Vor der Küste Yucatans Tiefstes natürliches Meeresloch der Erde identifiziert
Im Jahr 2023 wurde vor der Küste Yucatans ein 274 Meter tiefes Karstloch vermessen. Jetzt haben Forscher erneut nachgeschaut und waren überrascht.
In Mexiko ist vor der Küste Yucatans das tiefste sogenannte "Blue Hole" (zu Deutsch: blaues Loch) der Erde identifiziert worden. Die Forscher maßen bis in eine Tiefe von 420 Metern. Der Grund des durch die Naturgewalten entstandenen Lochs im Meeresboden konnte bei der Messung jedoch nicht erreicht werden, berichten sie in der Fachzeitschrift "Frontiers in Marine Science".
Damit löst das Loch den bisherigen Rekordhalter, das 300 Meter tiefe "Drachenloch" in China, ab. Die Wissenschaftler um den mexikanischen Ingenieur Juan Carlos Alcérreca-Huerta, der an der Technischen Universität Braunschweig promovierte, nannten das Karstloch "Taam Ja‘ Blue Hole" (TJBH). Es liegt an der Küste der Chetumal Bay auf Yucatan in einer brackigen Lagune.
Als Forscher im vergangenen Jahr versuchten, die Tiefe des Lochs mittels Echolot zu messen, kamen sie auf einen Wert von 274 Meter. Damit galt das Loch als das zweittiefste der Erde. Nun wurde noch einmal nachgelegt. Dazu tauchten die Forscher am oberen Rand ab und untersuchten die steilen, mit einem sogenannten Biofilm überzogenen Wände des Lochs bis in eine Tiefe von 25 Metern.
Sonde an 500 Meter langem Kabel
Parallel dazu ließen sie einen CTD-Profiler, eine mit Sensoren für Wasserdruck, Temperatur und Leitfähigkeit bestückte Tauchsonde, von einem Boot aus in das Loch hinab – an einem 500 Meter langen Kabel.
Die Auswertung der Messungen hat die Forscher überrascht: Entgegen der früheren Sonardaten ergaben die CTD-Werte für das Blue Hole eine Tiefe von mehr als 420 Metern. "Damit etablieren diese neuen Resultate das Taam Ja’ Blue Hole eindeutig als das tiefste Blue Hole der Welt – und noch immer wurde der Grund nicht erreicht", schreiben Alcérreca-Huerta und seine Kollegen vom Forschungszentrum Ecosur. Das Karstloch im mexikanischen Chetumel ist damit mehr als 100 Meter tiefer als der bisherige Rekordhalter, das "Drachenloch" in China.
Ein Grund dafür, dass die Echolotmessungen aus dem Jahr 2023 nur eine Tiefe von 274 Metern ergaben, könnte laut Alcérreca-Huerta die Form des Lochs sein. Es verlaufe im unteren Teil nicht senkrecht. "Die Echolotmessungen konzentrierten sich primär auf die Nordseite, wo die Tiefe nur bei rund 250 Meter unter Normalnull liegt", erklärt das Team in seiner Studie.
Was genau ist ein Karstloch?
In vielen Karstgebieten rund um den Globus (zum Beispiel die Schwäbische Alb) finden sich Höhlen, unterirdische Flüsse und Einsturzlöcher – eine Folge jahrtausendelanger chemischer Verwitterung durch einsickerndes Wasser. Besonders spektakulär sind die Auswirkungen dieses natürlichen Phänomens auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan sichtbar: Hier haben diese Prozesse zu einer Vielzahl von Cenoten geführt. Weil "Taam Ja‘ Blue Hole" unter der Meeresoberfläche liegt, gilt es als "Blue Hole".
Cenoten sind kreisrunde, mit Süßwasser gefüllte Sinklöcher, die sich in das Kalkgestein des Untergrunds eingegraben haben. Sie bilden einzigartige Wasserreservoire und stellen für viele Tierarten einen wichtigen Lebensraum dar. Darüber hinaus spielten sie in der Kultur der Maya, die einst die Region bevölkerten, eine zentrale Rolle. Für diese antike Zivilisation galten Cenoten als heilige Eintrittspforten in die Unterwelt.
- Frontiers in Marine Science: "Recent records of thermohaline profiles and water depth in the Taam ja’ Blue Hole (Chetumal Bay, Mexico)" (englisch)
- scinexx.de: "Tiefstes Blue Hole der Welt identifiziert"