Galaxy Note 9 Besser als der Vorgänger ist nicht gut genug
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Samsung hat sein neues Premium-Smartphone Galaxy Note 9 vorgestellt. Es ist größer, stärker, schwerer und teurer als sein Vorgänger. Aber ist mehr von allem wirklich besser?
Viel hilft angeblich viel. Das hat sich wohl auch Samsung gedacht, als der Smartphone-Marktführer sein neues Premium-Modell entwickelte. Das Samsung Galaxy Note 9 ist ein richtiger Technik-Klopper: Bis zu 512 Gigabyte interner Speicher, acht GB Arbeitsspeicher, ein Akku mit 4.000 Milliamperestunden (mAh), 6,4 Zoll-Display, Bluetooth-Pen – von all den Dingen, die Oberklasse-Smartphones heutzutage bieten, hat dieses Gerät einfach ein bisschen mehr. Auch beim Preis legt Samsung noch etwas oben drauf. Das Spitzenmodell kostet in der kleinsten Ausführung mit 128 GB beim Hersteller 999 Euro.
Wo bleibt die Vision?
Was das neue Samsung-Phone dagegen, mal wieder, vermissen lässt: Echte Innovation. Eine neue Idee. Eine Vision, wo die Reise hingehen soll.
Samsung scheint in der Note-Serie vor allem eine Art mobilen PC-Ersatz zu sehen. Leistung und Speicherplatz stehen deshalb sichtlich im Vordergrund. Schon der Vorgänger des Note 9 ließ sich mithilfe einer Dockingstation und passenden Anschlüssen in einen Arbeitsplatz verwandeln. Zusammen mit dem S Pen zielt Samsung hier vor allem auf Kreative, selbständige Unternehmer und Arbeitsnomaden ab.
Der S Pen lässt sich jetzt dank Bluetooth-Verbindung als Fernbedienung einsetzen, um damit zum Beispiel YouTube-Videos anzuhalten oder Selfies zu knipsen. Viel mehr Neues hat das Note 9 im Vergleich zum Vorgänger nicht zu bieten.
Zugegeben, das Problem betrifft nicht nur Samsung. Auch Apple muss sich regelmäßig anhören, ideenlos geworden zu sein. Der Trend ist eindeutig: Smartphones werden von Generation zu Generation nur noch im Detail verbessert.
Das sollte auch niemanden überraschen. Die Weiterentwicklung der Chiptechnologie hat eine Plateauphase erreicht, in der sich Hersteller schon sehr anstrengen müssen, um aus ihren Geräten noch mehr Leistung herauszukitzeln. Umso wichtiger wären eigentlich neue Ideen.
Doch der Markt verlangt nach immer neuen Rekorden. Tech-Journalisten wollen Zahlen sehen. Nur 64 GB Speicherplatz? Was für eine Enttäuschung! Seit 2018 wird der Maßstab bei 128 GB angesetzt, mit Luft nach oben.
Natürlich hat Samsung auch recht damit, dass begrenzter Speicherplatz und schwache Akkulaufzeiten für viele Nutzer zu den größten Ärgernissen im Alltag zählen. Das Paradox ist jedoch: Egal, wie viel man seinen Käufern bietet – es wird niemals genug sein.
So verleitet gerade ein großer Speicher dazu, Musik zu horten, die man nie anhört – und Fotos zu knipsen, die man nie aussortiert. Gleichzeitig lassen Smartphones mit mehr Leistung auch App-Entwickler und Inhalte-Anbieter frohlocken: Jetzt können sie ihre Anwendungen mit noch mehr Funktionen überfrachten. Die heutige Vorstellung von einer schlanken App könnte in ein paar Jahren ganz anders aussehen. Diese neuen Mega-Anwendungen wiederum nuckeln am Strom und am Datenvolumen. Und so schmilzt der vermeintliche Vorteil durch den dicken Samsung-Akku schnell wieder dahin.
Es braucht Mut, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Stattdessen reden sich Hersteller und Publikum gegenseitig ein, dass mehr tatsächlich immer besser sei. Hier noch ein paar Megapixel mehr, da noch ein Stündchen mehr Akkuleistung. Alles gut und schön. Aber dass uns solche "Innovationen" inzwischen mehrmals im Jahr als eine weitere Revolution auf dem Smartphone-Markt verkauft werden, ist eine Frechheit und auf Dauer ziemlich ermüdend.
Aber auch die Käufer können sich häufiger fragen: Brauche ich das wirklich? Das Interesse der Hersteller ist klar: Sie wollen, sie müssen ihre Verkäufe ankurbeln, um Aktionäre zufriedenzustellen. Samsung steckt gerade in einer handfesten Smartphone-Krise. Wohl auch deshalb bietet der Marktführer bereits seit Jahren für seine neuen Smartphones ein Tauschprogramm: Wer sein altes Handy zurückgibt, kriegt einen Rabatt von 100 Euro auf den Kauf eines Note 9.
Auch dieses Angebot sollte man kritisch hinterfragen.
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