerei. Wie jede Woche.
Nein, wirklich. Beim FC Bayern passiert gerade Historisches.
Mal ehrlich, es geht doch nur noch bergab. Seit Jahren.
Mit dir meinst du? Ja, stimmt schon. Jetzt, wo du es sagst.
Hä? Nein, mit dem FC Bayern.
Seit dem Super-Jahr 2020 geht es nur noch bergab.
Weil sie seitdem die Champions League nicht mehr gewonnen haben, oder was?
Weil sie nicht mal im Halbfinale waren. Weder in der Champions League noch im DFB-Pokal.
Na ja.
Meister werden sie dieses Jahr auch nicht mehr. Sieben Punkte haben sie Rückstand auf Leverkusen.
Vier. Wenn sie am Mittwoch gegen Union gewinnen.
Tun sie aber nicht, wenn sie so spielen wie gegen Bremen.
Also, ganz ehrlich, 2019 war Dortmund sechs Punkte zum gleichen Zeitpunkt vorne. 2020 war Leipzig vier Punkte vorne. Und rate mal, wer am Ende Meister wurde?
Du verstehst nicht, worum es geht, oder?
Doch. Um deine Schwarzmalerei. Wie jede Woche.
Nein, wirklich. Beim FC Bayern passiert gerade Historisches. Da sehen wir das Ende einer großen Mannschaft. Einer Ära. Nach elf Meisterschaften. Nach sechs Titeln 2020.
Ja. Du siehst das nicht wir.
Dann mach die Augen auf.
Habe ich. Jede Serie reißt mal und das bedeutet nicht gleich das Ende einer Ära.
Die haben sich schon viermal blamiert in dieser Saison. Tuchel beißt sich an den Spielern die Zähne aus. Die Helden von 2020 kriegen die Kurve nicht.
Ganz ehrlich, die haben mit Harry Kane den vielleicht besten Bundesliga-Stürmer, den es je gab. Und mit Musiala einen Riesen-Fußballer. Ein sehr gutes Gerüst.
Aber das ist doch keine Mannschaft mehr, zumindest keine gierige, keine überragende.
Ja, aber es kommt ja auch noch Max Eberl, der neue gute Spieler holen kann.
Wen denn? Das wahre Problem von Bayern ist doch, dass sie gerade keine guten Spieler kriegen.
Harry Kane ist nicht gut.
Klar ist er gut. Er hat mehr als 100 Millionen Euro gekostet. Aber ansonsten? Die bekommen doch aktuell nicht mal einen Ersatzspieler aus Paris oder einen Altstar aus England.
Aber das war doch im Winter immer schwierig.
Das war im Sommer schon schwierig.
Also im Notfall kaufen sie einfach wieder die Konkurrenz in der Bundesliga kaputt.
Toller Plan.
Ja, aber es hat ja immer funktioniert. Zuletzt bei Upamecano, Laimer, Sabitzer und Nagelsmann von RB Leipzig. Na ja, und als Nächstes kommt eben Leverkusen mit Alonso und Wirtz.
Das hat eben nicht funktioniert, sonst wären sie ja nicht schlechter geworden in den letzten dreieinhalb Jahren.
Also Flo, um den FC Bayern musst du dir wirklich keine Sorgen machen. Aber was wirklich schlechter wird, ist meine Laune. Deine Leistung im Zweikampf und das Wetter.
Ach komm.
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