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Tatort-Kommissar Mark Waschke: "Habe Angst, aber sie bringt mich nicht um"


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Wovor haben Sie Angst?
Mark Waschke: "Eine Welle von Traurigkeit"


Aktualisiert am 06.05.2024Lesedauer: 3 Min.
Mark Waschke: "Wir müssen den Abhang nicht herunterspringen."Vergrößern des Bildes
Mark Waschke: "Wir müssen den Abhang nicht herunterspringen." (Quelle: rbb / PROVOBIS/ Britta Kehl)

Schauspielern, Radfahren, Entscheidungen treffen: Mark Waschke spürt das Gefühl von Angst jeden Tag. Warum das etwas Gutes ist, erzählt der "Tatort"-Schauspieler im Gespräch mit t-online.

In Zeiten von Krisen, Kriegen und Klimawandel schleicht sich das Gefühl der Angst immer mehr in den Alltag vieler Menschen. Prominente Persönlichkeiten beantworten in der Serie "Wovor haben Sie Angst, …?" die Frage nach dem furchtbarsten aller Gefühle, suchen Ursachen und Wege, mit ihr umzugehen.

Mark Waschke, 51, Schauspieler und Tatort-Star

"Gerade erst vorhin hatte ich Angst, als ich auf dem Fahrrad saß. Ich bin den Berg heruntergerast und war ein bisschen schnell. Letzten Sommer bin ich schlimm gestürzt, weil mein Rad so kleine Reifen hat. Heute denke ich mir deshalb: Du musst nicht so schnell brettern, du kannst doch langsamer fahren. Und das ist gut. Es ist wichtig, dass ich im Moment mitbekomme, wie es mir eigentlich gerade geht.

Wenn ich kurz innehalte und mich frage, wie ich mich fühle, dann kommt – öfter als mir das vielleicht lieb ist – eine Welle von Traurigkeit. Das ist kein Schmerz, sondern manchmal löst sich etwas, wenn man es zulässt. Ein kurzes Weinen aus Entspannung empfinde ich daher als etwas sehr Angenehmes.

"Es gibt kein Angstfrei-Sein"

Ich finde es dagegen lächerlich, anstrengend, unmöglich, wenn Leute sagen, eine Schauspielerin sei komplett angstfrei auf die Bühne gegangen. Das langweilt mich. Es gibt kein Angstfrei-Sein. Es gibt gerade unter Schauspielern so viel vorgebliches Freisein. Dabei ist das auch nur eine Art, mit Angst umzugehen. Für mich ist das Spielen per se ein Versuch, mit der Unsicherheit umzugehen, ohne sie zu beseitigen.

Angst ist nichts Schlechtes, im Gegenteil, Angst ist evolutionär. Überlebt haben die Vorsichtigen, die gesagt haben: Wir müssen den Abhang nicht herunterspringen, wir können außen herumgehen, das ist viel sicherer. Selbst wenn man sich ab und zu von der Angst beherrschen lässt: Es gibt einen Moment, in dem man sich dessen bewusst wird.

Liebe und Hass liegen dicht beieinander

Mit Angst umgehen heißt auch nicht, dass man die ganze Zeit zittert und sich nichts traut. Angst ist wichtig, um Entscheidungen zu treffen und mutig zu sein. Es ist der größte Mut, der Angst in die Augen zu blicken und zu spüren: Ich habe Angst, aber sie bringt mich nicht um. Ich darf Angst haben und ich werde viel stärker, wenn ich sie zulasse.

Ich finde generell, dass Gefühle weder negativ noch positiv sind. Auch wenn man sagt, Liebe sei positiv und Hass sei negativ, liegen beide ganz dicht beieinander: Ich kann nur jemanden hassen, für den ich etwas empfinde. Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit – wenn wir uns nicht füreinander interessieren, wenn wir nicht neugierig sind.

"Wovor wir am meisten Angst haben, das sind wir selbst"

Das, wovor wir alle am meisten Angst haben, das sind wir selbst. Ich finde es krass zu sehen, wozu Menschen fähig sind. Wir sind als Gattung, so weit gekommen, weil wir so anpassungsfähig sind. Das ist eine große, vielleicht die Chance überhaupt von uns Menschen. Und darauf sollte man sich auch besinnen.

Zur Person

Mark Waschke studierte in Berlin an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und war am Deutschen Theater Berlin, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und an der Schaubühne am Lehniner Platz zu sehen.
Seit 2015 ist er als Kommissar Robert Karow im Berliner "Tatort" der ARD zu sehen. Von 2017 bis 2020 spielte er Noah in der ersten deutschen Netflix-Original-Serie "Dark".
Im Februar 2021 outete er sich gemeinsam mit 184 weiteren Schauspielern unter dem Hashtag actout im "SZ Magazin" als queer.

Menschsein ist immer damit verknüpft, dass man zu 99 % geprägt ist von Verhaltensweisen, die sie von anderen übernommen haben. Ich verhalte mich so, wie meine Eltern es mir vorgelebt haben.

Selbst wenn eine Mutter ihrem Kind sagt, dass es keine Angst haben muss, merkt das Kind sofort, wenn die Mutter sich zusammenzieht aus Angst. Dann zieht es sich auch zusammen. Wenn ich Angst habe, mache ich Dinge, die mich vermeintlich schützen. Das ist auch das Schreckliche bei Traumata: Wir fühlen uns sicher, wenn wir immer wieder das Verhalten wiederholen, das uns beim ersten Mal offenbar gerettet hat."

Verwendete Quellen
  • Gespräch zwischen t-online und Mark Waschke
  • rbb-online.de: "Kriminalhauptkommissar Robert Karow"
  • sz-magazin.de: "Wir sind schon da"
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