Kingston-Bobber R 75/6 Ist das die schönste BMW aller Zeiten?
Dirk Oehlerking gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er über seine "Babys" spricht. Die "Babys" sind in dem Fall Motorräder - besser gesagt, schick hergerichtete und gestylte Custom-Bikes. "Auf meinen Maschinen erlebst du das Motorradfahren noch richtig", sagt der 50-Jährige, Besitzer der Tuning-Schmiede Kingston Custom in Gelsenkirchen.
BMW-Bobber R 75/6: Hauptsache schlank und schön
Weniger ist mehr, lautet dabei sein Motto: Was entbehrlich ist, wird abgeschraubt. Es kommt nicht auf Motorleistung an, sondern vielmehr auf puristische Optik. Auch moderne Technik wird verbaut. Hauptsache, die Maschine ist am Ende schlank, schön und strahlt in einem gewissen Retro-Look - wie bei seinem BMW-Bobber auf Basis einer R 75/6 aus den Siebziger Jahren.
Oehlerking: "Ich verkaufe einen Lifestyle"
Das kommt offenbar gut an, denn die Maschine hat ruckzuck einen Käufer gefunden und ging für 15.000 Euro nach New York. "Ich verkaufe einen Lifestyle", sagt Oehlerking, der vor einigen Jahren sein eigens Motorradgeschäft auflöste und sich von da an nur noch auf das Customizing konzentrierte. "Ich habe damals schon den Trend entdeckt, dass immer mehr Motorradfahrer eine individuelle, einzigartige Maschine - ja etwas besonders - besitzen wollen." Der Erfolg gibt ihm recht: Oehlerking kann sich vor Aufträgen kaum retten.
Finanzkräftige Männer schlagen zu
So wie Oehlerking geht es derzeit vielen Customizern. Ob Hamburg, München, Berlin, Köln oder eben Gelsenkirchen - die Szene blüht regelrecht. Die schraubenden Designer übertrumpfen sich immer wieder mit neuen Ideen für ihre Kundschaft. Anfragen kämen von sehr unterschiedlichen Leuten, betont Oehlerking. Doch meist seien es finanzkräftige Männer mittleren Alters, die Interesse an seinen Motorrädern hätten. "Die fahren einmal in drei Wochen vielleicht 300 Kilometer, wollen dann aber auch ein intensives Fahrerlebnis haben." Befreit von jeglichem Alltagsstress, sozusagen.
Inspiration kommt beim Schrauben
Bestes Beispiel - im wahrsten Sinne des Wortes - ist auch der BMW-Bobber. Die Maschine ist ebenfalls befreit von allem Überflüssigem. Keine Scheibe, kein Kunststoff und sogar kein Kotflügel. Den hat Oehlerking kurzer Hand ans Hinterrad gebaut. "Die Inspiration kommt mir meistens erst, wenn das Motorrad gestrippt vor mir auf der Bühne steht", verrät er. Doch ein Merkmal bleibt bei all seinen Maschinen gleich: Die Federwege sind kurz, die Bikes sehr flach gebaut. Die Sitzhöhe bei der BMW beispielsweise misst nur 530 Millimeter.
Standgas wie ein Herzschlag
Ein Augenschmaus ist auch der Motor mit den beiden Auspuff-Rohren im Norton-Style. Den Boxer hat Oehlerking mitsamt Getriebe komplett zerlegt und überholt. Nun kommt das Aggregat bei Standgas mit rund 750 Umdrehungen aus - herzschlaggleich. Gut vorstellbar, wie herrlich die BMW vor sich hinblubbert.
Harley erweist Ehre: "Dann ist es doch keine Kingston"
An seinem nächsten "Baby" schraubt Ohlerking bereits. Er hat wieder eine alte BMW gekauft und will nun noch einmal - wegen der starken Nachfrage - einen identischen BMW-Bobber auf die Räder stellen. Auch Harlyey Davidson will von Oehlerking ein Modell umgebaut haben. Geht da etwa ein neuer Stern am Tuner-Himmel in Deutschland auf? Offenbar: "Die Jungs von Harley habe ich gefragt, warum sie denn nicht selbst Hand an die Maschine legen würden. Sie antworteten mir: 'Dann ist es doch keine Kingston.' Das hat mich echt umgehauen."