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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Ex-Bundestrainer Vogts besorgt Wo sind die großen deutschen Abwehrspieler hin?
Der Höhenflug der Borussia könnte auch gegen den deutschen Rekordmeister weitergehen – denn viele Faktoren machen die "Fohlen" so stark. Dafür hat die deutsche Nationalmannschaft ein großes Problem.
Meine Borussia aus Mönchengladbach hat mir am vergangenen Wochenende eine besondere Freude gemacht. Denn das 4:2 am 1. Advent gegen den SC Freiburg war vielleicht das beste Spiel, das ich diese Saison in Gladbach sehen durfte. Das Tempo, die Technik, die Taktik – da gerate ich richtig ins Schwärmen. Denn Freiburg ist als Gegner nicht zu unterschätzen. Ich habe in der Vorwoche das Spiel des SC bei Bayer Leverkusen gesehen – die Werkself konnte glücklich sein, dass sie da noch ein Unentschieden erreicht haben.
Wie jetzt Gladbach also den damaligen Tabellenvierten teilweise dahergespielt hat – das war wirklich eines Meisters würdig. Mit dem 4:2 war Freiburg noch gut bedient, auch ein 5:2 oder 6:2 wäre möglich gewesen. Großes Lob gebührt aber auch den Fans im Borussia-Park: Was dort veranstaltet wird während der Spiele, das habe ich so noch nie erlebt.
Zakaria hat das Potenzial zum Weltklassespieler
Das alles ist klar auch ein großer Verdienst von Trainer Marco Rose. Was er aus dieser Mannschaft gemacht hat, ist bemerkenswert. Denn der Kader ist im Vergleich zur letzten Saison weitgehend unverändert geblieben – aber taktisch hat sich so viel getan. Jeder zweite, dritte Pass wird sofort nach vorne gespielt, deshalb hat es beispielsweise auch ein sehr defensiv orientierter Mittelfeldspieler wie Christoph Kramer schwer, sich einen Stammplatz zu erkämpfen.
Andererseits zeigt ein Denis Zakaria dadurch, dass er das Potenzial zum Weltklassespieler hat. Was er für diese Mannschaft leistet, ist unglaublich. Mit seiner Dynamik verleiht er dem Spiel der Gladbacher richtige Power. Zakaria ist aktuell unersetzlich, ein außergewöhnlicher Spieler. Ihm wünsche ich, dass er gesund bleibt, und dem Klub, dass man ihn lange behalten kann.
Was mich außerdem beeindruckt: Es ist eine wirklich ausgeglichen besetzte Mannschaft. Hier und da bieten sie dem Gegner zwar zu viele Chancen an, vor allem über die Außenpositionen. Das ist aber natürlich auch der offensiven Ausrichtung geschuldet, in der Rückwärtsbewegung passieren dann eben mal Fehler. Aber auch hier hat Marco Rose Großes geleistet: Die Borussia will nicht nur gewinnen oder sich sogar nur mit einem Unentschieden zufriedengeben – nein, sie will gewinnen und dabei auch noch schönen, guten Fußball spielen. Wenn ich da an den Querpass-Fußball der vergangenen Jahre denke, da liegen Welten dazwischen.
Der Druck liegt ganz klar bei den Bayern
Und: Die Mannschaft macht sichtbare Fortschritte. Ich erinnere mich an den Saisonbeginn: Das Spiel gegen Schalke 04 war furchtbar – aber ich sagte damals: Die Spieler wissen ja noch gar nicht genau, was sie machen sollen. Sie waren zum damaligen Zeitpunkt nur darauf bedacht, keine Fehler zu machen und ihren neuen Trainer nicht zu enttäuschen – und darunter litt das gesamte Spiel. Aber Rose hat ihnen klargemacht: Ihr dürft auch Fehler machen. Die Mannschaft spielt aktuell mit einem großen Selbstbewusstsein und steckt dadurch auch Rückschläge wie das 0:2 bei Union Berlin gut weg. Man schaut nur nach vorne.
Und jetzt kommt das Spiel gegen den FC Bayern. Wenn Gladbach das gewinnt, dann müssen sie endgültig als Topfavorit auf die Meisterschaft gelten. Die Ausgangssituation für die Borussia ist glänzend – denn die Bayern wissen genau, worum es auch für sie geht. Ein Unentschieden ist für die Münchner fast schon zu wenig. Der Druck liegt ganz klar bei den Bayern. Das Stadion wird am Samstag beben, und das werden auch die Spieler merken. Ich erwarte eine hochklassige Partie.
Neben meiner Borussia hat mich unter der Woche aber auch noch ein anderes Thema beschäftigt: Die EM-Auslosung und die Gruppengegner der deutschen Nationalmannschaft. Ich verstehe gar nicht, warum die Aufregung so groß ist und ständig von "Hammergruppe" gesprochen wird. Ich muss nämlich sagen: Ich bin mit diesem Ergebnis – Frankreich, Portugal und eine Mannschaft aus den Play-offs – nicht unzufrieden. Es wäre viel schlimmer gewesen, wenn wir eine leichte Gruppe bekommen hätten und dann erst im Achtelfinale der erste stärkere Gegner gewartet hätte.
Wo sind die großen deutschen Abwehrspieler hin?
Die deutsche Nationalmannschaft ist doch in einer wunderbaren Situation: Drei Heimspiele in der Allianz Arena, da könnte man es sich sogar erlauben, ein Spiel gegen Frankreich oder Portugal zu verlieren – denn da kann man diese Niederlage wieder wettmachen. Ab der K.o.-Runde ist das aber nicht mehr möglich. Ich sehe die Franzosen als Favoriten, sie sind abgezockt, haben absolute Topspieler. Bei den Portugiesen ist es etwas anders: Ohne den von mir geschätzten Cristiano Ronaldo ist das eine Durchschnittsmannschaft. Zwar sind sie 2016 Europameister geworden, aber da ist Deutschland aktuell doch deutlich besser besetzt.
Trotzdem gilt Deutschland für viele nicht mehr als Mitfavorit auf den EM-Titel. Ich glaube sogar, dass das der deutschen Mannschaft auch mal ganz gut tut. Wir sind auf dem Weg, wieder eine richtig vernünftige Mannschaft zu bekommen. In der Abwehr besteht noch Nachholbedarf, aber Joachim Löw hat dort aktuell keine besseren Spieler zur Verfügung.
Das ist aktuell auch unser Problem: Wo sind die großen deutschen Abwehrspieler hin? Joshua Kimmich ist auf der rechten Seite absolute Weltklasse, aber daneben spielt im Moment nur guter Durchschnitt. Wir haben keinen Guido Buchwald oder Jürgen Kohler mehr. Niklas Süle war vor seiner schweren Verletzung auf dem Weg, ein Topspieler zu werden. Ob er es noch bis zur EM schafft – das wird schwierig. Er braucht noch mindestens drei Bundesligaspiele und die Partien in der Vorbereitung mit der Nationalmannschaft, da muss er dabei sein. Ein Abwehrspieler braucht die Wettkampfpraxis, die man im Training so nicht simulieren kann.
Das letzte EM-Qualispiel gegen Nordirland war zwar überragend, aber: Die deutschen Spieler haben nur bei eigenem Ballbesitz geglänzt. Wir brauchen aber auch solche Spieler, die bei Ballbesitz des Gegners glänzen, und da sehe ich außer Kimmich aktuell keinen weiteren, der von zehn Zweikämpfen acht oder neun gewinnen kann. Wir müssen im Mittelfeld so agieren können, dass wir es unserer Abwehr ermöglichen, permanent in Überzahlsituationen zu kommen. Aber dazu braucht es viel Zeit, die Laufwege und Zweikämpfe abzustimmen.
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Das sind Automatismen, die greifen müssen, und ich hoffe, dass Joachim Löw die Zeit hat, seine Mannschaft darauf einzustellen.