Kampf gegen Juckreiz Neurodermitis bei Kindern – diese fünf Tipps helfen im Alltag
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Jucken, Kratzen, Jucken: Der intensive Juckreiz einer Neurodermitis ist oft quälend. Besonders für Kinder. Wie sie die Auslöser vermeiden und welche Hautpflege hilft.
Die chronische Hautkrankheit Neurodermitis ist für Kinder sehr belastend: Besonders der intensive Juckreiz der Hautausschläge beeinträchtigt die Lebensqualität. Durch eine gute Hautpflege und das Vermeiden von Auslösern lassen sich die Symptome lindern.
Was ist Neurodermitis?
Neurodermitis ist eine in Schüben verlaufende chronische, nicht ansteckende Hautkrankheit, die durch Hautausschläge, Rötung, Krustenbildung, Bläschen und intensiven Juckreiz gekennzeichnet ist. Besonders das Hautjucken quält die Betroffenen so sehr, dass sie sich oft fest kratzen und dadurch weitere Verletzungen der vorgeschädigten Haut verursachen – was Entzündungsprozesse und weiteren Juckreiz provoziert.
"Häufig steht die Hauterkrankung mit einer Allergie in Zusammenhang. Dann spricht man von 'atopischem Ekzem' oder 'atopischer Dermatitis'. Die zwei wichtigsten Säulen der Neurodermitis-Therapie sind daher eine gute Hautpflege und das Vermeiden allergieauslösender Einflussfaktoren", erklärt Hautärztin und Allergologin Dr. Uta Schlossberger aus Köln.
Neurodermitis betrifft oft Kinder
Neurodermitis ist die häufigste chronische Hauterkrankung bei Kindern. Laut Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat in Deutschland jedes sechste bis zwölfte Kind unter sechs Jahren Neurodermitis. Die Ursachen der Neurodermitis oder atopischen Dermatitis sind nicht eindeutig geklärt.
Als wesentlicher Faktor gilt eine angeborene Veranlagung. Weitere Einflüsse wie Umweltfaktoren, Infekte, Allergien und psychisch belastende Ereignisse werden als begünstigende Faktoren diskutiert.
"Das erste Symptom einer Neurodermitis ist oft Milchschorf im Gesicht sowie an den Außenseiten von Armen und Beinen", erklärt Schlossberger. "Bei Milchschorf ist die Haut gerötet, nässt und zeigt Krustenbildung. Dann ist in jedem Fall eine hautärztliche Behandlung anzuraten, um einer Symptomverschlimmerung entgegenzuwirken und den Juckreiz zu lindern."
Neurodermitis beim Kind: Was gegen den Juckreiz hilft
Die tragende Säule bei Neurodermitis ist eine auf die Erkrankung abgestimmte und konsequent durchgeführte Hautpflege. Die Haut des Kindes sollte täglich eingecremt werden, bei Bedarf mehrmals, um die Hautbarriere zu stärken und ein Austrocknen zu verhindern. Besonders nach der Hautreinigung ist die Pflege mit einer rückfettenden Salbe wichtig.
"Beim Duschen oder Baden sollte das Wasser nicht zu heiß sein und die Dauer möglichst gering. Generell ist Duschen hautschonender als Baden", sagt Schlossberger. "Auf austrocknende Duschgele sollten Eltern verzichten und stattdessen zu Ölbädern und Duschölen ohne reizende Stoffe wie Duftstoffe greifen. Der Hautarzt berät hierzu."
Weitere Tipps gegen das Hautjucken sind:
- Enge Kleidung vermeiden
- Hautreizende Stoffe wie Wolle und Kunstfasern meiden
- Baumwolle und Leinen bevorzugen
- Mehrmaliges Waschen neuer Kleidung vor dem ersten Tragen, um reizende Stoffe herauszuwaschen
- Allergiegeeignete Waschmittel nutzen
- Schwitzen und Überwärmung vermeiden
- Das Kind nicht Zigarettenrauch aussetzen
Hautverletzungen durch Kratzen verhindern: Das können Eltern tun
Um weitere Hautreizungen und Hautverletzungen zu verhindern, ist es wichtig, dass Kinder nicht kratzen. Das ist leichter gesagt als getan, wenn Juckreiz quält. Eltern können darauf achten, dass die Fingernägel immer kurz geschnitten sind. Vorsichtiges Feilen mit einer weichen Nagelfeile entfernt scharfe Ecken und Kanten.
Ebenfalls können Eltern versuchen, dem Kind zum Schlafen leichte Stoffhandschuhe anzuziehen – sofern es diese anbehält. Für die Kleinsten gibt es Overalls mit angenähten Füßen und Händen. Besonders im Schlaf kratzen Kinder ihre Haut, da der Juckreiz ohne Ablenkung besonders intensiv wahrgenommen wird. Tagsüber können kühlende Umschläge das Jucken lindern, ebenso sanftes Drücken und Reiben. Kratzen sollte vermieden werden.
Ist Milch bei Neurodermitis tabu?
Etwa jedes dritte Kind mit Neurodermitis leidet Angaben der BZgA zufolge zusätzlich unter einer Lebensmittelallergie. "Liegt eine Lebensmittelallergie vor, ist es sinnvoll, eine konsequente Ernährungsumstellung durchzuführen, um Neurodermitis-Schüben entgegenzuwirken", sagt Schlossberger.
"Bei einer Milchallergie beispielsweise ist eine Ernährungsberatung besonders anzuraten, da Milch in vielen Lebensmitteln enthalten ist. Es muss darauf geachtet werden, dass das Kind nicht in eine Mangelernährung kommt." Eine Ernährungsberatung hilft, die allergieauslösenden Stoffe zu umgehen und durch andere nährstoffreiche Lebensmittel zu ersetzen
Zur Person
Dr. Uta Schlossberger ist Hautärztin mit eigener Praxis in Köln. Neben der Dermatologie und Venerologie gehören die Bereiche Allergologie, Lasermedizin, Ästhetische Dermatologie und Anti-Aging zu den Schwerpunkten der Fachärztin.
Ernährungsempfehlungen bei Neurodermitis
Stillen gilt als wichtiger Allergieschutz für Kinder. Ist Stillen nicht möglich, rät die Expertin Müttern, sogenannte HA-Milch zu füttern, also hypoallergene Milch. Bei HA-Milch sind die Eiweißbausteine der Kuhmilch, welche eine bedeutende Rolle für das Auslösen von Allergien spielen, durch ein spezielles Herstellungsverfahren in kleine Eiweißbausteine aufgespalten. Dadurch lässt sich das Risiko einer Allergie reduzieren. Des Weiteren empfiehlt Schlossberger, Kindern im ersten Lebensjahr keinen Zucker zu geben.
"Merken Eltern, dass ihr Kind Neurodermitiker wird, sollte es, solange es geht, keine Säfte bekommen. Auf Südfrüchte und Kernobst sollte komplett verzichtet werden", sagt Schlossberger. Des Weiteren rät die Expertin, Beikost steigend einzuführen: Am besten mit Kartoffeln beginnen und dann ganz langsam, über Monate hinweg, eine weitere Beikost einführen, etwa Karotten oder Kürbis.
Treten bei einem Lebensmittel Flecken am Körper oder ein Ausschlag am Mund auf, sollte dieses nicht mehr gefüttert werden. "Vor dem sechsten Lebensjahr sollte man keine Allergietestung machen, da bis dahin das Immunsystem noch gar nicht gefestigt ist. Vorsichtiges Ausprobieren bestimmter Lebensmittel und Beobachten der Haut des Kindes sind daher die wichtigsten Maßnahmen", sagt Schlossberger. Eine Ernährungsberatung speziell für Neurodermitis kann Eltern unterstützen.
Sonne und Neurodermitis: Darauf kommt es an
Kinder unter zwei Jahren sollten keiner direkten Sonne ausgesetzt werden – unabhängig davon, ob sie Neurodermitis haben oder nicht. Bei Neurodermitis ist im Umgang mit der Sonne einiges zu beachten:
- Sonne und Wärme begünstigen Schwitzen. Schweiß reizt die Haut und kann Juckreiz und Ausschläge verschlimmern
- Sonne wirkt austrocknend auf die Haut. Wird die Hautschutzbarriere geschwächt, kann das Schübe verstärken
- Ein Sonnenbrand ist eine Hautentzündung und sollte bei Neurodermitis unbedingt vermieden werden, um die Beschwerden nicht zu verschlimmern
- Beim Sonnenschutz gilt, wie auch bei der Hautpflege im Allgemeinen: Bei den Produkten bleiben, welche die Haut verträgt und die möglichst wenig Inhaltsstoffe enthalten. Auch hier ist es ratsam, die Empfehlung des Hautarztes einzuholen
"Für Neurodermitis-Betroffene sind mineralische Sonnenschutzmittel die erste Wahl, beispielsweise mit Titanoxid oder Zinkoxid. Diese sind verträglicher als chemische Sonnenschutzmittel", sagt Schlossberger. "Duft- und Konservierungsstoffe sind zu vermeiden. Für Kinder gehören zudem Sonnenschirm und Sonnenhut zu den wichtigen Sonnenschutz-Maßnahmen."
Medizinische Wirkstoffe bei Kinder-Neurodermitis
Nicht immer reichen eine reichhaltige und sorgsame Hautpflege mit rückfettenden und feuchtigkeitsbindenden Pflegemitteln, Ernährungsanpassungen und Vermeidung von Reizstoffen aus, um die Beschwerden in einem gewünschten Maße zu lindern. Dann können Medikamente gegen Jucken und Entzündung Anwendung finden, darunter Kortison. Kortisonsalben lindern Juckreiz und Entzündungen.
Ebenfalls zur Behandlung von Neurodermitis zugelassen sind Pimecrolimus und Tacrolimus. Beide Medikamentenwirkstoffe gehören zur Gruppe der sogenannten Calcineurin-Antagonisten. Die Immunmodulatoren hemmen bestimmte Substanzen, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind.
Bei ausgeprägter Neurodermitis stellt die Einnahme von Tabletten eine weitere Option dar. Diese regulieren das Immunsystem, etwa Ciclosporin. Der Wirkstoff Dupilumab hingegen wird gespritzt. Welche Wirkstoffe in welchem Alter verabreicht werden dürfen und welche möglichen Nebenwirkungen es gibt, dazu berät der behandelnde Arzt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- kindergesundheit-info.de: "Neurodermitis (atopische Dermatitis) bei Kindern". Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). (Stand: Aufgerufen am 20. März 2024)
- kinderaerzte-im-netz.de: "Neurodermitis – nützliche Hinweise". Online-Information des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ). (Stand: Aufgerufen am 20. März 2024)
- gesundheitsinformation.de: "Neurodermitis (atopisches Ekzem)". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 20. Januar 2021)
- gesundheitsinformation.de: "Kortison und Medikamente zum Auftragen". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 20. Januar 2021)
- gesundheitsinformation.de: "Lichttherapie, Tabletten und Spritzen". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 20. Januar 2021)
- gesundheitsinformation.de: "Kann es bei Neurodermitis helfen, bestimmte Lebensmittel wegzulassen?". Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 20. Januar 2021)
- kindergesundheit-info.de: "Neurodermitis (atopische Dermatitis) und Ernährung". Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). (Stand: Aufgerufen am 20. März 2024)
- allergieinformationsdienst.de: "Neurodermitis (Atopisches Ekzem)". Online-Information des Allergie-Informationsdienstes am Helmholtz Zentrum München. (Stand: 2018)