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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Masche aus den USA Cyber-Kidnapping: Auch in Deutschland möglich?
Kriminelle sorgen mit einer neuen Masche für Aufregung: dem Cyber-Kidnapping. Wie die Methode funktioniert und wie ein Experte die Lage in Deutschland einschätzt.
In den Medien kursierte in den vergangenen Tagen ein Fall, der neue Ausmaße der Cyberkriminalität aufzeigte: Ein chinesischer Austauschstudent inszenierte in den USA seine eigene Entführung. Dies geschah nicht freiwillig. Kriminelle drohten dem 17-Jährigen, seiner Familie etwas anzutun, sollte er nicht deren Forderungen nachkommen.
Der Jugendliche sollte sich alleine mit einem Zelt in einen Bergwald von Utah zurückziehen und von dort aus Fotos von sich in der Isolation schicken. Mit diesen Bildern, die wirken sollten, als sei er entführt worden, wurde dann wiederum seine Familie erpresst. Sie sollen den Cyberkriminellen 80.000 US-Dollar überwiesen haben. Die US-Bundespolizei weiß von mehreren vergleichbaren Fällen, in denen die Opfer meistens Jugendliche aus China sind.
Ähnliches Vorgehen ist in Deutschland bekannt
Kann Cyber-Kidnapping auch bei uns passieren? t-online sprach mit Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger. Er leitet das Institut für Cyberkriminologe an der Hochschule der Polizei in Brandenburg. Rüdiger kennt ein ähnliches Vorgehen aus dem Bereich der Sexualdelikte. Es seien Vorgehen bekannt, bei denen erwachsene Täter Kinder online unter Druck setzten und damit drohen, einem Familienmitglied etwas anzutun, sollten sie nicht den Forderungen des Täters nachkommen. Diese Form der Kriminalität könne ein Vorgehen bei Cyber-Grooming sein, die Täter sind dabei meistens auf Nacktbilder oder ähnliches der Minderjährigen aus.
Die Aufforderung zur Isolation und die vorgetäuschte Entführung, wie es bei dem Jugendlichen in den USA der Fall war, ist für den Cyberkriminologen neu. Es sei das erste Mal, dass er von so einem Vorgehen hört, sagt er im Gespräch mit t-online.
"Im Netz lässt sich inzwischen alles vortäuschen"
Durch neue Technologien könne sich diese Methode jedoch überall etablieren: "Im Netz lässt sich inzwischen alles vortäuschen, dafür bräuchte es nicht einmal mehr echte Situationen. Durch die Bilder und Videos, die wir selbst in den sozialen Medien teilen, können Täter selbst neues Material generieren, das wirkt, als würde sich jemand in einer Notsituation befinden. Das kann dann an Familienangehörige weitergeleitet werden."
Selbst die Stimme könne inzwischen durch Künstliche Intelligenzen geklont werden. So könnten theoretisch Anrufe von Familienmitgliedern vorgetäuscht und Forderungen in deren Namen gestellt werden.
Wie wahrscheinlich ein Fall von Cyber-Kidnapping in Deutschland ist, lässt sich laut Rüdiger nicht abschließend einschätzen: "Zum einen befinden wir uns in einem globalen digitalen Raum, der Versuch so einer Erpressung kann von überall passieren. Allerdings ist diese Art der Isolation, wie sie in den USA geschehen ist, in Deutschland vermutlich eher unwahrscheinlich."
Schutz vor Cyberkriminalität
Rüdiger rät zu Vorsicht zum Schutz gegen Cyber-Kidnapping: "Geben Sie nicht zu viele Informationen von sich oder Ihrer Familie in sozialen Medien öffentlich preis, diese könnten Tätergruppen als Grundlage solcher Angriffe dienen. Generell sollte man auch bei Kontaktaufnahmen von Unbekannten in sozialen Medien skeptisch sein, diese nicht annehmen und wenn doch, dann hier nicht zu viele persönliche Informationen teilen."
Um sich generell vor Angriffen aus dem Netz zu schützen, sollte man grundsätzlich lange und komplexe Passwörter wählen. Voreingestellte Passwörter an WLAN-Router und anderen Geräten sollten geändert werden, außerdem sind regelmäßige Updates und eine Antivirus-Software wichtig.
Bei ungewöhnlichen Anfragen von Fremden sowie E-Mails und Anrufen, die Sie zu bestimmten Handlungen auffordern und die Sie nicht zuordnen können, sollten Sie im Zweifelsfall die Polizei informieren.
- Gespräch mit Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger
- techbook.de "Was ist eigentlich Cyber-Kidnapping?"