"Hat es noch nie zuvor gegeben" Klingbeil warnt vor regionalem Flächenbrand
Deutsche Politiker verurteilen die Angriffe des Iran auf Israel. Forderungen nach einer härteren Gangart gegen das Mullahregime werden laut – andere warnen vor einer Eskalation im Nahen Osten.
Nach dem iranischen Angriff auf Israel warnen deutsche Politiker vor einer drohenden Eskalation in der Region. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte t-online am Sonntag: "Einen solchen direkten Angriff Irans auf Israel hat es noch nie zuvor gegeben." Es müsse jetzt alles getan werden, um einen "Flächenbrand in der gesamten Region zu verhindern und die Sicherheit Israels zu schützen". Klingbeil sagte weiter, es sei gut, dass sowohl die G7 als auch der UN-Sicherheitsrat noch heute zusammenkämen.
Zugleich verurteilte der SPD-Chef die iranischen Drohnen- und Raketenangriffe "auf das Schärfste". "Meine volle Solidarität ist mit den Menschen in Israel und dem israelischen Staat. Wir stehen an eurer Seite."
Grünen-Chef Omid Nouripour fordert Konsequenzen. "Es ist wichtig, dass heute auf G7-Ebene über eine gemeinsame diplomatische Antwort beraten wird und dem iranischen Regime deutlich gemacht wird, dass dieser mit nichts zu rechtfertigende Angriff nicht folgenlos bleiben kann", sagte Nouripour t-online. "Der Iran muss seine permanente Bedrohung Israels und Destabilisierung der Region einstellen."
Auch Nouripour betonte, eine weitere Eskalation der Gewalt in der Region müsse verhindert werden. "Wir verurteilen den massiven Luftangriff des iranischen Regimes aufs Allerschärfste und stehen fest und solidarisch an der Seite der Menschen in Israel."
Härtere Gangart gegen den Iran gefordert
Zugleich werden in Deutschland auch Rufe laut, die Gangart gegen den Iran zu verschärfen. Friedrich Merz fordert schärfere Sanktionen. "Wir fordern den Iran dazu auf, alle Feindseligkeiten sofort einzustellen. Die Bundesregierung steht nun in der Pflicht, sich auf europäischer Ebene für eine spürbare Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran einzusetzen", sagt der CDU-Chef der Deutschen Presse-Agentur.
Auch der Zentralrat der Juden fordert Sanktionen. "Deutschland und die EU dürfen keine Zweifel an einer klaren und harten Position gegenüber Teheran lassen", teilt ein Sprecher des Zentralrats mit. "Die Sanktionen müssen auf ein Maximum erhöht, die iranischen Revolutionsgarden endlich als Terrororganisation gelistet werden." Bereits seit dem 7. Oktober ziehe der Iran die Fäden des Terrors gegen Israel und die westliche Welt, nun greife das "radikale Regime" selbst an. Am 7. Oktober hatten Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppen ein beispielloses Massaker in Israel verübt.
Union kritisiert "Schaufenster-Solidarität"
Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter kritisiert unterdessen die Haltung der Bundesregierung scharf. Die deutsche Reaktion auf den "massiven Terrorangriff" des Irans auf Israel beschränke sich bisher auf "Schaufenster-Solidarität". "Es hat lange gedauert, bis der Bundeskanzler überhaupt öffentlich reagiert hat", so Kiesewetter zu t-online. Echte Unterstützung finde nicht mit "Solidaritätsfloskeln" statt, sondern nur durch "hard power" wie Militärhilfe.
Auch habe Deutschland seine Iran-Politik bisher nicht geändert, obwohl bekannt sei, dass der Iran die Vernichtung Israels und die Zerstörung der internationalen regelbasierten Ordnung als Ziel habe. "Deutschland ist immer noch einer der wichtigsten Handelspartner für das Terrorregime Iran, das muss sich ändern", so Kiesewetter. Dazu gehöre, die iranischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen, die Iran-Sanktionen "massiv auszuweiten" sowie Einreisesperren gegen "Nutznießer des Terrorregimes" zu verhängen.
Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), fordert die Ampel-Regierung dazu auf, Israel konkret zu unterstützen: "Jetzt erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie der deutschen Staatsräson nachkommt, indem sie alle Möglichkeiten einer substantiellen Hilfe und Unterstützung für Israel prüft", so Hahn zu t-online.
Dazu müsse aus seiner Sicht auch "eine militärische Unterstützung eine Option" sein. Insbesondere solle geprüft werden, ob sich die Luftwaffe an der Seite von weiteren Alliierten "mit entsprechenden Kräften wie zum Beispiel dem Eurofighter" zum Schutz Israels beteiligen könnte.
"Die Sanktionen müssen auf ein Maximum erhöht werden"
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem "Spiegel": "Die EU braucht dringend eine andere Iran-Politik." Der Iran habe viele Konflikte im Nahen Osten verursacht. "Das Regime in Teheran finanziert und unterstützt Terrororganisationen."
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr weist auf die Rolle des Iran hin. Das Mullahregime habe erneut seine wahren Absichten gezeigt, sagte Dürr t-online. "Der Iran finanziert seit vielen Jahren Terror im Nahen Osten – Terror gegen die eigene iranische Bevölkerung, Terror gegen Israel." Er fordert: "Deutschland und Europa müssen weiterhin alles tun, um Israel in diesen schweren Stunden zu unterstützen."
SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner sieht ein Versagen der europäischen Diplomatie. "Auch wenn die Aggression des iranischen Regimes durch nichts zu rechtfertigen ist, wird hier auch deutlich, wie sehr gerade die europäische Diplomatie in der Region versagt hat", sagte er dem "Spiegel".
Die außenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Deborah Düring, verurteilte den Angriff des iranischen Regimes auf Israel auf das Schärfste. "Ich bin dankbar für das schnelle und mutige Eingreifen Israels, der USA und weiterer Staaten, durch das 99 Prozent der Angriffe abgewehrt werden konnten", sagte Düring t-online. "Es gilt, einen Flächenbrand in der Region zu vermeiden." Die Bundesregierung sei in ständigem Kontakt mit den Verbündeten, um die Lage zu bewerten und weitere Eskalationen zu verhindern.
Appell an Scholz in China
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, fordert von Kanzler Olaf Scholz, klare Worte an die chinesische Regierung zu richten. Scholz ist am Samstag zu einem Besuch in China aufgebrochen, am Dienstag soll er Präsident Xi Jinping treffen. "Anlässlich des Besuches des Kanzlers sollte der chinesische Präsident daher Teheran klarmachen, dass die Angriffe auf Israel umgehend gestoppt gehören. Ich bin sicher, sein Arm reicht so weit", sagte Strack-Zimmermann dem "Spiegel".
China hatte sich angesichts der Eskalation tief besorgt gezeigt. "China bringt seine tiefe Besorgnis über die aktuelle Eskalation zum Ausdruck und fordert die maßgeblichen Parteien auf, Ruhe und Zurückhaltung zu üben, um weitere Eskalationen zu verhindern", sagte ein Außenamtssprecher. Die Volksrepublik rufe die internationale Gemeinschaft, "insbesondere Länder mit Einfluss, dazu auf, eine konstruktive Rolle für den Frieden und die Stabilität der Region zu spielen". Mehr internationale Reaktionen lesen Sie hier.
Kanzler Olaf Scholz hatte zuvor die Angriffe Irans scharf verurteilt. "Wir stehen eng an der Seite Israels und werden jetzt mit unseren Verbündeten alles Weitere besprechen", schrieb er auf der Plattform X. "Der Luftangriff auf israelisches Staatsgebiet, den Iran heute Nacht begonnen hat, ist unverantwortlich und durch nichts zu rechtfertigen. Iran riskiert einen Flächenbrand."
- Statement von Lars Klingbeil, Christian Dürr, Deborah Düring für t-online
- spiegel.de: Nachrichtenblog zum Iran-Israel-Konflikt
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa