Neuer Rechner So viel arbeiten Sie im Vergleich zum Rest der Bevölkerung
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sie finden, dass Sie weit mehr arbeiten als andere? Machen Sie den Test: Mit einem interaktiven Rechner können Sie Ihre Arbeitszeit mit der anderer Bevölkerungsgruppen vergleichen.
Glaubt man jüngsten Umfrageergebnissen, ist die Sache klar: Die Deutschen wollen weniger arbeiten – und das am besten bei vollem Lohnausgleich. Vier von fünf Arbeitnehmern halten einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge die Vier-Tage-Woche für attraktiv, wobei die überwiegende Mehrheit dafür nicht auf Geld verzichten wollen würde.
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Das Problem dabei: Dieser individuelle Wunsch vieler Menschen kann kaum aufgehen. Zumindest nicht für alle gleichzeitig und nicht gesamtwirtschaftlich, wenn Deutschland seinen derzeitigen Wohlstand, seine Wirtschaftsleistung erhalten will.
Denn: Gerade jetzt, in den kommenden fünf bis zehn Jahren, gehen viele Vertreter der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Rente. Lösen Maschinen und künstliche Intelligenz den Menschen nicht noch stärker ab, braucht es also – über alle Arbeitnehmer hinweg – eher das Gegenteil dessen, was sich viele wünschen: mehr geleistete Arbeitsstunden pro Woche, mehr Vollzeit- statt Teilzeitstellen. Sonst bleibt, verkürzt gesagt, die Arbeit liegen, werden wir alle ärmer.
Darauf jedenfalls weisen regelmäßig Experten wie der Ökonom Holger Schäfer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hin. In einer neuen Studie, die t-online vorab vorlag, hat Schäfer die Arbeitsstunden pro Woche in verschiedenen Bevölkerungsgruppen miteinander verglichen – und Überlegungen angestellt, wie sich das Problem der fehlenden Arbeitskraft lösen ließe.
Ökonom: "Ausweitung der Arbeitszeit" kaum vermeidbar
Kernergebnis: Auf die rund 9 Millionen Menschen, die in Deutschland bis 2030 aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, folgen im selben Zeitraum nur 6 Millionen jüngere Arbeitskräfte. Macht also eine Lücke von rund 3 Millionen Menschen.
Füllen lasse sich diese durch mehr Zuwanderung, mehr Erwerbsbeteiligung, eine höhere Arbeitszeit pro Kopf oder eine höhere Produktivität. Das Problem laut Schäfer dabei: "Letztere lässt sich indes nur begrenzt steuern und im Trend gehen die Wachstumsraten der Stundenproduktivität in allen Industrieländern zurück." Anders ausgedrückt: Auf den technischen Fortschritt, der weniger menschliche Arbeitskraft noch ertragreicher machen soll, lässt sich allein nicht bauen.
Bleibe, so Schäfer, neben der politisch bereits forcierten Zuwanderung vor allem die "Ausweitung der Arbeitszeit". Hier sieht der Ökonom vor allem Potenziale bei Frauen, die momentan in Teilzeit arbeiten. "Angesichts des besonders niedrigen Anteils von langen Wochenarbeitszeiten bei Frauen mit Kindern erscheint der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur naheliegend", schreibt er. Zudem dürfte dem "(Wieder-)Einstieg in Vollzeit nach einer kinderbedingten Teilzeitphase oder Erwerbspause besondere Bedeutung zukommen".
Hier können Sie Ihre Arbeitszeit mit der anderer vergleichen
Für seine Studie hat Schäfer die wöchentlichen Arbeitszeiten in verschiedenen Bevölkerungsgruppen verglichen. In einem interaktiven Rechner des IW Köln können auch Sie sich mit diesen Gruppen vergleichen:
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Ein Lesebeispiel: Sie arbeiten 39 bis 40 Stunden pro Woche? Dann arbeiten 65 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland weniger oder genauso viel wie Sie. 35 Prozent leisten derweil mehr wöchentliche Arbeitsstunden. Da mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten, ist der Anteil der Frauen, die mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, geringer als der der Männer mit mehr Arbeitsstunden als Sie, nämlich 22 Prozent (Frauen) statt 46 Prozent (Männer).
Im Vergleich mit jenen Menschen, die ein besonders hohes Bruttogehalt von 6.000 Euro und mehr verdienen, gilt: Die allermeisten, nämlich 76 Prozent, arbeiten weit mehr als 40 Stunden. Das heißt, ein höheres Gehalt lässt sich im Schnitt häufig nur durch mehr erbrachte Wochenarbeitsstunden erreichen.
Die Daten für die IW-Studie stammen aus dem Sozio-oekonomischen Panel. Für dieses werden jährlich rund 30.000 Menschen in knapp 15.000 Haushalten zu verschiedenen Themengebieten befragt, darunter auch zu ihrer Teilnahme am Arbeitsmarkt.
- IW-Kurzbericht 35/2023: Potenziale zur Verlängerung der Wochenarbeitszeit