Krönung von Charles Nur Prinz Louis traut sich zu zeigen, was alle denken
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Whiskey, schlechte Kleiderwahl oder unglückliche Platzierung: Die Royals müssen stets die Fassung bewahren. Ihre Gedanken kann man sich trotzdem denken.
Eine Kolumne von Janna Halbroth.
70 Jahre ist es her, dass Queen Elizabeth zur Königin gekrönt wurde. 70 Jahre, in denen Kriege gekämpft wurden, Umweltkatastrophen wüteten, Kinder zur Welt kamen, Menschen starben, Bundeskanzlerinnen gewählt wurden und Großbritannien aus der Europäischen Union ausstieg. Die Welt hat sich gewandelt, die Monarchie eher nicht so.
Eine königliche Zeremonie ist nach wie vor so, wie sie 1953 war. Die meiste Zeit murmelt ein Chor gruselige Gebetsgesänge und irgendwelche Männer in langen Gewändern halten Reden, machen seltsame Bewegungen und tragen Dinge von A nach B. Untermalt wird das zeremonielle Getue mit dramatischen, staatstragenden Liedern. Macht man die Augen zu, wirkt das Ganze wie ein nicht enden wollender Star-Wars-Achtteiler, nur ohne Sterne und zum Glück auch ohne Krieg.
Charles sehnt sich nach Whiskey
Und was mag Charles da wohl gedacht haben? Welche Anspannung muss auf den Schultern eines Mannes lasten, der rund 50 Jahre darauf gewartet hat, König zu werden? Vielleicht: "Wann gibt es endlich Whiskey?" Der König gilt als großer Fan des edlen Tropfens. Oder aber er dachte: "Hoffentlich drückt mir nicht wieder einer einen schmierigen Stift in die Hand!" Als er im September die Proklamation zum König unterschrieb, reichte man ihm einen defekten Füllfederhalter und der Monarch echauffierte sich vor aller Augen über dieses dämliche und unerzogene Schreibdings.
Und Camilla? Die muss innerlich eine halbe Krise durchlebt haben, als der Erzbischof von Canterbury es doch einfach nicht gebacken bekam, ihr die übergroße Krone aufs Haupt zu pflanzen und ihr stattdessen die Haare in die Augen drückte, sodass sie nichts mehr sehen konnte. Camilla muss sich gedacht haben: "Nach so langer Zeit werde ich endlich von der Mätresse zur Majestät verwandelt. Und dann kommt da so ein ungeschickter Kirchenknilch daher und ruiniert alles."
Prinzessin Kate, die in einem eisblauen Gewand und einem Kopfschmuck designt von Alexander McQueen in die Kirche Westminster Abbey spazierte, wird sich wohl gedacht haben: "Warum zum Teufel sehe ich aus wie die Disney-Prinzessin Elsa aus 'Frozen'?". Auch ihr Ehemann Prinz William fand sich höchstwahrscheinlich unweigerlich in seinem eigenen Disneykopfkino. In Endlosschleife spielte sich bei ihm nur ein "König der Löwen"-Song ab: "Uuuuuuuuuuh, denn ich will jetzt gleich König sein ... ".
Prinz Harry im Federkreuz
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Währenddessen wird sein Bruder Prinz Harry wohl ganz andere Probleme gehabt haben. Wegen seiner Tante Anne hatte der nämlich eine ganz miserable Sicht auf die große Krönungsshow. Die Schwester von Charles hatte sich ausgerechnet an diesem Tag überlegt, einmal im Leben exzentrisch zu sein und trug einen ausgeflippten Federhut auf der Birne. Die Feder versperrte Harry allerdings vollends die Sicht auf den werten Papa. Und Harry so in Gedanken: "Da hätte ich auch in Los Angeles bleiben können und mir mit Meghan den Hitchcock-Klassiker 'Die Vögel' angucken können."
Ich persönlich muss zugeben, kann mich am ehesten mit den möglichen Gedanken von Prinz Louis identifizieren. Das wahrscheinlich jüngste Mitglied der Veranstaltung gewährte nämlich jedem einen ungeschönten und herrlich niedlichen Einblick in seinen kleinen Kinderkopf.
Der Fünfjährige gähnte mehrmals beherzt und schien damit anzudeuten, was vielleicht viele an diesem Samstagnachmittag gedacht haben mögen: "Wann ist der ganze Zirkus eigentlich wieder vorbei?".
- Eigene Beobachtungen zur Krönung von König Charles III. am 6. Mai 2023