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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Chaos droht Wissenschaftler diskutieren: Braucht der Mond eine eigene Uhrzeit?
Wie spät ist es eigentlich auf dem Mond? Das ist eine Frage, die Wissenschaftler aktuell umtreibt. Wird sie nicht geklärt, könnte es zu Chaos führen.
Wie viel Uhr ist es eigentlich auf dem Mond? Das ist eine Frage, die Wissenschaftler zunehmend beschäftigt. Warum? Weil bei Missionen generell die koordinierte Weltzeit (UTC) benutzt wird, haben Weltraumfahrzeuge zunehmend Probleme. Denn sie synchronisieren sich untereinander nicht.
Das ist bei der aktuell überschaubaren Anzahl an Sonden und Raketen zwar nicht ganz so tragisch. Aber: Je mehr Fahrzeuge und zukünftig auch permanente Basen hinzukommen, umso notwendiger wird es, ein einheitliches System zum Messen der Zeit zu finden.
Immerhin planen fünf Länder (China, USA, Russland, Südkorea, Israel und Indien) und die EU aktuell Mondmission, bemannt und unbemannt. Die US-Weltraumbehörde Nasa will in diesem Jahrzehnt sogar wieder Astronauten zum Mond schicken.
Wird es eine einheitlich Mondzeit geben?
Wissenschaftler wie Jörg Hahn, Experte der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, sehen die Notwendigkeit einer gemeinsamen Mondzeit, um Kooperation und Kommunikation möglich zu machen: "All das muss auf eine Art Zeitbezug zurückgeführt werden, sonst herrscht Chaos und die Dinge passen nicht zusammen", so Hahn im Gespräch mit der Fachzeitschrift "Nature".
Dies sei besonders wichtig, um Positionen auf dem Mond mithilfe einer GPS-ähnlichen Technik bestimmen zu können. Die Koordinaten einer Person oder eines Fahrzeugs werden nämlich im Zusammenspiel mit drei Satelliten dargestellt.
Die Zeit, die die Signale von jedem der Satelliten zu der besagten Stelle brauchen, ergibt dabei die Position. Damit das funktioniert, muss die Zeit aber exakt gleich gemessen werden.
Ganz so einfach ist das aber nicht. Denn der Relativitätstheorie zufolge ticken die Uhren auf dem Mond etwas schneller. Weil der Mond ein schwächeres Gravitationsfeld als die Erde hat, schätzt Nasa-Wissenschaftlerin Cheryl Gramling, dass die Zeit dort pro 24 Stunden 56 Mikrosekunden – also 56 Millionstel einer Sekunde – schneller läuft. Was erst einmal nicht dramatisch klingt, kann einen großen Unterschied machen, wenn es um die Bestimmung von Positionen und Kommunikation geht.
So könnte die Mondzeit bestimmt werden
Basierend auf diesen Ausgangspunkten gibt es mehrere Möglichkeiten, um die neue Mondzeit festzulegen. Zum einen könnte die von mehreren Atomuhren auf dem Himmelskörper gemessene Zeit in regelmäßigen Abständen an die koordinierte Weltzeit angepasst werden. So würden Erde und Mond synchronisiert werden.
Anderseits könnte man beispielsweise eine (minimal schnellere) Zeit auf dem Mond eigenständig weiterlaufen lassen und den wachsenden Unterschied zur koordinierten Weltzeit darzustellen.
"Nature" zufolge könnten künftig – vor allem mit Blick auf mögliche Besiedelungen – unabhängige Zeiten Sinn ergeben, wenn eine zeitliche Synchronisierung mit der Erde logistisch schwieriger ist.
Eine weitere Frage, die sich stellt, ist jene, ob Mondregionen wie auf der Erde in unterschiedliche Zeitzonen eingeteilt werden sollen. In jedem Fall ist es aber wahrscheinlich, dass das 24-Stunden-System der Erde auch für Menschen im All bedeutend bleibt.
Ein Grund ist unter anderem der natürliche Schlafrhythmus. Weil sich der Mond etwa alle 29 Tage um seine eigene Achse dreht, ist dort ein Tag auch rund 29 Erdtage und nicht 24 Stunden lang.
- nature.com: "What time is it on the Moon?"(Englisch)
- Nachrichtenagentur dpa