Schurkenjuroren Sabotiert ein Geschworener den Trump-Prozess?
Der Strafprozess gegen Donald Trump schreitet voran, die Juroren wurden ausgewählt. Doch sind sie wirklich unabhängig?
Der ehemalige Reality-TV-Star Donald Trump steht derzeit in New York vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, einer ehemaligen Pornodarstellerin Geld gezahlt zu haben, damit diese über eine Affäre mit Trump Stillschweigen wahrt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die Fälschung von Geschäftsunterlagen vor. Trump hat auf nicht schuldig plädiert.
Das Verfahren könnte durchaus Auswirkungen auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen haben, schließlich trachtet Trump nach einer Rückkehr ins Weiße Haus, das er 2021 verlassen musste.
Nach einem schwierigen Auswahlprozess ist seit Donnerstag eine zwölfköpfige Jury gefunden, die über Trumps Schuld oder Unschuld in dem Verfahren entscheidet. Aufgrund der enormen Popularität des Angeklagten hatte es länger als üblich gedauert, zwölf Personen zu finden, die vor Gericht ihre Unvoreingenommenheit unter Beweis stellen konnten. Denn wer in den USA als Juror auftreten will, muss vor allem eines sein: neutral.
Diese Neutralität versuchen Staatsanwaltschaft und Verteidigung durch kritische Fragen an die potenziellen Juroren zu gewährleisten. Etliche der rund 500 Kandidaten waren daher schon nach kurzer Zeit wieder nach Hause geschickt worden. Sie gaben entweder selbst zu Protokoll, nicht unabhängig zu sein oder die Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit waren nach der Befragung so groß, dass sie von ihren Pflichten entlassen wurden.
Nun stehen die zwölf Geschworenen fest. Auch ein Ersatzjuror wurde schon gefunden. Es werden allerdings noch etwa fünf weitere Ersatzkandidaten gesucht, bevor dann am Montag möglicherweise bereits mit den Eröffnungsplädoyers begonnen werden könnte, wie Richter Juan Merchan erläuterte.
Ziel des "stealth jurors": einstimmiges Urteil verhindern
Dennoch bleibt die Sorge, dass sich unter den Juroren ein oder mehrere Stealth Jurors befinden könnten. Unter diesen sogenannten Schurkenjuroren versteht man Bürger, die ihre Rolle mit unlauteren Absichten bekleiden. Während für die meisten Juroren das Geschworenendasein eine anstrengende Bürgerpflicht sein dürfte – immerhin wohnen die Juroren oft wochenlang dem Prozess bei, können nicht zur Arbeit und müssen während der gesamten Zeit ihre Anonymität wahren – verfolgen Schurkenjuroren persönliche Motive. Sie haben eine vorgefertigte Meinung zu einem Fall und damit zu einem Angeklagten.
Das Phänomen könnte im Fall Donald Trumps vor allem von der Verteidigung genutzt werden, um dem Ex-Präsidenten einen Freispruch zu verschaffen. Wenn es dem Trump-Team gelingt, einen Sympathisanten in die Jury zu schmuggeln, könnte dieser den ganzen Prozess torpedieren, indem er ein einstimmiges Urteil verhindert. Das Besondere am amerikanischen Geschworenensystem ist nämlich genau das: Ein Urteil kann nur einstimmig gefällt werden.
Der US-Rechtsexperte Stephen Duffy hält es sogar für wahrscheinlich, dass dies auch in diesem New Yorker Strafprozess gegen Trump passieren könnte: "Ich habe überhaupt keine Zweifel daran, dass es unter den Kandidaten für die Geschworenen welche gibt hat, die unbedingt in die Jury wollten", so Duffy gegenüber "The Independent". "Da sind bestimmt Kandidaten, die entweder für oder gegen ihn [Trump] sind, die aber ganz bewusst ihre Meinung nicht zum Besten geben, um bei dem Prozess dabei zu sein."
Juror hatte Details seiner Vergangenheit verschwiegen
Trumps Prominenz machte die Aufgabe für das Gericht besonders schwer, denn so gut wie jeder Amerikaner hat wohl schon einmal von dem 77-Jährigen gehört. "Wir erwarten von Ihnen nicht, dass sie in den vergangenen acht Jahren unter einem Stein gelebt haben", sagte der stellvertretende Staatsanwalt Joshua Steinglass zu einer Gruppe möglicher Juroren am Dienstag. "Wir wollen nur wissen, ob sie im Laufe dieses Prozesses fair und unparteiisch bleiben können, obwohl sie den Angeklagten vermutlich alle gut kennen". Wer diese Frage bejahte, hatte gute Chancen, in die Jury aufgenommen zu werden.
Dennoch bleibt das Risiko hoch. So wurde im Laufe der Woche ein Juror, der bereits ausgewählt worden war, wieder entlassen, weil der Staatsanwalt ihn offenbar für einen Schurkenjuroren hielt. Er hatte verschwiegen, dass er früher politisch aktiv gewesen ist.
Auf ihrem Blog "Civil Discourse" schrieb die ehemalige US-Bundesstaatsanwältin Joyce Vance zudem von Bemühungen von Trump-Anhängern, den Prozess ganz bewusst durch einen Stealth Juror zum Platzen zu bringen. Demnach gebe es eine Gruppe von Trump-Fans, die es sich zur Aufgabe gemacht habe, einen solchen korrumpierten Geschworenen in der Jury unterzubringen.
Um dahingehende Warnzeichen frühzeitig ausfindig zu machen, heuern beide Seiten, Anklage als auch Verteidigung, bei großen Prozessen wie diesem ein Heer an Ermittlern an, die in der Vergangenheit der Juroren-Kandidaten wühlen. "Hintergrund-Überprüfungen sind der Weg, um unlautere Kandidaten ausfindig zu machen", sagt Rechtsexperte Duffy. "Und es gibt keinen Zweifel daran, dass beide Seiten dies auch jetzt tun."
- independent.co.uk: Could a stealth juror derail Trump’s trial? (englisch)
- newsweek.com: How a 'Stealth Juror' Could Sink Trump Hush Money Case (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa