Reaktion auf Wahlverluste SPD-Linke: "Die Große Koalition hat ein Enddatum"
Für die SPD war es ein herber Wahlsonntag, sowohl in Brüssel und als auch in Bremen. Jetzt fordern Parteilinke Zugeständnisse von der Union – sonst müsse die große Koalition vorzeitig enden.
Der linke Flügel der SPD knüpft nach der Europawahl die Fortsetzung der Koalition mit der CDU/CSU im Bund an Bedingungen. "Wir können bei zentralen Themen keine Blockaden durch CDU und CSU mehr dulden", zitiert der "Spiegel" aus einem gemeinsamen Positionspapier von Parteivize Ralf Stegner, Fraktionsvize Matthias Miersch und Juso-Chef Kevin Kühnert.
"Die ,GroKo' muss liefern, wenn diese Koalition Bestand haben soll", heißt es in dem Papier demnach weiter. Konkret fordern die drei SPD-Politiker das von der Regierung zugesagte Klimaschutzgesetz "noch vor Ablauf des Jahres", ein neues Berufsbildungsgesetz, die Durchsetzung der Grundrente, das Einwanderungsgesetz, Fortschritte bei der Digitalsteuer sowie neue, restriktivere Rüstungsexportregeln.
Wir haben mit der Union keinen Abo-Vertrag
"Die Große Koalition hat ein Enddatum: Allerspätestens September 2021, und notfalls eben auch früher", zitiert der "Spiegel" weiter aus dem Papier. "Wir haben mit der Union keinen Abo-Vertrag geschlossen." Die SPD solle künftig kapitalismuskritischer auftreten: "Der Kapitalismus ist zu tief in die sensibelsten Bereiche unseres Zusammenlebens vorgedrungen und muss zurückgedrängt werden." Die SPD müsse sich gegen "die Ökonomisierung aller Lebensbereiche" einsetzen.
Zu den Debatten über Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles äußern sich die SPD-Linken dem Bericht zufolge zurückhaltend. Ziel müsse es sein, "dass der Bundesparteitag im Dezember alle notwendigen inhaltlichen, organisatorischen und personellen Weichenstellungen vornimmt, um Klarheit über den künftigen Kurs herzustellen und ein Vorstandsteam zu wählen, das mit neuem Vertrauen diesen Kurs umsetzt", heißt es in dem Papier lediglich. Indirekt erteilen die Autoren damit Forderungen nach einem raschen Führungswechsel eine Absage.
Unterstützung für Nahles
Mahnungen gibt es dafür an die Adresse von zwei der wichtigsten Nahles-Kritiker: die Ex-Parteichefs Sigmar Gabriel und Martin Schulz. "Wir respektieren die Leistungen früherer Verantwortlicher und erwarten umgekehrt von diesen politische Unterstützung für jene, die heute Verantwortung tragen", wenden sich Stegner, Miersch und Kühnert gegen Gabriels und Schulz' Querschüsse gegen Nahles.
Unterdessen warnt Junge-Union-Chef Tilman Kuban vor Zugeständnissen an die SPD. Wie es mit Schwarz-Rot weitergehe, werde in den nächsten Tagen entschieden, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). "Allerdings kann es nicht sein, dass wir nun noch mehr SPD-Themen durchwinken, um die Koalition auf Gedeih und Verderb zusammenzuhalten."
Oettinger hält an Groko fest
Als Beispiel nannte Kuban die Grundrente. "Die Junge Union hat da eine klare Position: Wir wollen die Grundrente nicht, weil die junge Generation sie zahlen muss." Das Projekt war im Koalitionsvertrag vereinbart worden, an dem konkreten Gesetzentwurf von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil gibt es aber heftige Kritik aus der Union.
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EU-Kommissar Günther Oettinger sprach sich hingegen klar für eine Fortsetzung der großen Koalition aus. "Wir Europäer hoffen, dass diese Koalition noch zwei Jahre hält und dass sie auch die deutsche Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr souverän und offensiv nutzen kann", sagte er den RND-Zeitungen.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa