"Schlag der Vergeltung" Bei Angriff auf die Krim-Brücke: Russland droht den USA
Die Krim-Brücke steht schon lange auf der Liste der Ziele der Ukraine. Russland reagiert zunehmend nervös.
Es war wohl als Scherz gemeint, als der litauische Botschafter in Schweden, Linas Linkevičius, Ende April auf X ein Bild der Krim-Brücke, einer abfliegenden Rakete sowie von Wladimir Putin zeigte und dazu schrieb: "Wenn jemand bislang nicht die Chance hatte, sich ein Bild von der Kertsch-Brücke zu machen, es ist noch Zeit." Die Brücke trägt auch diesen Namen wegen der Straße von Kertsch, die darüber führt. In Moskau kam das nicht gut an.
Dmitry Polyansky, stellvertretender russischer Repräsentant bei den Vereinten Nationen, warnte Linkevičius, der auch mal Außenminister seines Landes war. Es werde "ein Tag des höchsten Gerichts" kommen, an dem "unterwürfige baltische Sümpfe" solche Aussagen bedauern würden.
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Russische Sprecherin warnt die USA
Die Nervosität in Russland scheint zu wachsen. Am Freitag legte die Sprecherin des russischen Außenministeriums nach: Vorbereitungen der USA und seiner Verbündeten auf einen Angriff würden eine Vergeltung nach sich ziehen, sagte Marija Wladimirowna Sacharowa. Sie sah die Krim-Brücke wieder unter Beschuss.
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Tatsächlich wurde die Brücke 2022 erheblich beschädigt, als ein Lastwagen mit Sprengstoff auf ihr explodierte. Sie konnte aber repariert werden. Seitdem gab es immer wieder ukrainische Versuche, auch mit Seedrohnen, die wichtige Verbindung zum Festland zu trennen – bislang erfolglos.
Das könnte sich aber ändern. Die USA haben weitere ATACMS-Raketen für die Ukraine angekündigt. Diese reichen zwar bislang nicht bis zur Brücke, können aber die russische Luftabwehr auf der Krim angreifen. Ein Treffer der Brücke wäre von der Reichweite her mit deutschen Taurus-Raketen möglich, die bis zu 500 Kilometer weit fliegen können. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz bleibt bislang bei seinem Nein zur Lieferung.
Angriff mit F-16-Kampfjets?
Sacharowa sieht bereits Vorbereitungen auf einen Angriff und diese schließen für sie die Hilfe des Westens mit ein. Sie bezieht sich dabei auf die amerikanischen ATACMS-Raketen. Und: Sie verwies laut "Newsweek" auf die angekündigte Lieferung von F-16-Kampfjets, die die Krim-Brücke erreichen könnten. Angesichts der noch immer starken russischen Luftabwehr dürfte es aber fraglich sein, ob die Ukraine einen erst gelieferten Jet auf eine solche Mission schicken würden.
"Wir möchten Washington, London und Brüssel noch einmal warnen, dass jedes aggressive Vorgehen gegen die Krim nicht nur zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch einen unzerstörbaren Vergeltungsschlag nach sich ziehen wird", sagte Sacharowa, ohne näher darauf einzugehen.
Wie so oft versucht Russland eine rote Linie zu ziehen, um den Westen von weiteren Hilfen abzuhalten. Die Krim-Brücke ist ein Vorzeigebauwerk von Putin, das er nach der völkerrechtswidrigen Einnahme der Halbinsel bauen ließ. Kurz vor dem Tag des Militärs, am 9. Mai, wäre ein erfolgreicher Angriff für ihn eine Demütigung. Dieser würde aber auch eine wichtige Versorgungsroute abschneiden.
Sollte die Brücke dauerhaft beschädigt werden, wäre Moskau gezwungen, militärischen Nachschub auf der Straße durch die besetzte Südukraine zu transportieren. Die Route würde über die Provinzen Cherson und Saporischschja führen, die Russland im Frühjahr 2022 teilweise eingenommen hat, wo aber noch immer heftige Kämpfe toben.
Wissenschaftler: Taktische Nuklearschläge könnten passieren
Die Vergeltungsschläge, die Russland nennt, dürften sich gegen die Ukraine richten. Der Politikwissenschaftler Gerhard Mangott geht jedoch nicht davon aus, dass es Flächenbombardements auf ukrainische Städte geben würde, "denn die Städte in der Ukraine sind gut geschützt", sagte er ntv. Allerdings warnt er vor einem anderen, gefährlicheren Szenario: "Ein Rückgriff auf taktische Nuklearwaffen, das könnte passieren, ein demonstrativer Test einer solchen Nuklearwaffe oder eine Detonation einer solchen Nuklearwaffe in der Atmosphäre könnte ein verheerender Gegenschlag sein."
Dass ein Angriff auf die Krim-Brücke kommen wird, dürfte außer Frage stehen. Der ukrainische Geheimdienst hatte vor einem Monat bereits laut "Guardian" gesagt, man plane einen weiteren Schlag. "Wir werden es in der ersten Hälfte des Jahres 2024 tun", sagte ein Beamter Anfang April dem "Guardian" und fügte hinzu, dass Kyrylo Budanow, der Leiter der Hauptdirektion für Nachrichtendienste, bereits "die meisten Mittel hat, um dieses Ziel zu erreichen".
Die Frage ist nur, ob kleine Kommandoeinheiten ausreichen oder ob man auf reichweitenstarke Raketen des Westens wartet. Von den russischen Drohungen wird sich die Ukraine kaum abhalten lassen.
- english.nv.ua: "Lithuanian diplomat's Crimean Bridge joke draws Russian threats" (englisch)
- n-tv.de: "Einsatz taktischer Nuklearwaffen könnte passieren"
- newsweek.com: "Russia Issues Direct Warning to US Over Crimea: 'Doomed to Failure'" (englisch)