Jobbörsen schlagen Alarm Warum will keiner mehr den Weihnachtsmann spielen?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Weihnachten steht vor der Tür, aber womöglich kein Weihnachtsmann. Vermittlungen suchen händeringend nach Darstellern. Warum will niemand den Job?
Überall brummt das Geschäft mit Weihnachten: Auf den Adventsmärkten klingeln die Kassen, in Restaurants werden Feiern ausgerichtet und die Deutschen kaufen Geschenke für die Bescherung am 24. Dezember ein. Aber wird der Weihnachtsmann an Heiligabend überhaupt kommen? Tatsächlich schlagen Arbeitsagenturen und der Vermittler Weihnachtsmann2go Alarm. Sie alle suchen händeringend Darsteller, die Kinderaugen zum Leuchten bringen und gutes Geld verdienen wollen.
"Es ist so schwierig wie nie zuvor, Weihnachtsmanndarsteller zu finden", sagt Tobias Groß im Gespräch mit t-online. Er ist Gesellschafter bei der Vermittlungsplattform Weihnachtsmann2go in Berlin und Umgebung und hat zurzeit für die gesamte Hauptstadt etwa 50 aktive Weihnachtsmänner in der Kartei. "Aber in der Stadt gibt es 250.000 kleine Kinder", so Groß. Im Referenzjahr 2019 habe man auf die doppelte Anzahl Weihnachtsmänner bauen können.
Damals, also vor der Pandemie, war der Heiligabend fest in der Hand von Studenten, erzählt Groß. "Wir haben eng mit dem Studentenwerk der Technischen und Freien Universität in Berlin zusammengearbeitet und das hat super funktioniert." In diesem Jahr haben die Vermittler auch nach einer Informationsveranstaltung in den Mensen hingegen nur wenig Rücklauf.
Studenten bleiben aus
Liegt es am Job oder an der Bezahlung? Woher die Zurückhaltung kommt, weiß Groß nicht genau. Seine Aufgabe ist es, die Darsteller zu vermitteln. Den Preis für ihren "Auftritt" handeln die Weihnachtsmänner dann mit den Auftraggebern direkt aus. Wenn gut geplant wird, kann ein Weihnachtsmann in einem Stadtteil mehrere Bescherungen ausrichten und ein gutes Geschäft machen. Zwar gibt es auch in der Vorweihnachtszeit schon Weihnachtsmannjobs, aber das Hauptgeschäft findet am 24. Dezember statt.
Und nicht nur in Berlin ist der Bedarf hoch, sondern deutschlandweit: So hat die Online-Jobbörse Indeed ermittelt, dass der Bedarf an Weihnachtsmännern in diesem Jahr um 161,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Bereits im Hochsommer seien Anzeigen geschaltet worden (45 im Juli, 43 im August), um im Dezember nicht ohne Weihnachtsmann dazustehen. In Berlin sei der Bedarf an Weihnachtsmännern am größten, hat die Sprachlernplattform Preply analysiert, aber auch in Wuppertal und Köln sind viele Stellen über Indeed ausgeschrieben.
"364 Tage Urlaub, einen Tag richtig ranklotzen"
Nach mindestens 20 Weihnachtsmännern sucht die Agentur für Arbeit in Bremen. In der Jobbeschreibung heißt es: "364 Tage Urlaub, einen Tag richtig ranklotzen und mehr als 'Gotteslohn' gibt es auch. Die Arbeitsbedingungen scheinen ideal und doch ist 'Weihnachtsmann sein' alles andere als ein leichter Job."
Die Bremer informieren darüber, dass ein Einsatz "so lange dauert, wie die Kinder durchhalten", jedoch maximal 20 Minuten. Die Familien kostet die professionelle Bescherung 45 Euro.
Viele Familien sowie Betriebe und Vereine suchen in der Weihnachtszeit nach dem klassischen, männlichen Weihnachtsmann. Ob der Mann hinter dem weißen Bart und der roten Mütze ein etwas orientalisches, afrikanisches oder asiatisches Aussehen hat, ist dabei egal. "Die Leute sind ganz offen, was das betrifft", erzählt Groß von seinen Erfahrungen. Beim Geschlecht sind sie es aber nicht.
Und dennoch hoffen Jobbörsen, Arbeitsagenturen und Weihnachtsmann2go auch auf Bewerbungen von Frauen. Denn obwohl sich die meisten Familien einen Weihnachtsmann wünschen, bringt in vielen Gegenden Deutschlands jemand anders die Geschenke: das Christkind – und das kommt in unseren Breiten in weiblicher und engelsgleicher Gestalt in die Stuben.
- Telefonisches Interview mit Tobias Groß von Weihnachtsmann2go
- Pressemitteilungen von Indeed und Preply
- arbeitsagentur.de: "Weihnachtsmann gesucht!"
- Material der Nachrichtenagentur dpa