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Blutvergiftung bei Kindern: Jede Minute zählt


Mythos vom roten Strich
Lebensgefährliche Blutvergiftung beginnt bei Kindern wie eine Erkältung

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 31.08.2016Lesedauer: 3 Min.
Blutvergiftung bei Kindern: Fieber, Blässe und Herzrasen sind Warnsignale.Vergrößern des Bildes
Eine Blutvergiftung beginnt oft wie eine Erkältung. Fieber, Blässe und Herzrasen sind Warnsignale. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Jedes Jahr bekommen 10.000 Kinder in Deutschland eine Blutvergiftung. Es ist ein Irrtum, dass sie sich durch einen roten Strich bemerkbar macht, der in einer Vene zum Herzen wandert. Im Anfangsstadium gleicht die Blutvergiftung bei Kindern eher einer Erkältung. Tückisch: Was harmlos beginnt, wird schnell lebensbedrohlich.

Bei einer Blutvergiftung, auch Sepsis genannt, breiten sich Bakterien im Körper aus und produzieren dabei Gifte. Sie können einen Menschen innerhalb von Stunden töten können, weil sie Entzündungen in den Organen verursachen. In über 98 Prozent aller Fälle handelt es sich um eine Systemerkrankung. Eine Erkrankung also, die sich auf das gesamte Organsystem auswirkt.

Angesichts der Zahl von 10.000 betroffenen Kindern jährlich wird die Brisanz deutlich. Selbst, wenn ein Kind die Sepsis überlebt, sind die Folgen gravierend: "Die Kinder können chronische Organschäden bekommen, auch am Gehirn. Bei ganz schweren Verläufen muss manchmal sogar amputiert werden. Und das ist leider gar nicht so selten", sagt Michael Sasse, der leitende Oberarzt der Intensivstation an der Medizinischen Hochschule in Hannover. "Nur eine schnelle intensivmedizinische Betreuung sowie eine gleichzeitige antibiotische Behandlung können das Schlimmste verhindern."

Eine kleine Verletzung kann zur Blutvergiftung führen

Allerdings: Die meisten betroffenen Kinder haben die Blutvergiftung im Krankenhaus bekommen. Gefährliche Krankenhauskeime haben bei geschwächte Patienten ein leichtes Spiel. Besonders Frühgeborene sind gefährdet.

Eine Blutvergiftung kann aber auch die Folge einer Verletzung oder einer kleine eitrige Entzündung sein. "Als Vater würde ich sagen, einer Blutvergiftung kann man nicht vorbeugen", meint Sasse. Eines kann man allerdings tun: Eine Wunde, und sei sie noch so klein, gleich desinfizieren. "Übervorsicht ist aber auch nicht angebracht. In nur zwei Prozent aller Fälle geht die Infektionen über die Haut und verbreitet sich dann über die Venen", sagt der Experte.

Was es mit dem roten Streifen auch sich hat

Man kann sich also keineswegs darauf verlassen, dass man eine Blutvergiftung an einem roten oder bläulichen Strich erkennt, der sich von der Verletzung ausbreitet. Bei diesem Streifen handelt es sich um eine Entzündung der Lymphgefäße, die sich allerdings schnell zu einer Sepsis entwickeln kann. Deshalb sollte man damit besser zum Arzt gehen.

Sepsis beginnt oft wie eine Erkältung

Eltern sollte jede Verletzung beim Kind genau beobachten: Wie sieht sie aus, ist sie eitrig, bildet sich ein größer werdender roter Kreis oder wirkt sie entzündet? In solchen Fällen sollten sie einen Arzt einen Blick darauf werfen lassen. Und zwar möglichst zügig, denn die Erreger können sich über Nacht im ganzen Körper verteilen.

"Eine Sepsis bei einem Kind zu erkennen ist schwierig, denn die Symptome ähneln zu Beginn stark denen einer Erkältung", erklärt der Sasse. Selbst für den Kinderarzt ist es nicht leicht, eine Blutvergiftung früh genug zu diagnostizieren. Das kann schlimme Folgen haben: "Da Kinder relativ wenig Kraftreserven haben, kann sich das fast schlagartig, zu einer schweren und lebensbedrohlichen Krankheit ausweiten."

Bei diesen Symptomen den Notarzt rufen

Wenn sich Fieber nicht mit den üblichen Mitteln senken lässt, wenn das Kind außergewöhnlich schlapp ist, kaum ansprechbar oder verwirrt ist und extrem Blass wirkt, zudem Herzrasen und Atemnot bekommt, müssen Eltern sofort den Notarzt rufen. Eine Fahrt mit dem eigenen Auto ins nächste Krankenhaus kann schon zu lange dauern.

"Der Erfolg der Behandlung entscheidet sich ganz am Anfang. Damit keine chronischen Schäden entstehen und das Kind nicht stirbt, muss sofort mit der Therapie begonnen werden", betont der Intensivmediziner. Da die Kinder in der Regel nicht an weiteren Grunderkrankungen leiden, wird viel aggressiver therapiert als bei Erwachsenen.

Jedes Kind sollte die gleichen Chancen haben

Sasse hat das Kinderintensivnetzwerk zur Sepsisbehandlung gegründet. Ziel ist es, ein flächendeckend optimales Angebot anzubieten. Dazu gehört unter anderem eine mobile Einsatzgruppe, die Tag und Nacht in einem Radius von rund 200 Kilometern um Hannover Ärzte in anderen Kliniken unterstützt, bei Notfällen in das betreffende Krankenhaus fliegt.

"Uns ist wichtig, dass wir auf einem Level mit allen Kliniken arbeiten, unser Wissen raustragen, mehrfach im Monat Fortbildungen für Mediziner und Pfleger anbieten und so dafür sorgen, dass die Erstversorgung überall perfekt läuft. Damit können wir nicht nur die chronischen Schäden minimieren, sondern auch die Anzahl der Todesfälle." Denn in den Krankenhäusern, in denen die Ärzte auf diese speziellen Notfälle vorbereitet sind, sterben etwa drei Prozent der Kinder. In anderen sind es bis zu zehn Prozent - ein gewaltiger Unterschied.

Das Kinderkrankheiten-Lexikon bietet einen Überblick über die häufigsten Kinderkrankheiten. In den Artikeln werden Symptome, Behandlung und mögliche Folgen der Kinderkrankheiten erklärt. Eltern erfahren, bei welchen Anzeichen das Kind schnell zum Arzt muss und bei welchen Krankheiten auch Hausmittel helfen können. Sie finden auch die Information, ob und wie lange Kinderkrankheiten ansteckend sind. Manchen Kinderkrankheiten kann man durch Impfung vorbeugen. Einen Überblick über die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen bietet ergänzend unser Impfkalender.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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