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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Warum sie süchtig machen können Finger weg von Energydrinks
Glaubt man den Werbespots, verleihen Energydrinks Flügel. In Wahrheit ist die leistungsfördernde Wirkung der Getränke gar nicht nachgewiesen.
Es wird Sommer und das Leben verlagert sich wieder in die lauen, langen Nächte. Für viele junge Menschen heißt es jetzt, feiern, was das Zeug hält. Wenn dann am nächsten Tag die Müdigkeit zuschlägt, sind Energydrinks ein beliebtes Mittel, um sich wieder aufzuputschen. Aber heben diese Getränke wirklich unser Energielevel? Und wenn ja, zu welchem Preis?
Zu einem hohen Preis, sagen Ernährungsexperten. Vor allem, wenn man zu viel davon trinkt. Dann können Energydrinks Herzrasen und Kreislaufprobleme auslösen, im schlimmsten Fall sogar zu Nierenversagen führen. "Für die Fachleute gilt man dann als Vieltrinker, wenn man binnen 24 Stunden mehr als einen halben Liter hinunterkippt", sagt Riyad Salhi von der AOK Hessen.
So entsteht eine Sucht nach Energydrinks
Ernährungsexpertin Katharina Gantenberg warnt im Gespräch mit t-online vor einer Suchtgefahr: "Wer mehr als vier bis sechs Drinks täglich trinkt, für den besteht die Gefahr einer körperlichen Abhängigkeit. Entzugserscheinungen in Form von Kopfschmerzen, Nervosität, Konzentrationsstörungen und Reizbarkeit sind weitere Nebenerscheinungen."
Und diese vier bis sechs Drinks können schneller erreicht sein, als mancher denkt: Energydrinks werden gerne mit Alkohol gemischt, zum Beispiel als Energy-Wodka oder Mojito-Bull. Wer nachts in der Bar mehrere dieser Mischgetränke leert, kaum schläft und dann am nächsten Tag auch noch Energydrinks als Gegenmittel einsetzt, ist schnell bei mehr als einem halben Liter.
Der süße Geschmack überlagert den Alkoholgeschmack
"Die aufputschende Wirkung von Energydrinks überdeckt die dämpfende Wirkung von Alkohol. Dies kann dazu führen, dass Konsumenten ihren Alkoholspiegel nicht wahrnehmen und mehr beziehungsweise länger trinken. Der süße Energydrink-Geschmack überlagert den Alkoholgeschmack, was ebenfalls den Konsum fördern kann", warnt der Jugendschutzblog.
Ernährungscoach Gantenberg erklärt, wie sich eine Sucht nach dem Getränk entwickeln kann. "Insbesondere das Koffein kann süchtig machen. Aber auch Zucker in hohen Dosen kann zu einer Sucht führen. Konsumiert man Energydrinks, kommt es zu einem Energie-Hoch, das nach etwa zwei Stunden abflacht. Der Körper möchte mehr. So gerät man leicht in eine Abhängigkeit."
Wer ist besonders gefährdet?
In einer Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung zeigte sich, dass vor allem junge Männer zwischen 20 und 25 Jahren häufig und viele Energydrinks trinken. Manche der Studienteilnehmer tranken binnen 24 Stunden bis zu fünf Liter des Getränks.
Stichwort Koffein – welche Stoffe machen Energydrinks denn nun eigentlich so gefährlich? Das fängt schon mit der ungeheuren Menge an Zucker an, sagt Gantenberg. So enthält zum Beispiel eine 250-Milliliter-Dose Red Bull 27 Gramm Zucker.
"Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, maximal 25 Gramm freien Zucker am Tag zu sich zu nehmen. Damit liegt man mit einer Dose Red Bull bereits über der maximal empfohlenen täglichen Zuckermenge."
Zusätzlich zum Zucker sollen Energydrinks durch den Zusatz von Koffein und Taurin die Leistungsfähigkeit steigern. Ein viertel Liter Energydrink darf seit dem Jahr 2013 nur noch bis zu 80 Gramm Koffein enthalten. "Das ist aber immer noch dreimal so viel wie in der-selben Menge Cola", sagt Riyad Salhi.
Gantenberg rechnet vor: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA nennt für Jugendliche drei Milligramm Koffein pro Kilo Körpergewicht als unbedenklich. Bei einem 50 Kilogramm schweren Jugendlichen wären das 150 Milligramm am Tag. "Das heißt, dass das Tageslimit mit zwei Dosen überschritten ist. Viele Kinder und Jugendliche trinken häufig mehr als diese zwei Dosen am Tag", sagt die Ernährungsexpertin.
Niacin kann zu Leberschäden führen
Das Problem: Koffein steigert die Herzfrequenz und stimuliert das zentrale Nervensystem. In geringen Mengen wirkt es deshalb anregend und macht wach. Große Mengen hingegen machen uns unkonzentriert und unruhig. Die Folge können Nervosität, Schlaflosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen und erhöhter Blutdruck sein.
Häufig werden Energydrinks auch mit Vitamin B12, B9 (Folsäure), B6 und B3 (Niacin) versetzt. Besondere Vorsicht gilt hier dem Niacin, das Leberschäden verursachen kann. Energydrinks enthalten auch Glucuronolacton und Inosit. Die versprochene leistungsfördernde Wirkung dieser Stoffe ist bislang nicht nachgewiesen worden.
Das sind gesunde Alternativen zu Energydrinks
Energydrinks gehören für viele Menschen einfach zum Leben dazu. Es ist en vogue, sie zu trinken. Der Effekt, der erzielt werden soll, kann aber genauso gut mit natürlichen Mitteln erreicht werden. "Als Durstlöscher sind Wasser und ungesüßte Tees die richtige Flüssigkeit", rät Gantenberg.
So richtig wach macht man sich ihren Angaben zufolge mit Bewegung an der frischen Luft oder Eisduschen am Morgen. Und natürlich gehören ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung dazu, "die den Körper natürlich und konstant mit Energie versorgt und die Konzentration fördert".
Wer sein Energielevel dringend einem Getränk anvertrauen will, sollte ihrer Meinung nach auf Matcha, grünen oder schwarzen Tee und Kaffee setzen. Und auch hier gilt: in Maßen!
- schriftliches Interview mit Ernährungscoach Katharina Gantenberg
- AOK Hessen: "Koffeinbomben und Herzrasen - AOK Hessen warnt vor übertriebenem Konsum von Energy-Drinks"
- Servicestelle Kinder- und Jugendschutz: Warnung vor den Gefahren von Energy Drinks bei Kindern und Jugendlichen