Angeschossener Premierminister Wie Robert Fico die Demokratie gefährdete
Der slowakische Premierminister schwebt in Lebensgefahr, nachdem auf ihn geschossen wurde. Doch wer ist der Mann, gegen den in der Slowakei viele Menschen auf die Straße gehen?
Robert Fico, der bei einem Angriff lebensgefährlich verletzt wurde, prägt seit knapp zwei Jahrzehnten die Politik in der Slowakei. Der 59-Jährige wurde nach einer Kabinettssitzung angeschossen. Er sei in ein Krankenhaus gebracht worden, berichtet die slowakische Nachrichtenagentur TASR unter Berufung auf den Vizechef von Ficos Partei Smer, Lubos Blaha. Mehr dazu lesen Sie hier.
Fico ist seit Oktober 2023 im Amt und in der Slowakei durchaus umstritten. Teile der Bevölkerung gehen bereits seit Monaten immer wieder gegen die Politik des Populisten auf die Straßen. Die Justizreform seiner Regierung sorgte auch international für Empörung.
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Dabei schaffte Fico die Sonderstaatsanwaltschaft für Korruption ab, die sich vor allem mit Vergehen aus seiner letzten Amtszeit beschäftigt hatte. Auch die Polizei- und Geheimdienstführung tauschte er schnell aus. Die Opposition warf ihm vor, mit der Justizreform seine Verbündeten vor juristischen Konsequenzen schützen zu wollen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Fico musste 2018 nach Korruptionsenthüllungen zurücktreten
Hintergrund zu Ficos Entscheidungen ist ein Auftragsmord an dem Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten im Jahr 2018. Die Ermittlungen zum Fall führten zu einer Serie von Korruptionsenthüllungen im Justizsystem der Slowakei, sodass etliche Spitzenbeamte zurücktreten mussten – auch Gašpar, damals in der Funktion des Polizeipräsidenten, und schließlich Fico als Regierungschef selbst.
Kuciak recherchierte seinerzeit zu Verbindungen der italienischen Mafia bis in höchste Kreise der slowakischen Politik – auch bis zum Ministerpräsidenten Robert Fico. Seine Recherchen wurden nach seinem Tod veröffentlicht und lösten eine Protest-Welle in der Slowakei aus.
Dass Fico nicht noch mehr Demokratiefeindliches durchsetzen konnte, liegt an der aktuell noch amtierenden Präsidentin Zuzana Čaputová. Mit ihrem verfassungsrechtlich verankerten Vetorecht widersetzte sich die Liberale Fico, wo sie konnte.
Slowakei unterbrach Waffenlieferungen an Ukraine
In einer Koalition mit Rechtsaußen-Parteien setzte Fico zudem den Kurswechsel in der Außenpolitik um, den er im Wahlkampf versprochen hatte: Die Slowakei, Mitglied in der EU und der Nato und bis dahin entschiedene Unterstützerin der Ukraine, unterbrach die Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Nachbarland. Die Regierung in Kiew rief der 59-Jährige unter anderem dazu auf, Gebiete an Russland abzutreten.
Fico begann seine politische Karriere bei der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, kurz bevor die Samtene Revolution das System zu Fall brachte. 1999 – sechs Jahre nach der Aufspaltung des Lands in Tschechien und die Slowakei – verließ Fico die linke Partei SDL, die in Bratislava das Erbe der Kommunisten angetreten hatte. Er gründete die sozialdemokratische Smer-SD (Smer bedeutet übersetzt Richtung).
Experte: Fico schätzt Putins autoritäres Regierungssystem
Die politische Sozialisation des 59-Jährigen im Kommunismus beeinflusse weiterhin seinen Blick auf Russland, schreibt der slowakische Soziologe Michal Vasecka in einem 2023 erschienenen Buch über ihn. Seine Beziehung zu Moskau sei "historisch bestimmt von dem sozialistischen Motto: 'Ewig an der Seite der Sowjetunion'". Außerdem schätze Fico "definitiv Putins autoritäres Regierungssystem".
Fico ist von Beruf Anwalt und mit der Anwältin Svetlana Ficova verheiratet, gemeinsam haben sie einen Sohn. Der ehemalige Kommunist begeistert sich für schnelle Autos, Fußball und teure Uhren.
- Nachrichtenagentur AFP
- euractiv.com: "Slovaks protest Fico’s plans to protect corruption" (englisch)
- tagesschau.de: "Slowakisches Parlament stimmt für Justizreform"
- eigene Recherche